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Altstadtkiosk sucht einen neuen Mieter

Annemarie Schneiders Kiosk ist mehr als ein Verkaufslokal. Nun geht sie in den Ruhestand. Doch bis ihr Vermieter einen Nachfolger gefunden hat, bleibt sie im vertrauten Lokal – die Stammkunden freuts.

Jérôme
Stern
25.01.18 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Der kleine Kiosk ist ihr Reich: Annemarie Schneider blickt mit gemischten Gefühlen nach vorne.
Der kleine Kiosk ist ihr Reich: Annemarie Schneider blickt mit gemischten Gefühlen nach vorne.
JÉRÔME STERN

Im Altstadtkiosk an der Rapperswiler Kluggasse begrüsst Kioskfrau Annemarie Schneider eine Stammkundin: «Wie immer?», fragt sie und schiebt der Frau eine Tageszeitung sowie eine Packung Zigaretten über den Tresen. Die Szene wird sich im Laufe des Tages mehrmals wiederholen. Doch damit ist bald Schluss, denn die 67-Jährige wird Ende März in den Ruhestand gehen. Sie habe sechs Tage die Woche geöffnet und nie Ferien gemacht, sagt sie. «Jetzt möchte ich es mal ruhiger angehen.»

Warten auf einen Nachfolger

Ihren Mietvertrag hat Schneider gekündigt. Allerdings hat sie ihrem Vermieter zugesagt, den Kiosk so lange weiterzuführen, bis ein Nachfolger das Geschäft übernimmt. Ihre Stammkunden im Stich zu lassen und diese womöglich ohne Lottoscheine, Zigaretten oder Zeitschriften zu lassen, käme ihr nicht in den Sinn.

Was ihre Kunden am winzigen Kiosk am meisten schätzen: Hier kann man mit der Verkäuferin über kleine und grosse Sorgen schwatzen. Niemand ist hier in unnötiger Eile. «Den Kontakt mit den Kunden werde ich sicher vermissen», sagt Schneider und begrüsst einen weiteren Stammkunden per Du.

Vermieter senkte den Mietzins

Seit bald acht Jahren betreibt sie den Kiosk. Einen riesigen Umsatz machte sie zwar nie, aber genug wars allemal. Doch als 2016 das Lokal «La Finca» ein paar Meter weiter an der Kluggasse schloss, schwand der Umsatz bedenklich. «Die Restaurantbesucher besorgten sich bei mir noch einen Lottoschein oder Zigaretten.» Diese Kunden hätten ihr nun plötzlich gefehlt, sagt Schneider. In dieser Situation kam ihr der Vermieter entgegen und senkte den Mietzins.

Tatsächlich liegt das Weiterbestehen des Kiosks auch den Vermietern, Stefan Vollenweider und seiner Ehefrau, am Herzen. «Wir beide wollen hier einen Kiosk», betont der bekannte Künstler aus Rapperswil-Jona. Er wohne nun schon seit über 30 Jahren in Rapperswil-Jona, und stets habe es in seiner Liegenschaft einen Kiosk gehabt. «Ausser als ich dort mein Atelier eingerichtet hatte», so Vollenweider.

Laut ihm gibt es drei, vier seriöse Bewerber, die den Kiosk übernehmen würden. Er rechne damit, bald einen Nachfolger für Schneider zu haben. Vollenweider verhehlt nicht, dass er auch Anfragen von Geschäftsbetreibern aus anderen Branchen erhielt. Aber in der Altstadt brauche es keinen weiteren Beauty-Salon oder Geschenkladen. «Das Geschäftsangebot wird hier immer einseitiger», sagt er. Er habe an dem von der Stadt initiierten Workshop zur Belebung der Altstadt teilgenommen. «Insofern finde ichs seltsam, dass eine Kioskbetreiberin eine Bewilligung braucht, um ein Tischchen auf die Gasse zu stellen.» Selbstverständlich sei auch er Altstadtkiosk-Kunde.

Ungewisser Blick in die Zukunft

Was sie nach dem Rückzug ins Privatleben machen wird, weiss Annemarie Schneider noch nicht. «Aber ich habe mir fest vorgenommen, regelmässig ins Fitness-Center zu gehen.» Im Sommer wolle sie wieder öfter zum Pétanque-Spielen ins Giessi-Areal gehen. Eine andere Leidenschaft bleibt ihr sicher auch erhalten: «Ich spiele regelmässig Lotto bei Euromillions. Allerdings gebe ich Acht, dafür nicht zu viel Geld auszugeben.»

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