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«Holz ist auch für die ibW wichtig»

Die ibW Höhere Fachschule Südostschweiz feiert heute ihr 20-Jahr-Jubiläum. Jetzt will sich die Schule am 18-Millionen-Franken-Projekt für ein Holzkompetenzzentrum im Puschlav beteiligen, sagt Direktor Stefan Eisenring.

Südostschweiz
18.09.10 - 02:00 Uhr
Zeitung

Mit Stefan Eisenring sprach Reto Furter

Herr Eisenring, Sie sind ibW-Direktor. Viele kennen vermutlich das Kürzel, wissen aber nicht, dass eine Schule dahinter steckt.

Stefan Eisenring: Das ist gut möglich, ja. Natürlich hoffen wir, dass dies immer weniger häufig vorkommt, seitdem wir den Zusatz «Höhere Fachschule Südostschweiz» tragen. Diesen Namen haben wir bewusst gewählt, da die Höheren Fachschulen das wichtigste Standbein für uns sind.

Schulen gibt es einige in Graubünden, auch solche, die wie Ihre das 20-Jahr-Jubiläum feiern. Daneben gibt es auch ältere.

Nach 20 Jahren verlässt man die Sturm-und-Drang-Jahre, man verlässt die Teenager-Jahre. Man übernimmt eine gewisse Eigenverantwortung. Wir sind schon längst selbstständig, aber wir wollten mit dem Jubiläumsfest ein Zeichen setzen und auch etwas stolz sein. Aber Sie haben natürlich recht: In der Bildungslandschaft Graubünden sind wir eine relativ junge Schule.

«Erfolge brauchen Beharrlichkeit»

Die ibW ist eine Höhere Fachschule, dann gibt es aber auch Fachhochschulen. Das ist etwas verwirrend für Leute, die ihre Ausbildung längst abgeschlossen haben.

An und für sich ist die Unterscheidung einfach. In der Bildungslandschaft Schweiz gibt es zwei Wege nach der Grundbildung, also nach einer Matura oder einem Berufsabschluss: Man kann mit einer Matura an einer Hochschule studieren, an einer Universität, einer Fachhochschule oder einer ETH. Mit einem Berufsabschluss können Sie in der Höheren Berufsbildung eine Höhere Fachschule, eine höhere Fachprüfung – oft auch Meisterprüfung genannt – oder eine Berufsprüfung abschliessen. Wir sind in diesem Segment tätig.

Einst stand IbW für das Institut für berufliche Weiterbildung. Weshalb die Umbenennung?

Der Umbenennung ging ein langer Prozess voraus. Die Verwechslungsgefahr mit anderen Instituten war in der Bildungslandschaft sehr gross. Wir konnten uns in unserem Segment nicht positionieren. Daher beschlossen wir, unser Kernangebot – die Höheren Fachschulen – in unseren Namen zu integrieren. Dazu kamen die Resultate einer Befragung unter unseren Studierenden. Es wurde festgestellt, Institut töne verstaubt – dabei seien wir dynamisch. Weiter sind wir längst nicht mehr nur in Graubünden aktiv. Der Zusatz Südostschweiz entspricht unserem Marktgebiet. Entscheidend ist, dass diese Leute ihren Abschluss bei uns und in der Region Südostschweiz machen können.

Neuer Name, altes Kürzel: Werbetechnisch betrachtet ist es kaum klug, ein altes Kürzel zu behalten, das heute niemand mehr auflösen kann, weil die Schule anders heisst.

Wir haben eine breite Erhebung darüber gemacht, wie bekannt wir sind. Mit dem «Institut für berufliche Weiterbildung» verbanden viele Leute etwas Altmodisches. «ibW» hingegen assoziierten 35 Prozent der Befragten in der repräsentativen Umfrage mit Weiterbildung. Deshalb tragen wir das Logo weiterhin. Werbetechnisch gesehen war das aus unserer Sicht durchaus ein kluger Schachzug.

Jahrelang unterrichteten Ihre Dozenten an der Ringstrasse, jetzt beim Bahnhof. Dort sieht man die Schule jetzt erstmals auch.

