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«Der Erfolg ist von den Tarifen abhängig»

Nicht mehr lange, und bei der Hochgebirgsklinik Davos sind die aktuellen Bauarbeiten abgeschlossen. Ist damit die Sanierung der Klinik abgeschlossen, und wie geht es ihr heute?

Barbara
Gassler
14.06.22 - 18:00 Uhr
Wirtschaft
Evelyne Wirz ist CEO der Hochgebirgsklinik Davos.
Evelyne Wirz ist CEO der Hochgebirgsklinik Davos.
zVg

DZ: Evelyne Wirz, wie geht es vorwärts mit dem Bau am Wolfgang?

Evelyne Wirz: Die Arbeiten sind auf Kurs, wir sind gegenwärtig am Innenausbau. Im Juni sind auch die Umgebungsarbeiten dran. In Betrieb genommen werden soll das neue Gebäude am 2. August. Dann werden wir wohl während zwei bis drei Tagen zügeln. Gemäss Plan sollten wir ab dem 6. August in den neuen Gastroräumlichkeiten und Therapieräumen eingerichtet sein. Die Bevölkerung werden wir dann am 17. September zu einem Tag der offenen Tür einladen.

2013 lag die HGK, um eine medizinischen Terminologie zu verwenden, auf der Intensivstation, musste vor dem Untergang gerettet werden. Die Klinik wurde von der Kühne Stiftung übernommen, umgebaut, umstrukturiert und saniert. Nach einer Umstrukturierungen und Sanierung hatte Klaus-Michael Kühne im Mai 2014 über seine Kühne Real Estate AG die Liegenschaften der HGK übernommen. Wie geht es ihr heute?

Zum Glück deutlich besser als anno dazumal (lacht). Doch wir sind sicherlich noch nicht am Ende des Prozesses. Da darf man sich nichts vormachen. Wenn man anfängt, aus einem «Kurhaus» – mit vorwiegend deutschen Patienten und den entsprechend bescheidenen Tarifen – eine auf Schweizer Patienten ausgerichtete Klinik mit zum Teil neuen Fachbereichen zu machen, dann ist das ein langer Prozess. Zehn Jahre dauert das schon. Doch wir sind gut auf Kurs. Letztes Jahr konnten wir die finanziellen Ziele nicht erreichen. Doch dafür gab es gute Gründe. Neben Corona, das alle gleichermassen betraf, zügelten wir ins Hotel Intercontinental beziehungsweise Alpen Gold Hotel und wieder zurück. Daneben hatten wir noch einige weitere Grossprojekte. So die Einführung eines neuen Klinikinformationssystems. Dies war die Voraussetzung, um das neue Abrechnungssystem in der Rehabilitation überhaupt einführen zu können. Dann wurden wir nach Swiss Reha zertifiziert, was unsere qualitative Entwicklung eindrücklich aufzeigt. Es fehlen noch wenige Nachweise, welche nach dem Umzug in die neuen Räumlichkeiten nachgeliefert werden können. Darauf sind wir stolz. Ausserdem erhielten wir als eine von zwei ausserkantonalen Reha-Kliniken einen Leistungsauftrag für kardiale Rehabilitation vom Kanton Zürich. Dies war nur möglich, weil wir diese Leistungen seit Jahren schon erbringen und daher im kardialen Bereich versorgungs­relevant sind.

Nun funktioniert die HKG ohne finanzielles Polster und macht grosse Investitionen. Wie steht die Klinik heute da?

