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Mit natürlichen Pilzen gegen Schädlinge

Alle drei Jahre sieht man die Maikäfer an warmen Frühjahrsabenden am Himmel. Auch viele Bündner Regionen werden von den Käfern heimgesucht. In diesen betroffenen Regionen verursachen die Tiere teils immense Schäden an landwirtschaftlichen Flächen. Nun gibt es ein neues Mittel, um gegen diese Schädlinge vorzugehen.

24.05.19 - 17:00 Uhr
Wirtschaft
Engerling
Zusammen mit der Gerste wird der Pilz auf den Feldern verteilt.
THEO GSTÖHL

Im Flugjahr fressen sich Maikäfer auf Laubbäumen und Lärchen satt, paaren sich und fliegen dann auf den Boden, um sich in der Erde einzugraben. Dort legen die Weibchen ihre durchschnittlich 20 bis 35 Eier ab. Sechs Wochen später schlüpfen aus diesen Eiern die Engerlinge. Bis im Herbst ernähren sich diese von Wurzeln und steigen dann in tiefere Erdschichten ab, um zu überwintern. Im folgenden Frühjahr, also im eigentlichen Fressjahr, kehren die Engerlinge wieder in den Wurzelraum zurück und fressen diese kaputt.

Invasionen dieser Tiere führen in den betroffenen Regionen Graubündens aber auch in anderen Gegenden der Schweiz immer wieder zu Futterknappheit auf den landwirtschaftlichen Betrieben. Rekultivierungen und Futterzukäufe sowie Hangrutschungen und lokale Erosionen in Steillagen seien die Folge und bringen auch Mehrkosten mit sich, wie der Maschinenring Graubünden mitteilt.

Natürliche Feinde reichen nicht

Maikäfer und Engerlinge haben ihren festen Platz im Ökosystem. Für viele Vögel und Kleinsäuger dienen sie als Nahrung. Wenn sie aber invasiv auftreten, können ihre natürlichen Feinde sie nicht mehr ausreichend in Schach halten. Um sie also im Zaum zu halten, wurden die Maikäfer vor 40 bis 50 Jahren mit chemischen Mitteln bekämpft. Heute ist dies jedoch nicht mehr erlaubt. Die Bekämpfung muss mit anderen Methoden angegangen werden. Seit über 30 Jahren beschäftigt sich Christian Schweizer, Entomologe an der eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope, mit Maikäfern. Zusammen mit seinem Team hat er herausgefunden, dass Engerlinge und Maikäfer auch von einem Pilz befallen werden können, der natürlich im Boden vorkommt, und dabei zugrunde gehen.

«Diesen Umstand machen wir uns zu Nutze», erklärt Schweizer. Der Beauveria brongniartii, so der lateinische Name des Pilzes, werde selektiert und in reiner Form auf sterilisierten Gerstenkörnern weitergezüchtet. «Im Frassjahr, wenn der Boden noch feucht ist und die Engerlinge bereits wieder die Wurzeln befallen, wird die Pilzgerste in den Boden injiziert», führt Schweizer weiter aus. Durch dieses Vorgehen werde der Bestand an Engerlingen bis zu 80 Prozent reduziert, ohne, dass die ganze Population ausgerottet werde. So sei gewährleistet, dass Vögel und Kleinsäuger auch weiterhin genügend Nahrung haben.

Die Behandlungsschwelle für diese Pilzmethode liege, nach Vereinbarung mit der Umweltschutzorganisation und der Vogelwarte Sempach, bei 40 Engerlingen pro Quadratmeter. Um dies zu überprüfen, werden Probegrabungen durchgeführt. Biodiversitätsförderflächen dürfen nicht mit dem Beauveriapilz behandelt werden.

Hunderte Stunden Handarbeit

Infolge Umbauarbeiten konnte der bisherige Lieferant für dieses Jahr kein Saatgut liefern. Deshalb sind die Landwirte selbst aktiv geworden und haben in Begleitung von Agroscope und Plantahof in ihrer eigenen Organisation Maschinenring Graubünden das Pilzsaatgut hergestellt. «Wir wollten unsere Mitglieder mit dem Engerlingsproblem nicht alleine lassen und haben uns kurzerhand entschlossen, die Produktion selbst durchzuführen», erklärt Claudio Müller, Geschäftsführer des Maschinenrings. «In mehreren hundert Stunden Handarbeit haben wir diesen Frühling 11 Tonnen Pilzsaatgut hergestellt und können dieses nun den betroffenen Landwirten in der Surselva und weiteren Betrieben im Kanton Uri zur Verfügung stellen. Unsere Produktion reicht für die Aussaat auf 180 Hektar Landwirtschaftsland.»

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