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«Das hätte ich mir nie träumen lassen»

Mit Platz 14 war Urs Imboden, der für Moldawien startet, bester Schweizer Slalom- fahrer an der WM im deutschen Garmisch-Partenkirchen. Gestern wurde ihm zu Ehren eine Piste im Skigebiet Minschuns auf seinen Namen getauft.

Südostschweiz
13.03.11 - 01:00 Uhr

Von Jürgen Pfister

Tschierv.– Stolz und Freude stehen Urs Imboden deutlich ins Gesicht geschrieben, als er eine Tafel im Skigebiet von Minschuns enthüllt. Sie zeigt sein Konterfei, listet seine grössten sportlichen Erfolge auf und macht allen Besuchern von Minschuns deutlich, dass es jetzt eine Pista Urs Imboden gibt. Seit Jahren fährt der aus Sta. Maria im Val Müstair stammende Skirennfahrer im Weltcup mit und ist im Slalom oft bester «Schweizer». Man muss das Wort in Anführungszeichen setzen, denn Urs Imboden startet seit 2006 für Moldawien.

«Ein herausragender Botschafter»

Gestern aber war er Schweizer ohne Anführungszeichen, genauer gesagt, einer aus dem Val Müstair. Gemeindepräsident Arno Lamprecht bringt es auf den Punkt: «Urs war über viele Jahre ein herausragender Botschafter für Sta. Maria und das Val Müstair.» Entsprechend viele sind gekommen, um mit Imboden zu feiern.

Sympathisch und bescheiden

An der Pista Urs Imboden stehen Kinder aus dem Tal, um zu sehen, wie der sympathische und bescheiden gebliebene Sportler die Stangen umkurvt. Der Profi gibt die Zeit vor, an der sich alle messen können. Über 70 Teilnehmende nehmen die Gelegenheit wahr, gegen den Profi zu fahren; sowohl dreijährige Skizwerge als auch 70-jährige Sportler sind am Start. Es ist ein Spass für jedermann, fast ein Familienfest. Aus dem italienischen Südtirol sind sie angereist, aus dem Engadin und aus Österreich, um ihre Verbundenheit mit Imboden zu zeigen. Fast etwas wehmütig erinnert sich dieser daran, dass er vor vielen Jahren genau auf dieser Piste eines seiner ersten Rennen gefahren hat.

«Eine Schule fürs Leben»

Urs Imboden ist ein Stehaufmännchen. Einst galt der Junge aus dem Val Müstair als das grösste Schweizer Slalomtalent. Er wurde im Jahr 2002 bei den Olympischen Spielen von Salt Lake City Fünfter, mit nur sieben Hundertstel Rückstand auf Bronze. Später wurde er vom Schweizer Verband wegen fehlender Resultate ausgemustert. «Das war hart», denkt der Skirennläufer an den Tag zurück, als er seine Sachen packen musste. «Doch für mich war es auch eine Schule fürs Leben.»

Er wechselte die Staatsangehörigkeit und kämpfte sich – für das osteuropäische Land Moldawien startend – zurück an die Weltspitze. Und dies, obwohl er seine Ski selber präpariert und die Trainingsbedingungen aufgrund fehlender finanzieller Mittel weit hinter jenen der Topleute zurückstehen müssen.

Und dennoch: 2009 an der Weltmeisterschaft im französischen Val d’Isère war Imboden als Neunter bester «Schweizer» – nun wieder mit Anführungszeichen – und wurde als krasser Aussenseiter im Januar vergangenen Jahres als Siebter im Slalom von Adelboden (Bern) wie ein Sieger gefeiert.

«Erst einmal Abstand gewinnen»

Warum fährt jemand mit 36 Jahren und unter diesen Bedingungen noch immer Skirennen? «Weil mir dieser Sport sehr viel Freude macht.» Ob dies jetzt seine letzte Saison ist, während der er durch die Slalomstangen getanzt ist, kann oder will Imboden noch nicht sagen. «Ich entscheide von Jahr zu Jahr und möchte jetzt erst einmal etwas Abstand gewinnen.» Das Plauschrennen in seiner Heimat ist für ihn jedenfalls der Saisonabschluss für dieses Jahr – ein ganz besonderer, wie er nochmals betont. «Ich hätte mir nie träumen lassen, dass eine Piste nach mir benannt wird.»

Man glaubt ihm sofort, wenn er sagt, dass es neben der Freude auch eine grosse Ehre ist. Wird er im nächsten Winter wieder angreifen? Man muss einfach noch mal nachfragen. «Es ist zu früh, um offiziell etwas sagen zu können», meint er. Doch wenn man genau hinhört, schwingt in dieser Aussage etwas Wehmut mit. Deshalb könnte es durchaus sein, dass sein letztes Rennen just an jenem Hang stattfand, an dem bereits vor vielen Jahren seine eindrucksvolle Karriere begonnen hatte.

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