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Diakone waren die Sozialarbeiter der Frühkirche

In der Pfarrkirche St. Martin in Schwyz stehen an prominentester Stelle beim Tabernakel die Statuen der Heiligen Laurentius und Stephan. Nein, zu den vergessenen Heiligen zählen diese beiden Märtyrer nicht.

Südostschweiz
02.05.14 - 02:00 Uhr

Und trotzdem wissen die Leute über diese beiden Diakone und Blutzeugen oft nicht mehr als deren Namen. Und wenn es hochkommt, kennt man auch noch den Stephanstag (26. Dezember). Über Diakone und Diakonie weiss man sowieso nur wenig bis gar nichts. Vor allem auch nicht, warum zwei Statuen von Diakonen an derart prominenter Stelle in der Pfarrkirche in Schwyz stehen.

Was ist Diakonie? Die katholische Kirche kennt vier Grundfunktionen: Liturgie, Verkündigung, Gemeinschaftsbildung und Diakonie, das heisst den Dienst für die Armen. Viele meinen zwar, der Dienst an Bedürftigen sei Sache des Staates und gemeinnütziger Organisationen. Darum fristete die Diakonie schon immer ein Randdasein, nicht nur in der Kirche. Nur schon die Fragen «Wer sind denn die Armen in einer Pfarrei, und wo begegnet man ihnen» bringen uns in Verlegenheit. Seit dem Mittelalter verkümmerten nämlich die Aufgaben der Diakone in der katholischen Kirche oft nur noch zu einem blossen Durchgangsstadium zum Priestertum. Einen spezifisch diakonischen Bereich des Dienstes an den Armen gibt es eigentlich nicht mehr. Diakon Matthias Rupper, Schwyz, hat in einem Pfarrblatt von Schwyz geschrieben: Bischof Gaillot habe einmal gesagt: «Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts.»

Das Amt des Diakons hat es schon in der ganz frühen Kirche gegeben. Die Apostel hatten neben der Verkündigung einfach nicht genügend Zeit, sich um die Armen zu kümmern. Deshalb haben sie diese Aufgabe an Diakone wie Stephanus und Laurentius übertragen. Schon in der Kirchenordnung aus dem 5. Jahrhundert heisst es unter anderem: «Der Diakon pflegt die Kranken, kümmert sich um die Fremden, ist Helfer der Waisen und Witwen. Er geht in die Häuser der Armen ein und aus, um nachzusehen, ob jemand in Not ist. Er macht in der Gemeinde die Namen derer bekannt, die Hilfe brauchen. Der Diakon wird wie das Auge der Kirche sein.» Auch die Verwaltung des Kirchenvermögens gehörte damals zu den Aufgaben und Pflichten eines Diakons. Und damit wären wir wieder bei Laurentius und Stephan. Nach der Überlieferung gehörte Stephanus ja zu den sieben Diakonen, die noch von den Aposteln selber durch Handauflegen geweiht worden sind. Und auch Laurentius war einer von sieben Diakonen in der damaligen Zeit in Rom, die für die Finanzen und die Sozialarbeit der Kirche in der Stadt zuständig waren.

Über den heiligen Laurentius (Gedenktag 10. August) habe ich an dieser Stelle schon 2012 ausführlich geschrieben. Man kann das auch im darauf veröffentlichten Buch über «Heilige und Bauernregeln» (erschienen im Verlag Triner AG) nachlesen. Ich werde mich darum hier kurz halten. Laurentius ist schon sehr früh durch das volkstümliche «Lorenz», in Anlehnung an das lateinische «laurum», das heisst Lorbeer oder Lorbeerkranz, in «der Lorbeerbekränzte» umgedeutet worden. In unserer Gegend ist die Kapelle in Wylen bei Brunnen dem heiligen Laurentius geweiht. Die Kapelle wurde 1595 gebaut und geweiht und später mehrmals renoviert.

Legendäres rankt sich um San Lorenzo. Die Legende erzählt: Der damalige römische Bischof – also der Papst – Sixtus II. sei in einer Christenverfolgung festgenommen und enthauptet worden. Zuvor habe er Laurentius den Auftrag erteilt, den Kirchenschatz den Leidenden und Armen in Rom auszuteilen. Laurentius habe darum alle Güter an die Armen der Stadt verteilt und dann die beschenkten Armen dem Kaiser als die «waren Schätze der Kirche» präsentiert. Daraufhin habe der erboste Kaiser Laurentius martern und unter anderem auf einem Eisenrost bei lebendigem Leib rösten und verbrennen lassen.

Kommen wir zum heiligen Stephan (Gedenktag 26. Dezember). Stephan starb als erster Märtyrer der Christenheit und wird deshalb Erzmärtyrer genannt. Sein Fest ist so alt wie das Weihnachtsfest. Stephan erwies sich von Anfang an als hervorragender Prediger. Während einer solchen flammenden Predigt wurde er der Gotteslästerung angeklagt und in der Nähe des Damaskus-Tores gesteinigt. Das Todesjahr von Stephanus war wahrscheinlich das Jahr 40. An der Steinigung nahm auch Saulus, der spätere Apostel Paulus, teil. Um das Jahr 560 herum gelangten Reliquienteile nach Rom und wurden in der Basilika S. Lorenzo fuori le mura, der Grabeskirche des heiligen Laurentius, beigesetzt. Die Legende erzählt, Laurentius habe sich zur Seite bewegt, als man den Sarg öffnete, um die Stephan-Gebeine hineinlegen zu können.

Um den Stephanstag herum entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte ein farbiges Brauchtum, das sich allerdings auch auf Weihnachten bezieht. Grosse Bedeutung hatte Stephan immer auch als Pferdepatron. Wie am Leonarditag finden mancherorts Umritte und Pferdesegnungen statt. Aber auch um die Menschen gab es früher einiges an Stephansbrauchtum. So wurde Wein in einem Kelch gesegnet, in den man in Anlehnung an die Steinigung einen Stein legt. Der Wein wurde dann zu Hause als sogenannte «Stephans-Minne» getrunken. Aber auch Salz und Wasser, am Stephanstag gesegnet, wurde von den Menschen als Heilmittel eingenommen. Und ähnlich wie beim heutigen Dreikönigssingen zogen die Leute singend von Haus zu Haus und erbaten sich kleine Geschenke und Gaben.

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