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Preisabsprachen im Münstertal im grossen Stil

Im Münstertal haben Hoch- und Tiefbauunternehmen zwischen 2004 und 2012 bei mehr als 100 Ausschreibungen die Preise abgesprochen und gemeinsam bestimmt, wer den Zuschlag erhalten soll.

Südostschweiz
13.07.17 - 09:57 Uhr
Wirtschaft
Die Wettbewerbskommission hat im Münstertal über 100 Preisabsprachen aufgedeckt.
Die Wettbewerbskommission hat im Münstertal über 100 Preisabsprachen aufgedeckt.
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Die Untersuchung der Wettbewerbskommission wurde im Oktober 2012 mit Hausdurchsuchungen eröffnet. Es zeigte sich, dass die Foffa Conrad AG, die Hohenegger SA und weitere, inzwischen aufgelöste Münstertaler Bauunternehmen sich ab 2004 bis 2012 über Offerten abgesprochen haben. Damit haben sie im Münstertal die Ausschreibungen von öffentlichen und privaten Hoch- und Tiefbauprojekten manipuliert. Dies schreibt die Wettbewerbskommission auf ihrer Website.

Im Rahmen dieser Absprachen tauschten sich die genannten Unternehmen über ihre jeweiligen Interessen aus. Bestand Einigkeit, wurde jene Unternehmung bestimmt, die den Zuschlag erhalten soll. Die anderen Unternehmen boten ihre Leistung in der Folge zu höheren Offertpreisen an. Bis 2008 erfolgte diese Zusammenarbeit in Vorversammlungen, die vom Graubündnerischen Baumeisterverband (GBV) organisiert wurden. In den folgenden Jahren setzten die beteiligten Unternehmen die Zusammenarbeit ohne Mitwirkung des GBV fort. Zwischen 2004 und Herbst 2012 wurden so mehr als 100 Hoch- und Tiefbausubmissionen manipuliert und Preise abgesprochen.

Weko-Präsident Vincent Martenet sagte am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda, der Graubündnerische Baumeisterverband sei nicht direkt in die Absprachen involviert gewesen. Abgesprochen hätten sich die Unternehmensvertreter direkt untereinander.

Zusammenarbeit mildert Busse

Die Wettbewerbskommission berücksichtigt bei der Bussenfestsetzung unter anderem die Art und Schwere der Wettbewerbsbeschränkung, die finanziellen Verhältnisse sowie das Kooperationsverhalten der Unternehmen. Vorliegend verzichtete sie auf Sanktionen. Einer Unternehmung wurde die Busse vollständig erlassen, da sie die Abreden im Münstertal als erste meldete und sehr gut mit den Wettbewerbsbehörden kooperierte. Das zweite Unternehmen kooperierte ebenfalls und befindet sich zudem im Konkurs. Der Entscheid der Wettbewerbskommission kann an das Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden.

Eine lange Geschichte

Die Untersuchung im Münstertal ist eine von insgesamt zehn Untersuchungen in Graubünden. Alle Verfahren haben den Ursprung in jener Untersuchung, die am 30. Oktober 2012 im Unterengadin mit Hausdurchsuchungen eröffnet wurde. Diese wurde schrittweise ausgedehnt, so im April 2013 auf den gesamten Kanton Graubünden und andere Unternehmen und im November 2015 nochmals auf weitere Unternehmen. Mit der letzten Ausdehnung wurde die grosse Untersuchung aus prozessökonomischen Gründen in zehn Untersuchungen aufgeteilt. Von diesen Verfahren sind rund 40 Unternehmen betroffen, heisst es in der Mitteilung weiter.

Diesen Herbst ist mit weiteren Entscheiden der Wettbewerbskommission in kleineren Untersuchungen zu rechnen. Die betroffenen Unternehmen erhielten bereits Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen schriftlich zu äussern. Die Ermittlungen in den restlichen, noch nicht entscheidreifen Untersuchungen sind weitgehend abgeschlossen. Voraussichtlich können die Entscheidanträge des Sekretariates noch in diesem Jahr den Parteien zur Stellungnahme zugestellt werden.

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