Das ist tatsächlich so, wir haben das unterschätzt. Einer Schule ohne eigenes Schulhaus mangelt es an eigener Identität.

Sie brauchten fast 20 Jahre, um das festzustellen?

Wir wussten das schon lange, aber es brauchte halt auch seine Zeit, um unser Schulhaus zu realisieren. Gewisse Erfolge brauchen eine gewisse Beharrlichkeit.

Begonnen hat die ibW mit Informatikkursen, heute bieten Sie alles Mögliche an. Sprachkurse in Chinesisch und Kroatisch sowie die Berufsprüfung mit eidgenössischem Fachausweis für Coiffeusen.

Das ist ein breites Feld, ja. Als Anbieter in einer Randregion sind wir gezwungen, eine andere Strategie zu verfolgen als beispielsweise ein Anbieter in Zürich, der sich auf ein Segment konzentrieren kann.

Ihr Angebot ist vielschichtig – und erinnert an einen Gemischtwarenladen.

Das ist unsere Schwierigkeit, da haben Sie recht. Wir müssen uns laufend überlegen, welche Angebote noch zu uns passen und welche nicht mehr. Ein Gemischtwarenladen wollen wir natürlich nicht sein, wir sind fokussiert auf gewisse Angebote. Wenn man uns dann trotzdem als Gemischtwarenladen wahrnimmt, machen wir Fehler in der Kommunikation. Wir wollen vielmehr ein Gesamtanbieter für berufliche Weiterbildung sein.

Den Vorwurf, Masse statt Klasse anzubieten, hören Sie gewiss nicht zum ersten Mal.

Nein, das höre ich nicht zum ersten Mal. Wir hören das nicht gerne, das ist auch klar. Um dem entgegenzutreten, haben wir uns in vier Schulbereiche aufgeteilt. So können wir eben auch Klasse gewährleisten.

ibW-Schulen gibt es auch in Maienfeld und im glarnerischen Ziegelbrücke.

In Maienfeld sind wir operativ seit 2008 tätig, seit wir das dortige Bildungszentrum Wald, die frühere Försterschule Maienfeld, bei uns integriert haben. In Maienfeld führen wir heute eine respektable Schule mit einer sehr hohen Auslastung, für uns ist das ein wichtiger zweiter Standort. Die Schule in Ziegelbrücke betreiben wir als Filialbetrieb, wir arbeiten dort mit der Gewerblichen Berufsschule und lokalen Verbänden zusammen.

«Italien will von der Schweiz lernen»

Holz scheint wichtig zu sein. 2008 integrierten Sie die Förster, jetzt planen Sie ein Holzkompetenzzentrum im Puschlav.

Holz ist für Graubünden wichtig und ist auch für die ibW seit Jahren wichtig. Hier wird viel mit Holz gebaut, entsprechend ist auch der Bedarf an Weiterbildung gross. Seit ein paar Jahren sind wir eine der drei gros- sen Holzzentren im Bildungsraum Schweiz. Natürlich stossen wir jetzt dort vor, wo wir stark sind. Das Projekt Poschiavo/Veltlin entsprang den Interessen der Holzverarbeiter vor Ort und in der Lombardei.

Aus Bündner Sicht ist ein Schulstandort Poschiavo nicht sehr zentral.

Absolut nicht, nein. Ich bin schneller in Bern als in Poschiavo – aber aus Sicht der Region Norditalien erschliesst Poschiavo in zwei Stunden ein ziemlich grosses Einzugsgebiet.

Warum gehen Sie dann nicht direkt nach Italien, ins Veltlin?

Da müssten Sie die Verantwortlichen der Provinz Sondrio fragen. Wenn Sie eine Schule errichten möchten, dann machen Sie das aber am besten dort, wo sie Ihre Stärken ausspielen können. Eine Schweizer Schule kann ihre Stärken in der Schweiz ausspielen, besser jedenfalls als in Italien. Italien will von der Schweiz lernen, das ist sehr interessant.

Sie rechnen im Puschlav mit Investitionen von 18 Millionen Franken. Das ist ein schöner Brocken für eine Schule, auch wenn die Bündner Regierung mitzahlen will.

