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Der Designpreis-Träger baut Möbel zum Discounter-Preis

Der Churer Designer Colin Schaelli lanciert eine eigene Möbelreihe. Gemeinsam mit der einheimischen Schreinerei Caviezel AG produziert er Regale und einen Tisch zu günstigen Preisen – als Teil einer Art Grundkollektion.

Südostschweiz
28.11.10 - 01:00 Uhr

Von Olivier Berger

Zürich/Tokio/Chur. – Ziemlich genau vor einem Jahr hat der Churer Colin Schaelli den Schweizer Designpreis gewonnen: mit einem Regalsystem für den Schweizer Taschenhersteller Freitag. Ein von Schaelli entworfenes Möbelstück, so dürfte man meinen, gibts also nicht unter einigen tausend Franken. «600 Franken», sagt Schaelli. Ab diesem Preis sind die Regale seiner gestern in Chur lancierten Möbelreihe con.temporary furniture erhältlich. Je nach Ausführung können die Regale und der Tisch zwar auch teurer werden; bezahlbar und einfach zu handhaben sollten die Stücke für den Gestalter aber von Anfang an sein.

Zusammenarbeit mit der Heimat

Schaelli hat con.temporary furniture entworfen; gefertigt werden die Möbelstücke in der Churer Schreinerei Caviezel AG. Das erkläre auch, wieso der Preis höher sei als bei Massenware vom Einrichtungsdiscounter, so Schaelli. «Bei unseren Möbeln ist viel Handarbeit dabei.» Trotzdem liege der Preis immer noch deutlich unter dem, was man für ein Stück eines bekannten Designers oder eine Massarbeit beim Schreiner bezahle.Zudem haben Schaellis Möbel gegenüber der Konkurrenz aus dem Discounter einen Vorteil: Sie müssen zwar ebenfalls selber zusammengebaut werden – dies geschieht aber ohne Schrauben, Leim und Nägel. «Alles kann zusammengesteckt werden – ganz wie bei alten Möbeln aus der Zeit meiner Grosseltern.» In Japan, wo con.temporary furniture seit einiger Zeit erhältlich ist, stösst das Programm auf ein gutes Echo. Gestern fand in Chur die offizielle Schweizer Lancierung statt.Für Stefan Caviezel, Mitinhaber der Caviezel AG, ist die Zusammenarbeit mit Schaelli «eine spannende Sache». Diese habe sich praktisch so ergeben. «Ich kenne Colin von klein auf, wir haben auch schon früher zusammengearbeitet.» So hat die Caviezel AG die Möbel für einen Friseursalon geliefert, welchen Schaelli in seiner zweiten Heimat Tokio renoviert hat. Die Zusammenarbeit bei con.temporary furniture, sagt auch der Designer, sei daher nahe liegend gewesen.

Eine «Kollektion des Alltags»

Auf die Idee für con.temporary furniture sei er gekommen, als er in Tokio eine Ausstellung seiner Bücher «Urban Reader» durchgeführt habe, erzählt Schaelli. «Ich suchte nach einem Regal, um die Bücher zu präsentieren – und habe dann die erste Skizze auf eine Papierserviette gezeichnet.» Dinge zu entwerfen, die seiner Meinung nach im Alltag fehlen, ist typisch für die Arbeitsweise des 30-Jährigen. So liess er für seine erste Kleiderkollektion das Publikum wünschen, was es gerne entworfen hätte.Hinter den Kleidern – einem Shirt und einem Cardigan – sowie den Möbeln steht die Grundidee einer Art «Kollektion des Alltags», wie Schaelli verrät. «Ich will Dinge gestalten, die uns die Mode und der Markt vorenthalten, die es aber unbedingt geben sollte.» Was als Nächstes fol-gen wird, weiss er allerdings noch nicht. Eine Schuhkollektion etwa sei schwierig zu realisieren. «Ich habe wenig finanzielle Ressourcen und muss mit den Menschen arbeiten, die ich kenne.» Immerhin verrät er, dass ein Velo ein möglicher nächster Teil der «Kollektion des Alltags» werden könnte.Daneben wird Schaelli regelmässig für Vorträge zum Design gebucht – nicht nur in der japanischen Wahlheimat, wo er inzwischen so bekannt ist, dass er Autogramme geben muss. In der Schweiz ist es noch nicht ganz so weit. Zwar entwirft er hin und wieder Dinge wie das Plattencover der Band Da Sign & The Opposite. «Eigentliche Kunden», sagt Schaelli, «habe ich in der Schweiz aber noch nicht.»

Informationen und Bestellungen im Internet unter www.colinschaelli.com.

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