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«Meine Familie ist mein grösster Erfolg»

Sie gilt als eine der schönsten Frauen Italiens, ist dreifache Mama, verliebte Ehefrau und Kämpferin für die Sache der Frau: Michelle Hunziker. Die 40-Jährige ist ein Multitalent. Im Gespräch mit der «Südostschweiz» verrät die gebürtige Schweizerin, was sie bewegt.

03.01.18 - 04:30 Uhr
Stars & Sternli
PRESSEBILD

Dass die italienisch-schweizerische Moderatorin und Entertainerin Michelle Hunziker eine durch und durch bodenständige Person ist, beweist allein schon ihre Werbepartnerschaft mit dem Schweizer Käselabel Emmentaler AOP. Für dieses wirbt die gebürtige Bernerin schon mehrere Jahre.

Die Käsemarke war es dann auch, die kürzlich die 40-Jährige für zwei Tage ins Emmental holte und in dessen Rahmen sich Hunziker mit der «Südostschweiz» zum Gespräch traf.

Eine strahlende Michelle Hunziker begrüsst ihr Gegenüber zum Gespräch, steht kurz auf, um mit einem festen Händedruck die Schreibende zu begrüssen und sogleich alles klarzumachen: «Ich bin Michelle.» Förmlich mag es die lebenslustige dreifache Mama ganz und gar nicht. Plötzlich ertönt das Signal für eine eingegangene Textnachricht. «Entschuldigung, das ist mein Mann, ich muss ihm kurz antworten, dass es mir gut geht und ich heute Abend wie geplant zu Hause ankomme.» Sagts, und schon nimmt sie mit einem riesengrossen Lachen auf den Lippen eine Sprachnachricht auf, um diese sogleich an ihren Liebsten zu schicken.

Michelle, stehen du und dein Mann ständig in Kontakt, auch wenn Du in der Schweiz bist?

(strahlend) Ja, wir sind immer noch sehr verliebt – und das nach sechs Jahren. Wir telefonieren mindestens sieben- bis achtmal täglich. Und wenn sich einer von uns mal länger nicht meldet, dann machen wir uns Sorgen. Das ist einfach wunderschön.

Eine perfekte Beziehung also?

Nicht perfekt, manchmal ist es auch anstrengend und hart, aber das ist jede Beziehung. Aber ja, meine Familie, meine Ehe, das ist der grösste Erfolg meines Lebens. Ich habe das Glück, mit meinem Mann eine intensive Beziehung zu leben und einen gemeinsamen Weg gehen zu dürfen.

Michelle, auf deiner Website heisst es «sunny and not always taking herself seriously», ist das dein Schönheitsrezept, dich nicht immer ganz so ernst zu nehmen?

Oh ja. Ich nehme mich nie ernst, das ist mein Rezept. Es gibt genügend Dinge im Leben, die man wirklich ernst nehmen muss. Aber damit man gut leben kann, muss man auch ein wenig ironisch sein, um das Glück zu erkennen.

Glück ist aber nicht selbstverständlich, das fliegt einem nicht einfach so zu.

Nein, das nicht. Mein Rezept fürs Glücklichsein ist Dankbarkeit. Wenn ich morgens aufstehe, sage ich mir: Danke, für einen schönen neuen Tag. Danke, dass es meinen Kindern gut geht. Denn es ist schön, sie zu haben, und es ist schön, neben meinem wunderbaren, charmanten Ehemann aufzuwachen. Das ist meine Basis.

Warst du schon immer so, oder hast du das im Leben gelernt?

Nein, ich glaube, das liegt in meinen Genen. Denn auch mein Vater und meine Mutter waren und sind zwei ganz positive Menschen. Aber es ist auch etwas, das ich gesehen habe bei meinem Vater. Mein Vater hatte ganz viele Probleme und war ein sehr sensibler Mensch – er war alkoholabhängig. Aber er hat nicht ein einziges Mal schlecht über jemand anderen gesprochen. Er war immer fröhlich, hat mich immer in die Natur gebracht, hat mir immer Witze erzählt, war einfach eine positive Person.