Das sind grosse Summen, das stimmt schon. Wenn Sie heute ein Grundausbildungskonzept im Holzbearbeitungsbereich umsetzen wollen, müssen Sie so viel Geld in die Hand nehmen. Die Regierung unterstützt das Projekt unter der Bedingung, dass es nachhaltig geführt werden kann.

Woher nimmt man denn 18 Millionen Franken in einer Randregion?

In Poschiavo denkt man über die Tal- und Landesgrenzen hinweg. Und auch für Italiener sind Investitionen in der Schweiz kein Tabu. Dort investiert man in dieses Projekt, weil sie es selbst in dieser Form nicht aufziehen könnten.

Sie liefern das Wissen, Italien die Studenten?

Darauf läuft es hinaus, ganz einfach gesagt. Aber wir wollen natürlich Schweizer Studenten nicht ausschliessen.

Auf der ibW-Internetseite steht, die Schule sei getragen von der öffentlichen Hand. Das ist nicht ganz unproblematisch, wenn Sie mit öffentlichen Geldern Sprachkurse anbieten.

Das wäre tatsächlich sehr problematisch. Von der öffentlichen Hand haben wir Leistungsaufträge für Lehrgänge. Dort drin wird definiert, wie viel Geld wir je Studierendem erhalten. Bei anderen Lehrgängen wiederum ist es so, dass die öffentliche Hand nichts bezahlt. Wir haben darum Bereiche mit Vollkostenrechnung, und wir müssen natürlich auch belegen können, dass jeder Bereich seine Kosten selbst trägt.

Der Kroatisch-Sprachkurs wird also nicht quersubventioniert?

Nein, das wird er nicht. Die Sprachkurse gehören einem eigenen Bereich an und müssen sich seit 2002 selbst finanzieren. Und die Schulgelder bewegen sich auf marktüblichem Niveau. Gewisse Kurse bieten wir zur Abrundung an, dazu gehören auch Kroatisch-Kurse. Dieses Volumen ist aber sehr klein, und sie rentieren derzeit nicht stark, innerhalb des Bereiches werden sie zum Teil quersubventioniert, also durch andere Sprachkurse.

Und sonst springt der Förderverein des IbW ein?

Das ist tatsächlich speziell. Wir sind getragen von Verbänden, Dachorganisationen und Arbeitgeberorganisationen, das sind unsere Shareholder. Unser Schuldefizit wird vom ibW-Förderverein getragen. Wenn Bereiche rentieren, können wir diese Gewinne wieder in die Schule investieren, oder wir können sie dazu verwenden, Verluste in den anderen Bereichen abzudecken.

«Stärken in der Schweiz ausspielen»

Was zahlen denn Bund, Kanton und Standortgemeinde Chur an öffentlichen Geldern jährlich?

Auf die Gesamtschule bezogen zahlt die öffentliche Hand 40 bis 50 Prozent unserer Kosten, also rund sechs Millionen Franken jährlich. Unter diesen Betrag fallen aber auch viele Beiträge von Nachbarkantonen, aus denen Studierende zu uns kommen.

Kosten sind das eine, der Ertrag ein anderes: Was bringen Sie Chur und Graubünden an Wertschöpfung?

Die Wertschöpfungskette ist im Detail nicht bekannt. Es gibt Studierende, die nach Chur kommen, sich weiterbilden und vielleicht hier bleiben. Das ist immer so: An Schulstandorten entstehen neue Wirtschaftszeige, weil man dort Fachleute rekrutieren kann. Wir bringen Chur und dem Churer Rheintal eine Wertschöpfung dank gut ausgebildeter Fachleute. Daneben erzeugt die Schule eine Wertschöpfung, indem wir unseren Mitarbeitenden Löhne zahlen, derzeit rund eine halbe Million Franken monatlich. Schwierig zu messen, aber wichtig ist zudem der Wissenstransfer zu den Firmen. Wir beschäftigen Fachleute aus den Firmen – und mit jeder Seminararbeit und jedem Prüfungsabschluss fliesst Wissen zu diesen Firmen zurück. Das ist langfristig wichtig für die nachhaltige Entwicklung.

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