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Die Klinik Gut prüft den Standort Silvaplana

Was passiert mit der Klinik Gut in St. Moritz? Diese Frage blieb vier Jahre lang unbeantwortet. Jetzt werden ganz konkrete alternative Standorte in und ausserhalb von St. Moritz geprüft.

23.10.19 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Kompromisslösung: So würde das redimensionierte Projekt auf dem Areal Serletta Süd in St. Moritz Dorf aussehen.
Kompromisslösung: So würde das redimensionierte Projekt auf dem Areal Serletta Süd in St. Moritz Dorf aussehen.
PRESSEBILD

Adrian Urfer wird dauernd von Patienten, Einheimischen und Gästen angesprochen. Der Chefarzt, Delegierte des Verwaltungsrats und Mitinhaber der Klinik Gut muss immer wieder die gleiche Frage beantworten: Warum ist vier Jahre nach der Volksabstimmung zum Projekt Serletta Süd immer noch nichts passiert? Obwohl der Souverän sich im Oktober 2015 für eine neue Klinik mit Gesundheitshotel ausgesprochen hatte, fand bisher noch kein Spatenstich statt. Grund dafür ist die Opposition der Hotels «Badrutt’s Palace» und «Kulm» sowie von benachbarten Immobilienbesitzern. Oder anders ausgedrückt: Grund für das blockierte Projekt sind juristische Verfahren, die sich ewig hinziehen.

Das Warten nimmt kein Ende

Als «unsäglich» bezeichnet Urfer die Situation. Die Gegner würden das Projekt mit einer Flut von Eingaben immer wieder verzögern. Seit bald zweieinhalb Jahren liegt der Fall nun beim Verwaltungsgericht. «Uns wurde ein Entscheid bis zu den Sommerferien versprochen, jetzt müssen wir uns langsam fragen, ob damit 2020 oder 2021 gemeint war», sagt Urfer mit Galgenhumor. Er befürchtet, dass es bis zum endgültigen Entscheid so lange gehen wird, bis es zu spät ist. 2023 muss die Klinik Gut aus der heutigen Liegenschaft in St. Moritz Dorf ausziehen. Weil die Zeit knapp wird, hat die Klinik Gut zunächst versucht, einen aussergerichtlichen Kompromiss mit der Gegenseite auszuhandeln. Das Projekt Serletta Süd wurde überarbeitet und redimensioniert, als Vermittler haben sogar Gemeindepräsident Christian Jott Jenny und Rolf Sachs fungiert, doch diese Bemühungen waren umsonst.

Es gibt andere Lösungen

Im Moment wartet die Klinik Gut nach wie vor auf das Verwaltungsgerichtsurteil. Gemäss Informationen von Urs Meisser, Präsident des Bündner Verwaltungsgerichts, sollen die Urteile über die Beschwerden von insgesamt fünf Parteien bis Ende Jahr mitgeteilt werden. Die erste Wahl der Klinik Gut wäre immer noch der Standort Serletta Süd, doch die Urteile des Verwaltungsgerichts könnten bis vor Bun- desgericht weitergezogen werden, und nach einer allfälligen Baueingabe könnte das juristische Hickhack sogar nochmals von vorne losgehen.

Darum prüft die Klinik Gut aktuell «ernsthaft» ein Areal neben dem Heilbad in St. Moritz Bad. Dieser Standort wäre eine Alternative für die Klinik, allerdings nicht für die Lanserhof-Gruppe, die eigentlich das Gesundheitshotel in Serletta Süd übernehmen wollte. Die Lanserhof-Gruppe führt bereits mehrere erfolgreiche Gesundheitsresorts, unter anderem bei Innsbruck, am Tegernsee, in Hamburg und bald in Sylt und London. «Die Beteiligung des Lanserhofs ist ei-ner der wichtigen Punkte, warum wir so lange bei diesem Projekt geblieben sind», erklärt Urfer.

Man rede im ganzen Kanton vom Gesundheitstourismus, und hier hätte man ein Leuchtturmprojekt. Der Lanserhof brauche einen medizinischen Anbieter, die Klinik Gut wiederum würde von Synergien mit dem Gesundheitshotel profitieren. «Der Lanserhof hat super Angebote von anderen Orten in der Schweiz, doch bisher stehen sie noch zu St. Moritz und zu uns», so Urfer.

Silvaplana ist eine Option

Für den alternativen Standort Heilbad gibt es bereits ein Vorprojekt. Die Gemeinde St. Moritz soll-te laut Urfer noch im Oktober darüber entscheiden. Parallel dazu hat die Klinik Gut mit der «ganz konkreten Abklärung» eines Areals in Silvaplana begonnen. «Wir haben dort sehr gute Vorgespräche mit den Grundstücksei-gentümern und der Gemeinde geführt», verrät Urfer. Ein Vorprojekt existiert hier zwar noch nicht, doch die Option, die Klinik auf diesem Areal zu bauen, ist vorhanden. «Der nächste Schritt wäre, das Gespräch mit den Nachbarn zu suchen und uns zu einigen, damit wir nicht wieder in Gerichtsverfahren enden», sagt Urfer. Für ein Gesundheitshotel wäre in Silvaplana allerdings kein Platz.

Derzeit wird auch noch ein dritter Standort ausserhalb von St. Moritz geprüft, doch hierzu kann Urfer noch nichts sagen. Nur so viel: Das Interesse an diesem Standort für den Bau einer neuen Klinik Gut sei sehr gross. «Unser Ziel ist klar, das Stammhaus im Engadin zu behalten», betont der Mitinhaber der Klinik Gut. Damit könne er bereits jetzt versichern, dass auch die rund 80 Arbeitsplätze im Tal erhalten bleiben.

St. Moritz würde verlieren

Die Klinik Gut ist nach der Gemeinde der grösste Ganzjahresarbeitgeber von St. Moritz. St. Moritz ist ei-ne der wenigen Tourismusdestinationen, die direkt vor Ort eine Unfallklinik haben. «St. Moritz würde mit dem Wegzug der Klinik Gut eine qualitativ hochstehende Notfallversorgung verlieren und damit ein Verkaufsargument», ist Urfer überzeugt.

Fadrina Hofmann ist als Redaktorin für die Region Südbünden verantwortlich. Sie berichtet über alle gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Themen, die in diesem dreisprachigen Gebiet relevant sind. Sie hat Medien- und Kommunikationswissenschaften, Journalismus und Rätoromanisch an der Universität Fribourg studiert und lebt in Scuol im Unterengadin. Mehr Infos

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