Ziel ist, dieses Jahr eine schwarze Null zu schreiben. Das ist aber stark davon abhängig, mit welchen Tarifen wir arbeiten müssen. Dazu muss ich erklären: Bisher hatten wir relativ tiefe Tarife. Sie lagen letztes Jahr etwa zwölf Prozent tiefer als jene der Mitbewerber. Das entspricht 12 Prozent weniger Umsatz. Bei einer Klinik, die sich entwickelt, hinkt was wir verrechnen dürfen immer etwa zwei Jahre hinterher. Das heisst die Tarife von heute basieren auf den Kosten von vor zwei Jahren. Inzwischen erfüllen wir aber die für die Zertifizierung und die Spitalliste notwendigen Voraussetzungen. Das sind Kosten, die bei uns anfallen, die aber von den Tarifen noch nicht abgebildet werden. Die Verhandlungen laufen weiter, und es braucht den Willen und die Einsicht der Versicherer, dass die Tarife entsprechend angepasst werden müssen. Mit der Eröffnung des neuen Klinikteils werden auch unsere Mietkosten ansteigen. Auch so etwas muss in den Tarifen abgebildet sein.

Wie sieht denn die Auslastung aus?

Die ist gut. Die Betten, die wir betreiben, sind voll.

Ich höre da ein Aber …

In der Abteilung Kinder und Jugendliche haben wir Patientinnen und Patienten des Deutschen Rentenverbundes mit noch tieferen Tarifen. Doch diese Verträge wurden per Ende Jahr gekündigt, und wir sind dabei, vollständig auf schweizerische Patienten umzustellen. Ab August werden wir keine deutschen Patienten mehr aufnehmen können. Ausserdem wollen wir auch bei den Kindern verstärkt psychosomatische Rehabilitation anbieten. Da besteht ein grosser Bedarf, und wir verfügen über entsprechende Leistungsaufträge. Wir haben das Team konsequenterweise fachlich ergänzt. Entsprechend ist es personell aufgestockt worden, und wir sind auf gutem Weg.

Auf gutem Weg wohin? Wenn man sich die baulichen Massnahmen anschaut, hat man das Gefühl, es wird vor allem für zusatzversicherte Patienten investiert.

Mit den renovierten Zimmern sowie dem Neubau Gastronomie und Therapie steigen die Chancen, solche Patientinnen und Patienten zu gewinnen. Denn ohne eine exzellente Infrastruktur kommen Privatpatienten erst gar nicht. Und ja, vor allem im kardialen Bereich sind es deren viele. Gar keine oder kaum welche gibt es im Bereich Kinder und Jugendliche. Insgesamt haben wir aktuell ungefähr 23 Prozent an zusatzversicherten Patienten, was einen durchschnittlichen Wert darstellt. Das ist nicht so viel, andere Kliniken haben bis zu 60 Prozent. Wir gehen einen anderen Weg und wollen eine unkomplizierte Institution bleiben sowie mit unserer Fachkompetenz überzeugen und dabei nahe am Patienten bleiben. Für die Zusatzversicherten möchten wir eine Viersterne-Hotellerie betreiben. Für alle anderen streben wir ein Dreisterne-plus-Niveau an.

Wie soll denn das zahlenmässige Verhältnis zwischen normal- und zusatzversicherten Patienten zukünftig sein?

Realistischerweise werden wir über die gesamte Klinik einen Anteil von etwa 25 Prozent erreichen.

Da wird für ein Viertel der Patienten aber ein grosser Aufwand betrieben.

Haben oder nicht-haben, lautet hier die Devise.

Warum ist eine Klinik denn so stark an zusatzversicherten Patienten interessiert? Subventionieren sie die anderen?

Dies geschieht tatsächlich über eine Querfinanzierung, denn die allgemein versicherten Patienten sind, wenn überhaupt, gerade mal kostendeckend.

Wo liegen denn die Zusatzleistungen für Halbprivat- und Privatpatienten?

Sowohl in der Hotellerie als auch im medizinischen Bereich. Klar, medizinisch Notwendiges erhalten alle Patienten. Doch beispielsweise die Betreuung durch Chefärzte ist vorwiegend Privatpatienten vorbehalten.

Nun verfügt die Klinik über ein hochstehendes medizinisches Angebot. Wie profitiert die einheimische Bevölkerung davon?

Unser Ambulatorium mit einem sehr breit gefächerten Angebot steht natürlich nach wie vor der gesamten Bevölkerung offen.

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