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«Braunwald weckt Kindheitserinnerung»

Unter den Ehrengästen der diesjährigen Landsgemeinde sitzt die Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Im Interview mit der «Südostschweiz» erzählt sie, warum sie sich bei einem ganz speziellen Traktandum in ihre Kindheit versetzt fühlte.

Südostschweiz
05.05.14 - 02:00 Uhr

Mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga sprach Lisa Koch

Frau Sommaruga, wie ist es für Sie, im Glarner Landsgemeindering zu sitzen?

Simonetta Sommaruga: Es ist eine tolle Erfahrung. Ich bin sehr beeindruckt. Hier sieht man ganz bildlich, wie direkte Demokratie funktioniert. Ich habe Menschen gesehen, die offen hinstehen und ihre Meinung vertreten. Dazu braucht es Mut. Ich habe Menschen gesehen, die einander zuhören – mit Respekt. Selbst wenn sie eine andere Meinung vertreten. Und erst am Ende haben sie abgewogen und entschieden.

Nehmen Sie etwas mit nach Bern?

Direkte Demokratie lebt vom Dialog. Ich wünsche mir, dass dieser politische Dialog auch auf anderen Ebenen, ausserhalb der Landsgemeinde, so gut funktioniert.

Also mehr Landsgemeinde in Bern?

Die direkte Demokratie findet ja nicht nur an der Landsgemeinde statt. Auch in den Bundesratssitzungen, im Bundesparlament und auch an den Abstimmungssonntagen geht es um die direkte Demokratie. Aber die Bewunderung für das Zuhören, das Abwägen und den gegenseitigen Respekt nehme ich gerne mit.

Waren Sie schon einmal im Glarnerland?

Als Kind war ich in Braunwald in den Skiferien. Ich habe wunderschöne Erinnerungen an diese Zeit. Braunwald ist ein ganz spezieller Ort. Schon weil man mit dem Auto nicht dorthin kommt. So hat die Landsgemeinde mit all den Diskussionen um die Gratis-Standseilbahn schöne Kindheitserinnerungen geweckt.

Also haben Sie die Diskussion zu diesem Traktandum besonders verfolgt?

Ja, stimmt. Wenn man einmal dort in den Ferien war, bleibt das in Erinnerung. Allerdings ist es schon etwas her.

Die Landsgemeinde wird gerne als «alter Zopf» bezeichnet. Was denken Sie?

Die Landsgemeinde, wie sie hier durchgeführt wird, ist sicher kein alter Zopf. Ich denke aber auch, dass sie nicht das einzige Instrument ist, mit dem man direkte Demokratie in der Schweiz leben kann.

Wie haben Sie denn die Art der Entscheidungsfindung empfunden? Manchmal sah es ja sehr knapp aus.

Das kann ich von meinem Platz aus – direkt vor dem Rednerpult – nicht beurteilen. Ich denke aber, wenn man oben im Ring steht, hat man einen ganz anderen Blickwinkel. Und wenn das Ergebnis einmal nicht ganz klar war, hat sich der Landammann ja auch mit seinen Regierungskollegen beraten und dann erst entschieden. Das gibt der Bevölkerung Sicherheit. Es wird genau geschaut, wie die Mehrheiten tatsächlich sind.

An der Landsgemeinde wurden zwei verdiente Politikerinnen verabschiedet. Der Frauenanteil sinkt damit um 50 Prozent. Allgemein gibt es im Kanton wenig Frauen in politischen Ämtern. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Das hat die Glarner Bevölkerung entschieden. Da kann ich mich nicht dazu äussern. Frauen sind in der Schweizer Politik aber mittlerweile sehr gut vertreten. In vielen Kanton ist der Frauenanteil überhaupt kein Problem mehr. Im Bundesrat hatten wir sogar einmal eine Frauenmehrheit. Allgemein wünsche ich allen in der Schweiz, dass sie von Frauen und von Männern vertreten werden. Gemischte Gremien helfen, eine gute und ausgewogene Politik zu machen.

Jetzt gehts zum Mittagessen. Haben Sie schon einmal eine Kalberwurst probiert?

Nein. Ich glaube das wird heute eine Kalberwurst-Premiere. Bisher habe ich noch keine probiert.

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