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Gebraut aus Bio-Gerste und mit viel Handarbeit

Das erste Weizenbier mit Bündner Malz kommt von der Bieraria Tschlin. Sie setzt auf bio und auf Regionalität. Jetzt ist die Brauerei im Unterengadin für den Bio-Grischun-Preis nominiert.

04.02.19 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Reto Rauch, Geschäftsführer der Bieraria Tschlin, steht vor dem Sudkesseln der Brauerei.
Reto Rauch, Geschäftsführer der Bieraria Tschlin, steht vor dem Sudkesseln der Brauerei.
GAUDENZ DANUSER

An den Flaschenhals kommt das Markenzeichen des Tschliner Biers in Handarbeit: Denn die Bergbrauerei hat schlicht keine Maschine, die in der Lage ist, das auffällige Fähnchen mit dem aufgestempelten Haltbarkeitsdatum anzuheften. Also bringt das Brauereiteam die Minifahne händisch mit dem Bostitch an jede Bierflasche an. Das gibt reichlich Arbeit – immerhin spuckt die Abfüllmaschine 2000 Bierflaschen pro Stunde aus. Aber das Fähnchen von den Flaschen zu verbannen, ist keine Option. «Es ist unser Erkennungsmerkmal», sagt Reto Rauch, Geschäftsführer der Bieraria Tschlin. «Damit sticht unser Bier überall heraus.»

Rund 1500 Hektoliter Gerstensaft hat die Bieraria im vergangenen Jahr gebraut. Dafür hat das fünfköpfige Team 20 Tonnen hellen Bio-Gerstenmalz von Gran Alpin verarbeitet, dazu fünf Tonnen dunklen Malz sowie rund vier Tonnen Weizen. An manchen Tagen kochen Braumeister Christian Schneider und Stefan Seidl im voll automatisierten Sudhaus zwei Sude pro Tag à je 1000 Liter.

Edelweiss in der Flasche

Den Löwenanteil des Umsatzes bestreiten die drei Klassiker der Brauerei – das helle Tschlin cler, das Weizen und das Tschlin Ambra. Daneben kann es sich die Kleinbrauerei aber auch leisten, für Kunden Spezialfüllungen zu brauen oder für bestimmte Anlässe mit einem exquisiten Bier aufzuwarten, etwa mit einem Jägerbier im Herbst. Und als jüngsten Coup lanciert der Betrieb das Edelweiss-Bier Alvetern, versetzt mit biologisch produzierten Edelweissblüten von Kräuterkönig Reto Raselli aus dem Puschlav. Als Nebenprodukte lässt die Brauerei überdies einen Single-Malt-Whiskey brennen sowie Bierbrand, Gin und Hopfenschnaps.

Bier für die Schweizer Botschaft

«Wir haben das erste Weizenbier mit Weizenmalz aus Graubünden auf den Markt gebracht», sagt Rauch nicht ohne Stolz. Und auch sonst wird bei den Zutaten nicht nur auf bio, sondern auch auf Lokales gesetzt. So kommt die Gerste vom Engadin und vom Heinzenberg und im Spezialbier Doppelbock hats Tschliner Honig. «Wir sind die regionalste Brauerei der Schweiz», schätzt Bieraria-Geschäftsführer Reto Rauch.

Die Regionalität ist gemäss Rauch auch das, was die Kundinnen und Kunden schätzen. Bis in die Schweizer Botschaft in Washington wird das Unterengadiner Bier verkauft. «Im vergangenen Jahr haben wir ein Palett Tschliner nach Übersee verschifft», bestätigt Rauch.

Bierfans schätzen den Geschmack

Grosso modo gibt es unter der Anhängerschaft des Tschliner Biers drei Gruppen: Zum einen schätze der auswärtige Gast das lokale Engadiner Bier, so Rauch. «Er will ein regionales Produkt trinken.» Zum anderen greife der klassische Biokonsument zu, das Tschliner wird nämlich auch über die Coop-Linie Pro Montagna vertrieben. Und drittens gebe es einfach immer mehr Bierfans, stellt Rauch fest. «Sie probieren gerne regionale Biere aus und schätzen die Geschmacksvielfalt.»

Zum Bierfan ist auch Rauch geworden, seit der Agronom aus Sent vor sechs Jahren das Amt des Geschäftsführers übernahm und so vom Konsumenten zum Produzenten wurde. «Die Schweizer Bierkultur hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt», meint er. «Man kommt weg vom Standardbier und schätzt die Spezialbiere der Kleinbrauereien.»

Die Brauerei steht in Martina

Das Tschliner Bergbier, das auch bester Botschafter für den Ort ist, wird seit vier Jahren nicht mehr im Dorf gebraut – aus logistischen Gründen. In Martina, dem letzten Weiler vor der Grenze zu Österreich, hat sich die Brauerei in einem ehemaligen Gebäude der Engadiner Kraftwerke eingerichtet. «Nun brauen wir nicht nur Bio-Bier aus Bergquellwasser», bemerkt Rauch, «sondern sind wohl auch die einzige Firma im Unterengadin, welche ausschliesslich Strom aus Wasserkraft bezieht.»

Bier, Hanf und Fleisch für Bio-Preis nominiert
Mit dem Bio-Grischun-Preis werden alljährlich Personen oder Institutionen ausgezeichnet, die sich im biologischen Landbau in Graubünden verdient gemacht haben. Eine siebenköpfige Jury wählt die Preisträgerin oder den Preisträger aus. Dieses Jahr wird die Auszeichnung zum 15. Mal vergeben. Die Preisverleihung findet am Donnerstag, 14. Februar, am Plantahof in Landquart statt. Das Preisgeld entspricht jeweils der Jahreszahl, somit beträgt es heuer 2019 Franken. Für den Bio-Grischun-Preis nominiert sind neben der Bieraria Tschlin in Martina auch der Alpenpionier in Tschiertschen sowie die KAG-Bio-Produzentengruppe im Prättigau. (us)

Fadrina Hofmann ist als Redaktorin für die Region Südbünden verantwortlich. Sie berichtet über alle gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Themen, die in diesem dreisprachigen Gebiet relevant sind. Sie hat Medien- und Kommunikationswissenschaften, Journalismus und Rätoromanisch an der Universität Fribourg studiert und lebt in Scuol im Unterengadin. Mehr Infos

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