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Ein bekannter «Hasen»-Jäger und zwei ungewohnte Namen

Zwei Architektur-«Hasen» gehen heuer nach Graubünden. Während Valerio Olgiati bereits zum fünften Mal ausgezeichnet wird, ist es für das junge Büro Capaul & Blumenthal die erste Ehrung – dafür gibt es gleich auf Anhieb Gold.

Südostschweiz
07.12.10 - 01:00 Uhr

Von Olivier Berger

Zürich/Ilanz/Flims. – Vielleicht sollte er langsam ein Regal für seine Trophäen entwerfen: Valerio Olgiati ist der «Hasen»-Sammler schlechthin. Zum fünften Mal wird der Flimser Architekt von internationalem Rang von der Fachzeitschrift «Hochparterre» mit dem renommierten Preis geehrt: Gold gab es für das Gelbe Haus in Flims (1999) und das Nationalparkzentrum in Zernez (2008); für seinen Zugang zum Grossratsgebäude erhält Olgiati heuer die bronzene Auszeichnung. Diese hatte er schon in den Jahren 1998 für das Schulhaus in Paspels und 2007 für das Atelierhaus von Linard Bardill in Scharans erhalten.Der viel diskutierte Grossratseingang – auch schon einmal als überdimensionierte Cremeschnitte verballhornt – ist für die Jury «eine hervorragende Einzelleistung». «Mehr Installation als Vordach, mehr Kunst als Architektur», beeindrucke der Bau durch «präzis-monumentale Geste» und irritiere mit «scheinbarer Instabilität», schreibt die Jury. Für Schlagzeilen gesorgt hatte der Zugang in der Vergangenheit nicht nur aus forma- len Gründen, sondern wegen eines Rechtsstreit um die Betonqualität.

Überraschung in Ilanz

Vor der Sonne standen dem «Hasen»- Jäger Olgiati in diesem Jahr nicht nur Paola Maranta und Quintus Miller aus Basel – Gold-Preisträger 2004 für die Erweiterung der Villa Garbald in Castasegna -, sondern auch ein Büro aus der direkten Nachbarschaft. Mit ihrem Cinema Sil Plaz in Ilanz haben Ramun Capaul und Gordian Blumenthal auf Anhieb den goldenen «Hasen» gewonnen. Sogar die Jury selber spricht in ihrer Begründung von einer «überraschenden Wahl».Überraschend kommt die Auszeichnung besonders für deren Gewinner, wie Ramun Capaul betont. «Das hätten wir nicht erwartet.» Er und Blumenthal hätten zwar gewusst, dass sie nominiert worden seien. «Wir dachten aber eigentlich, dass das Tokioter Büro Sanaa mit dem Rolex Learning Center in Lausanne das Rennen machen würde.» Als er dann erfahren habe, dass er und Blumenthal gar einen Preis gewonnen hätten, habe er deshalb zunächst auch auf Bronze getippt. Dass es nun die goldene Auszeichnung geworden sei, sei «eine schöne Anerkennung für das Cinema Sil Plaz und alle Beteiligten», so Capaul. «Der Ort gewinnt dadurch eine erhöhte Aufmerksamkeit, was für den laufenden Kinobetrieb sehr erfreulich ist.»

Vertreter einer neuen Generation

Mit dem 41-jährigen Capaul und dem zwei Jahre älteren Blumenthal kommen Vertreter einer neuen Schweizer Architektengeneration zu goldenen «Hasen»-Ehren. Sieht man von den Baslern Emanuel Christ und Christoph Gantenbein ab, ist in der Schweizer Architektur nach wie vor die Generation der heute über 50-Jährigen tonangebend. Auch Capaul findet es erstaunlich, «dass heute von den gleichen Namen die Rede ist wie während meines Studiums».Nicht nur die Jugend der Preisträger erstaunt bei der Wahl der «Hasen»-Jury: Mit dem Cinema Sil Plaz ist ein Projekt ausgezeichnet worden, das mit rund 830 000 Franken vergleichsweise günstig war. Zum Vergleich: Das Rolex Learning Center kostete satte 110 Millionen Franken. Am Cinema Sil Plaz lobt die Jury unter anderem die «Intensität des Projekts». Capaul und Blumenthal hätten «feinsinnig auf das Vorhandene» reagiert und «etwas Reiches und gänzlich Neues» geschaffen, heisst es im Jurybericht. Lobend erwähnt werden etwa Wände, Decke und Boden aus einheimischem Lehm – ausgeführt unter Anleitung des Lehmbauspezialisten Martin Rauch und mit grossem Engagement des Filmclubpräsidenten Christian Aubry und der Vereinsmitglieder. «Vielleicht», sagt Capaul, «hat man auch die soziale Komponente des Cinema Sil Plaz mit ausgezeichnet.»

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