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Das Martyrium beginnt mit einer abgerissenen Taxitür

Der Architekt Peter Highman ist ein sarkastischer Schnösel. Doch beim Zusammenprall mit dem arglosen Soziopathen Ethan Tremblay im Film «Due Date» löst er mehr Mitleid aus als die Folteropfer von «Saw».

Südostschweiz
03.11.10 - 01:00 Uhr

Von Birgit Roschy

Peter (Robert Downey Jr.) ist ganz kribbelig beim Gedanken an seine hochschwangere Frau, die in wenigen Tagen niederkommen wird. Deshalb widmet er seiner Umgebung wenig Aufmerksamkeit. Und gerät am Flughafen von Atlanta an die schlimmste Nervensäge, die Hollywood derzeit zu bieten hat: Ethan, ein aufdringlicher Trottel, der in L.A. eine Schauspielkarriere beginnen will und von Zach Galifianakis gespielt wird.Der kleine, runde Wusel mit dem unaussprechlichen Nachnamen war der heimliche Star in Todd Phillips' Vorgängerkomödie «Hangover». Darin verteilte sich seine zerstörerische Energie auf eine Handvoll feierwütige Junggesellen. In Phillips' neuem Roadmovie «Due Date» aber, in dem der mittlerweile berühmte Comedian ein Spatzenhirn mit ähnlich ungünstiger Sozialprognose mimt, konzentriert sich das Unheil auf ein Opfer.

Eine brachiale Gagparade

Peters Demontage beginnt mit einer abgerissenen Taxitür und setzt sich fort über vertauschte Koffer und einen Sky Marshall, der den Gestressten für einen Terroristen hält. Peter und Ethan werden auf die schwarze Liste des Flughafens gesetzt; zähneknirschend muss der Architekt mit dem Hollywood-Aspiranten deshalb ein Auto teilen.Im Schneckentempo gehts Richtung Westen. Denn Ethan, der einen kleinen Hund und die Asche seines Vaters in einer Kaffeedose mit sich trägt, will noch etwas ungeheuer Wichtiges einkaufen. Auch fährt der zugekiffte Vollidiot unterwegs statt zur Texaco-Tankstelle nach Mexiko. Und das ist noch nicht das Ende von Peters Martyrium.Die Kunst dieser brachialen Gagparade liegt wie in «Hangover» in der organischen Verkettung von Ursache und Wirkung. Der Witz ist stets aus dem Verhalten der beiden Charaktere hergeleitet und wird bis zur letzten tabulosen Konsequenz illustriert. So bekommen Onanie, Erbrechen und ähnliche aus Männerkomödien bekannte Totalausfälle des kindischen Ethan einen absurden Extradreh. Und der korrekte Peter, hinter dessen Höflichkeit ein kleiner Zornnickel lauert, wird von dem peinlichen Typen zu politisch unkorrekten Taten getrieben.

Herrlich angewiderter Downey

Doch Robert Downey Jr. («Iron Man»), der sonst selber so oft als Chaot auftritt und andere zum Rasen bringt, lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen. Er gibt einen kongenialen Widerpart mit herrlich angewiderter Igitt-Miene, der sich schliesslich in einen Zen-artigen Bewusstseinszustand flüchtet.Auch bringen Ethans arglos blaue Kulleraugen, die im Gedenken an den toten Vater in Tränen ausbrechen, Peter dazu, ihm tröstend auf den dauergewellten Kopf zu patschen. Nicht nur tröstend indes: Es fliegen auch die Fetzen, und beim Einbiegen zum vorhersehbaren Happy End fliessen neben Tränen auch Blut und Schweiss.Für Jamie Foxx, Juliette Lewis und Michelle Monaghan gibt es in «Due Date» nur kleine Nebenrollen. Folglich können sich die beiden Sparringpartner so furios austoben wie vor ihnen andere klassische Männerpaare wie Steve Martin und John Candy in «Planes, Trains & Automobiles». Die ganz lauten Lacher erntet das Roadmovie zwar nicht, aber Dauerkichern ist garantiert.

Ab morgen in den Deutschschweizer Kinos.

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