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Eine Frau vertraut ihrer eigenen Kraft

Mal- und Kunsttherapeutin Ruth-Nunzia Preisig hat vor 25 Jahren ihr Malatelier in Chur eröffnet. Ende der 1980er-Jahre setzt sie sich für eine bewusste, selbstbestimmte Geburt ein und gibt als Präsidentin des Dachverbandes Forum Geburt Schweiz den Frauen eine Stimme.

Südostschweiz
18.10.11 - 02:00 Uhr

Von Verena Zimmermann

Ruth-Nunzia Preisig ist Mal- und Kunsttherapeutin, Erwachsenenbildnerin, war sieben Jahre Kindergärtnerin in Schiers und Haldenstein und hat eine Ausbildung in klassischer Massage absolviert. Seit 25 Jahren arbeitet sie in ihrem eigenen Malatelier in Chur mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Unter anderem begleitet sie in ihrem Malatelier seit 1988 in Zusammenarbeit mit der Krebsliga Menschen mit Krebs und leitet für den Bildungsclub der Pro Infirmis Graubünden und Procap Grischun Kurse für Menschen mit Behinderung. Mit dem Kursangebot «Malen rund um die Geburt für Frauen, Paare und Familien» schafft sie den Brückenschlag vom Malen zu ihrem zweiten grossen Anliegen, der aktiven gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Gebären und Geburt.

Bilder als Impuls

Im Malatelier von Ruth-Nunzia Preisig wird mit Farben und Tonerde experimentiert, um die kreativen Fähigkeiten, die in jedem Menschen angelegt sind, weiterzuentwickeln und daraus Kraft für den Alltag zu schöpfen. Beim Ausdrucksmalen würden die Malenden ihren spontanen Eingebungen und Fantasien freien Lauf lassen, innere oder äussere Bilder als Impuls zum Malen nehmen, sagt die 59-Jährige. So werde der Akt des Malens zu einem eigenständigen Prozess, ja zu einem schöpferischen Tun des Unbewussten. In der Mal- und Kunsttherapie kommt das vertiefende Gespräch, die Auseinandersetzung mit dem Bild und der Lebenssituation dazu.

Geburt und Kreativität

Dank der partnerschaftlichen Aufteilung der Haus- und Familienarbeit mit ihrem Lebensgefährten ist es Ruth-Nunzia Preisig möglich, Beruf und Familie zu vereinbaren. Die Geburt ist für sie der Inbegriff eines schöpferischen Aktes, weshalb Geburt und Kreativität für die zweifache Mutter eng zusammengehören. Die Erlebnisse, die sie als Spätgebärende bei einer Spitalgeburt mit ambulantem Wochenbett und einer Hausgeburt sowie den drei vorangegangenen Fehlgeburten gemacht hat, haben Ruth-Nunzia Preisig 1990 veranlasst, sich sowohl beruflich als auch ehrenamtlich für das Thema Geburt zu engagieren und auf ihre eigene Kraft zu vertrauen. So gehörte die Mutter einer Tochter und eines Sohnes zu den Mitbegründerinnen des Forums Geburt Graubünden, einer Interessengemeinschaft zur Förderung vielfältiger Gebärmöglichkeiten.

Als Präsidentin des Forums Geburt Schweiz setzt sie sich seit 2003 für eine bewusste, selbstbestimmte, in den Lebensprozess integrierte und somit natürliche Geburt ein. Und als Initiantin und Mitherausgeberin des Buches «Geburtszeiten – Geschichten vom Kinderkriegen in Graubünden von 1950 bis 2000» hat sich Ruth-Nunzia Preisig aktiv dafür engagiert, dass die Geburt und das Gebären in der Gesellschaft ein Thema bleiben. Durch längere Auslandaufenthalte in England (1975), Sizilien (1981/1982), Deutschland (1985) sowie in der Karibik (1995 und 1999/2000) hat Ruth-Nunzia Preisig die Begegnungen mit anderen Menschen und Kulturen sowie die Frage nach dem eigenen Standort und der eigenen Lebensausrichtung immer wieder bewusst ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit gestellt. Weil das eigene kreative Gestalten im Alltag aber oft zu kurz kommt, benützt sie bis heute jeden kürzeren oder längeren Ortswechsel im In- und Ausland zum Malen.

Daraus schöpft sie Kraft für ihre vielfältigen Tätigkeiten. Dass der Aufbau ihres Malateliers in Chur eine schwierige Pionierarbeit war, ändert nichts daran, dass Ruth-Nunzia Preisig sich «mit Leib und Seele am richtigen Ort» fühlt. Umso mehr freut sie sich über das 25-Jahr-Jubiläum.

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