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Der «Nitroboy» und seine rauchenden Cocktails

Zuerst war es eine Maturaarbeit, nun ist es ein leidenschaftliches Hobby von Nino Sargenti: Er stellt an Anlässen Cocktails und Desserts aus flüssigem Stickstoff und Trockeneis her. Wie das geht, zeigt er der «Südostschweiz»-Redaktion.

Südostschweiz
19.09.10 - 02:00 Uhr
Zeitung

Von Magdalena Petrovic

Chur. – Mit einem riesigen Militär-koffer im Schlepptau kommt Nino Sargenti in die «Südostschweiz»-Redaktion. Er brauche eine so grosse Kiste, damit er sein ganzes Arbeitsmaterial mitnehmen könne, erklärt er. Nach einigen Minuten stehen eine Packung Orangensaft, eine Flasche Likör der Marke Passoã, drei Plastikbecher und eine weisse Schachtel auf dem Tisch. Der 18-jährige Kantonsschüler schenkt in jeden Becher etwas vom Saft und Passoã ein, nimmt sogenannte Sicherheitsverschlüsse hervor, in welche er Kohlenstoffdioxid (CO2) in Trockeneisform steckt, schliesst sie und stellt sie in den Oragensaft. Binnen Sekunden beginnt der Saft zu blubbern, und nebelartiges Gas qualmt aus den Säften. «Keine Angst, das kann man trinken», sagt Sargenti spitzbübisch und erklärt den Aufbau des CO2-Trockeneis.

Kochkurs als Maturaarbeit

Trockeneis werde so hergestellt, in dem man verflüssigtes Kohlenstoffdioxid unter Druck entspanne. Ein Teil des Kohlenstoffdioxids verdampfe dabei und kühle den Rest durch Verdunstungskälte so weit ab, dass er als sogenannter Kohlensäureschnee gefriere. Dieser werde dann – je nach Anwendung – in die gewünschte Form gepresst. Die Trockeneisstücke haben eine Durchschnittstemperatur von minus 78,5 Grad Celsius und sind gefährlich, wenn man sie direkt in den Mund nimmt oder sogar verschluckt. «Deshalb auch der Sicherheitsverschluss für meine Cocktails», so Sargenti. Ansonsten sei das CO2-Trockeneis nicht gefährlich, immerhin «atmen wir Kohlenstoffdioxid täglich ein».Zu seinem leidenschaftlichen Hobby kam der 18-Jährige durch seine Maturaarbeit. «Ich habe einen molekularen Kochkurs organisiert und geleitet, welchen meine betreuende Lehrperson beurteilt hat», erklärt Sargenti. Danach musste er das Ganze nur noch schriftlich auf 35 Seiten festhalten. Seither habe er verschiedene Dessert-Zubereitungen und Cocktail-Mischungen zu Hause ausprobiert. Später sei es zur Zusammenarbeit mit der Internet-Agentur Deep gekommen, die unter anderem für die Vermarktung von Sargenti als «Nitroboy» verantwortlich ist.

Ständig neue Buchungen

Nach der Demonstration der bunten Molekular-Drinks erklärt der Kantischüler, wie er innerhalb von Minuten ein Erdbeerglacé zaubern kann. Sargenti leert Rahm und Milch in eine Schale, fügt beliebig viel Erdbeerpüree sowie Puderzucker bei und mischt das Ganze unter den flüssigen Stickstoff, das eine Temperatur von minus 196 Grad Celsius hat. Nach zwei Minuten verteilt Sargenti Erdbeercreme, und weitere drei Minuten später schöpft er eine frische Erdbeerglacé-Masse aus der Schale. Mit einem zufriedenen Grinsen hört der 18-Jährige einem langen «Mhhhhh ...» aus der Runde zu und macht sich an die nächste Zubereitung.Seit seinem Auftritt am traditionellen Apéro des Churer Open-Air-Kinos bekomme er ständig Angebote für Anlässe. So war er vor zwei Wochen am Messestand der Firma Deep an der Gehla-Eröffnung unterwegs. Zum 10-Jahr-Jubiläum der Internet-Agentur überraschte Nino Sargenti die Messebesucherinnen und -besucher mit seinen Spezialitäten und rauchenden Cocktails. Doch was macht den 18-Jährigen mit seinem Hobby so erfolgreich?«Ich punkte bei den Leuten vor allem mit meinem jungen Alter», sagt Sargenti und zwinkert mit seinen braunen Rehaugen seinem Gegenüber zu. Bei einem 30-jährigen Molekular-Koch sehe das Ganze professioneller und sauberer aus. Bei ihm sei es, «als hätte eine Bombe eingeschlagen». Deshalb auch der Name «Nitroboy»: Er wolle mit seinem Charme und seinem jungen Alter die Produkte verkaufen.

Exotische Geschmacksreise

Zurück in der «Südostschweiz»-Redaktion: Nun zeigt Sargenti, wie man sich in seiner molekularen Küche auf eine richtige Geschmacksreise begibt. Er nimmt einen Sahnespender in die Hand, füllt diesen mit Rahm, Mango-Sauce und Rum und schüttelt den Spender heftig. Danach bildet er kleine Rahmklumpen im Topf mit flüssigem Stickstoff. «Wir können das auch als 'negative Friteuse' bezeichnen», meint Sargenti. Statt 200 Grad Celsius herrschen im Topf Temperaturen von bis zu minus 200 Grad Celsius. Laut Sargenti kann man jeden Gegenstand in das flüssige CO2 legen und später in mehrere Stücke brechen. «Ich bin bekanntlich ein Spinner», sagt Nino Sargenti, nimmt eine Kelle voll mit flüssigem Kohlenstoffdioxyd und leert es über seine Finger. Passiert ist natürlich nichts – Sargenti weiss, wie er mit flüssigem Stickstoff umzugehen hat und hält sich dementsprechend an die Sicherheitsvorschriften. Nach gut 15 Sekunden nimmt er die fertigen Mango-Rum-Meringues heraus und serviert sie. «Wenn man es richtig macht, sollte die Füllung in der Mitte flüssig sein», so Sargenti und beweist sich nicht nur als «wahrer Spinner», sondern auch als wahrer Gourmet.

Nino Sargenti kann man als Nitroboy unter nitroboy@deep.ch für verschiedene Events buchen.Eigene Zubereitungsmethoden: Der 18-jährige NIno Sargenti alias «Nitroboy» zaubert mit einer «negativen Friteuse» ganz besondere Cocktails, Drinks und Eissorten auf den Tisch. Bild Olivia Item

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