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Ein Glarner Figaro mit Leidenschaft für die Oper

Den Coiffeurberuf haben ihm die Eltern in die Wiege gelegt. Willi Hefti aus Luchsingen hat ihn «perfekt» mit seinem Hobby ergänzt. Und tritt auf die Opernbühne von Giuseppe Verdis «Aida».

Südostschweiz
27.05.13 - 02:00 Uhr

Von Jehona Abrashi

Luchsingen. – Der Empfang beeindruckt: Laut und kraftvoll singt der Figaro zum Gruss – allerdings nicht aus der Hochzeit desselben, sondern aus Giuseppe Verdis «Aida». Für diese Oper wird Willi Hefti im Sommer am Festival la Perla in Pfäffikon singen. Er führt trotz Pensionsalter noch immer sein Coiffeurgeschäft im eigenen Haus in Luchsingen – und singt.

Im Musikzimmer tönt leise Opernmusik aus den Lautsprechern. Die Sonne strahlt durch grosse Fenster und lässt die warmen Farben und die orientalischen Möbel leuchten. Vor den Fenstern ein gepflegter Garten, auch er ein Werk des Glarners. Die Kunst in verschiedenen Bereichen auszuleben, ist Hefti wichtig.

Zurzeit gilt seine Hingabe aber vor allem dem Gesang. Denn bald gilt es für ihn ernst: Vom 9. bis 18. August nämlich steht Willi Hefti am Seequai im zürcherischen Pfäffikon auf der Bühne. Als einziger Glarner im 75-köpfigen Opernchor von «Aida». «Eine Ehre», sagt er. Ein wunderschöner Lohn für harte Arbeit, die ihn nun zu Verdi geführt hat.

Coiffeur in der weiten Welt

Coiffeur Willi. Die Lehre als Friseur hat er «vor langer Zeit» in Glarus absolviert und sich damals gleich einen Job in Zürich gesucht. «Ich bin hundertprozentig Glarner, aber ich brauche auch die grosse Stadt.» Wohl deshalb passte ihm die Arbeit als Coiffeur in verschiedenen Schweizer Städten und dann in London: «Meinen Beruf wollte ich nie wechseln.» Auch auf dem britischen Linienschiff «Queen Mary» war er als Figaro unterwegs. Dank einem Kosmetikkonzern schaffte er es als Coiffeur auf die Bühnen der High Society.

Coiffeur blieb er auch im englischen Leeds, wo er eine eigene kleine Radiosendung führte und vom Fernsehen bei der Arbeit gefilmt wurde. Immer wieder öffnete sich der Glarner Türen zur weiten Welt. «Gelebt, das habe ich», blickt Hefti zurück.

«Trotz Angst kam mein Gesang an»

Und das Leben öffnet ihm laufend neue Türen. Wie in den vergangenen 20 Jahren, seit er mit seiner Frau wieder in Luchsingen wohnt: Da brachte ihn sein ehemaliger Hausarzt, Mirko Mihajlovic, zur Oper.

«Singen war schon immer meine grosse Leidenschaft», sagt Hefti. Mihajlovic hörte ihn im Männerchor singen und stellte das Talent dem Opernclub Zürich vor. Hier lernte der Coiffeur seinen Gesangslehrer Claudio Danuser kennen – und nimmt nun seit 15 Jahren Gesangsstunden.

Im Januar riet ihm Danuser, sich für «Aida» zu bewerben. «Ich hatte enorme Angst vor dem Vorsingen», sagt Hefti und singt gleich laut und selbstbewusst ein kurzes italienisches Stück. Genauso, wie er es beim Vorsingen tat. Und damit beeindruckte, den Job bei «Aida» hat er bekommen.

Zwar hat Hefti schon viele eigene Konzerte gegeben. Die Rolle im Chor von «Aida» ist aber sein bisher grösstes Projekt. Für Hefti ein Traum, aber auch eine Herausforderung: «Bühnenerfahrung hatte ich durch meine speziellen Aufträge als Coiffeur. Am Gesang aber muss ich hart arbeiten.»

«Beim Singen sind wir eine Familie»

So muss er allein für den zweiten von vier Akten 72 Seiten italienischen Text auswendig lernen und seufzt: «Das macht mir schon etwas zu schaffen.» Ein Kraftakt. Man müsse körperlich fit und sehr diszipliniert sein, um bei jeder Temperatur Vollgas zu geben. Zweimal pro Woche geht Hefti deshalb ins Fitnesstraining.

«Ich bin mit Leib und Seele Coiffeur. Aber das Singen kann ich einfach nicht lassen. Beides zusammen ist die perfekte Kombination», so sein Fazit heute. Hätte er früher angefangen zu singen, so wäre es vielleicht anders gekommen, sinniert er: «Die Proben, der Chor, die Atmosphäre – es ist nicht bloss das Singen, wir sind eine Familie.»

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