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Die Angst vor der Liebe

Das Theater Kanton Zürich war am Mittwoch mit dem berühmten Sturm-und-Drang-Klassiker «Kabale und Liebe» von Friedrich Schiller zu Gast im vollbesetzten Theater Chur – und erntete langen Applaus.

Südostschweiz
23.12.11 - 01:00 Uhr

Von Cornelius Raeber

«Dass es so weit kommen musste», stellt Luise im Angesicht ihres Todes ernüchtert fest – aber nicht nur sie ist eine Verliererin in Friedrich Schillers Liebesdrama, alle Beteiligten in diesem bürgerlichen Trauerspiel, so der Untertitel des Theaterstücks, sind Verlierer im Kampf um Macht, Einfluss und Liebe.

Dabei hat alles so schön angefangen. Der adlige Ferdinand (Brencis Udris), Major und Sohn des Präsidenten am Fürstenhof, liebt die bürgerliche Luise (Vera Bommer), die einzige Tochter des Stadtmusikanten Miller (André Frei), und umgekehrt. Zu ihren Liebesschwüren klingt lieblich Bachs Cellosuite «Prélude» aus den Boxen, aber nicht alle sind mit dieser unstandesgemässen Liebe einverstanden. Ferdinands Vater (Stefan Lahr) hegt bestimmend und wenig selbstlos ganz andere Pläne mit seinem Sohn. Um die eigene Macht am Hofe zu festigen ist ihm jedes Mittel recht, Ferdinands Liebe zu Luise zu hintertreiben.

Die Liebe im Zentrum

Bei dieser eigenwilligen Inszenierung der Churerin Barbara David Brüesch geht es jedoch nicht nur um die Liebe zwischen zwei jungen Menschen, sondern ebenso um die Eltern-Kind-Liebe mit all ihren projizierten Hoffnungen und Erwartungen und um die Liebe und Hingabe zwischen Untergebenen und Vorgesetzten – verbotene Liebe, unerfüllte Liebe, berechnende Liebe, körperliche Liebe. Vor dem Hintergrund der gegenseitigen Abhängigkeiten und der verfilzten höfischen Strukturen rücken sich die verschiedenen Figuren denn auch ganz gehörig und unverschämt auf die Pelle, um ihre (Liebes-)Ziele durchzusetzen, oder sich aus dem einengenden, gesellschaftlichen Netz zu lösen. So nimmt denn die Geschichte im Kampf gegen Autoritäten und verkrustete Traditionen ihren tragischen Lauf, die sanften Celloklänge werden, je länger das Stück dauert, von harten Beats und metallischen Klängen zugedeckt – bis zum bitteren Ende und mit den in solchen Fällen üblichen Schuldzuweisungen.

Indem sie die verschiedenen Figuren in Kostüme aus verschiedenen Zeitepochen steckte, legt Corinne Rusch eine (Mode-)Fährte bis in die Gegenwart und unterstrich damit die dauerhafte Aktualität des Stoffs.

Optimale Rollenbesetzungen

Schon 2006 war das Theater Kanton Zürich mit «Der Besuch der alten Dame» von Friedrich Dürrenmatt zu Gast in Chur, wie der Dramaturg des Ensembles, Uwe Heinrichs, in seiner Einführung zum Stück erwähnte. Erstmals habe sich nun eine Zusammenarbeit mit Barbara David Brüesch ergeben. «Zuerst wollten wir ja ein anderes Stück erarbeiten», so Heinrichs. Brüesch habe jedoch erkannt, dass das Spielalter des Ensembles sehr gut zu den Figuren aus «Kabale und Liebe» passe. Für die Inszenierung dieses Klassikers, welcher am 1. Dezember in Winterthur Premiere feierte, wurde gemäss Heinrichs rund ein Drittel des Originaltextes weggekürzt und Textpassagen leicht angepasst. Zudem wurden mehrere Figuren nicht besetzt. Die weiteren Rollen wurden von Andreas Storm (Hofmarschall von Kalb), Katharina von Bock (Lady Milford) und Axel Röhrle (Haussekretär Wurm) besetzt.

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