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In Malans verfaulen tonnenweise Trauben - obwohl sie reif sind

In Malans hängen tonnenweise Trauben, die nur darauf warten, endlich ihre Rebstöcke verlassen zu können. Eine absurde Vorschrift sorgt aber dafür, dass diese reifen Trauben ungenutzt bleiben. Ein Rebbauer kanns kaum glauben und spricht von einem Skandal.

Jürg Abdias
Huber
17.11.18 - 17:35 Uhr
Wirtschaft
Weinreben Reben
In Malans sind tonnenweise Trauben dem Sterben ausgesetzt.
Yanik Buerkli / ARCHIV

Tonnenweise saftige Trauben, die vom Zuckerhalt nur so platzen: Davon schwärmt jeder Winzer. So geht es momentan den Rebbauern in Malans. Freuen kann sich aber momentan niemand. Wie Anton Boner, ein pensionierter Rebbauer, gegenüber «blick.ch» verrät, bleiben die reifen Trauben an den Rebstöcken hängen. 

«Viele Rebbauern müssen dieses Jahr Trauben wegen eines bürokratischen Irrsinns hängen lassen», sagt Boner der Boulevardzeitung und sieht das Problem bei den AOC-Standards. Diese sehen eine Erntebeschränkung vor. Es darf pro Quadratmeter Reben nur eine festgelegte Menge an Trauben geerntet werden, bestätigt der Bündner Rebbaukommissär Hans Jüstrich dem Newsportal. Im Kanton Graubünden hat sich die Branche für die beliebte Blauburgunder-Traube (Pinot noir) auf maximal 900 Gramm pro Quadratmeter geeinigt. Der Bund gibt etwa 1,2 Kilogramm pro Quadratmeter vor.

Verkauft ein Rebbauer seine Trauben für AOC-Wein, bekommt er 5.20 Franken pro Kilo. Bei einem gewöhnlichen Landwein sind es gerade mal 50 Rappen. Damit wäre der Aufwand für die Ernte nicht gedeckt. 

Rekordjahr zu viel für AOC-Standards

Für die zahlreichen reifen Trauben war der Jahrhundertsommer verantwortlich. So viele Erntemengen wie in diesem Jahr, habe er noch nie erlebt, sagt Boner. Die vielen Trauben hätten aufgrund des hohen Zuckergehalts Potential für einen Top-Jahrgang. Da es aber mehr Trauben gibt als das die AOC-Standards erlauben, müssen sie ungenutzt am Stock verfaulen. «Wenn die Rebbauern die Trauben dennoch ernten, wird die gesamte Ernte auf Landwein-Niveau heruntergestuft», sagt Jüstrich. 

Wimmeln Reben Winzer Weinlese Rebberg Trauben
Ueli Liesch ist überzeugt, dass nur einzelne Rebbauern tonnenweise Trauben verfaulen lassen mussten.
Olivia Item

«Graubünden Wein» sieht es gelassener

Während Boner die Wände hochgeht, sieht «Graubünden Wein» das alles ein bisschen gelassener. «Die meisten kommen gut zurecht mit der Natur, auf die man sich nie wirklich verlassen kann», teilt Präsident Ueli Liesch «blick.ch» mit. Liesch geht davon aus, dass nur einzelne Rebbauern davon betroffen seien. Er gesteht aber ein, dass in diesem Weinjahr für gute Qualität auch höhere Mengen hätten geerntet werden können. «Aber nun ist es zu spät», fügt Liesch noch hinzu. Hätte man dies bereits im Frühling beschlossen, sähe die Situation wohl ganz anders aus. 

Eine Aussage, die bei Boner auf völliges Unverständnis stösst. Der Malanser wünscht sich von der Branche mehr Flexibilität. Vor allem wenn von einem Bombenjahr die Rede ist. 

BEDEUTUNG VON AOC: Die AOC-Standards stellen die Qualität der Label-Weine fest. AOC-Weine müssen aus einem jeweils klar definierten geographischen Gebiet stammen, das von einem einzelnen Weinberg über eine oder mehrere Weinbaugemeinden bis zu einer ganzen Region reichen kann. AOC steht für Apellation d'Origine Contrôlée. 

Jürg Abdias Huber ist Multimediaredaktor bei «suedostschweiz.ch». Der gelernte Kaufmann aus der Stadt Zürich hat Multimedia Production studiert und lebt im Herzen von Chur. Er arbeitet seit 2018 für die Medienfamilie Südostschweiz. Mehr Infos

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Dann ist die Branche selbst schuld - da wird einmal mehr der Bürokratie die Schuld zugewiesen, dabei ist das Ganze Selbstbestimmung! Das stinkt nach Boulevard und billiger Schuldzuweisung. Seid doch etwas kreativer! Ihr könntet die Trauben zu pasteurisiertem Traubensaft verarbeiten oder macht ausnahmsweise einen Weinbrand, welcher sich jahrzehntelang hält oder was auch immer

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