Dein Vater war Schweizer, deine Mutter ist Holländerin, du lebst in Italien. Was kommt da am meisten in dir zum Ausdruck?

Lustigerweise gibt es Verschiedenes, wo ich ganz genau merke, ich bin wirklich Schweizerin. Und meine Freunde in Italien sagen mir das auch immer wieder. Wenn ich zum Beispiel sage nein, jetzt wird gearbeitet. Dann sagen die jeweils ‘andiamo bero un café’ – komm, lass uns einen Kaffee trinken. Disziplin ist sicher eine meiner typischen Schweizer Eigenschaften. In Italien sagen sie: ‘la Svizzeri tudine’.

Und worin bist du Italienerin?

Italien hat mir die Leichtigkeit vermittelt. Also die Leute – obwohl Italien momentan in einer ganz grossen Krise steckt und viele Menschen nicht wissen, wie sie am Ende des Monats die Miete bezahlen und ob sie überhaupt noch etwas für die eigenen Kinder auf den Tisch bringen können – sind immer positiv. Dies ist von mir aus gesehen ein ganz grosses Überlebenskonzept. Ein Italiener weiss einfach, wie man überlebt und wie man gut lebt. Das ist das, was mir Italien vermittelt hat. Das Geniesserische.

Bleibt dir denn genügend Zeit, um das Leben zu geniessen? Du hast drei Kinder – eine erwachsene Tochter, zwei kleine Töchter, einen Ehemann … wie bringst du das alles unter einen Hut?

Wie alle anderen berufstätigen Mütter auch. Wir Frauen haben das einfach in den Genen. Wir Frauen wissen ganz genau, wenn wir uns für Familie – Mann und Kinder – entscheiden und dazu auch unseren Job nicht aufgeben wollen, dann dürfen wir nicht klagen. Dann braucht es einfach auch mehr Engagement. Wir sind einfach mit diesem Gen geboren. Wir Frauen wissen, wie wir strategisch alles unter einen Hut bringen.

Dann sind wir Frauen auch Überlebenskünstlerinnen?

Ja, klar. Andererseits macht es auch ganz viel Spass. Weil ich weiss, der Job ist mein Ausgleich, und wenn ich danach nach Hause komme, dann ist da diese Energie. Ich bin glücklich, und das vermittle ich auch meinen Kindern.

Hast du nie das Gefühl des Hin-und- Hergerissenseins zwischen dem Job und Deiner Familie?

Oh doch, immer. Und das ist ganz schlimm. Ich kämpfe jeden Tag mit diesen Schuldgefühlen, seit Aurora auf der Welt ist, also seit 21 Jahren. Aber ich habe ständig meine Mutter im Hinterkopf, die mir einmal gesagt hat: ‘Eines Tages gehen die Kinder aus dem Haus, und darum ist es wichtig, dass du dich auch liebst, und du musst etwas für dich tun.’

Ich merke aber auch, dass es meinen Kindern gut tut, wenn ich nicht immer da bin. Denn auch sie spüren meine Zufriedenheit und respektieren es, das auch ich mein eigenes Leben habe. Aber natürlich schmerzt es mich, wie alle Mamis. Gerade jetzt zum Beispiel – ich bin zwar hier, aber ich denke auch an meine Mädchen. Jetzt sind sie nämlich gerade von der Schule nach Hause gekommen, und da kommen so Gedanken auf wie ‘hoffentlich haben sie gegessen’. (lacht)

Hast du einen Tipp, wie man das als Frau und Mama lösen kann?

Der einzige Tipp, den ich geben kann, ist wirklich zu versuchen, sich selber zu lieben. Das hört sich vielleicht altbacken an, aber eigentlich ist das ein wichtiges Rezept im Leben. Weil wenn man sich selber lieben kann, dann liebt man die anderen auch. Das heisst, du weisst, wie du anderen Menschen Liebe vermitteln kannst. Wichtig ist es als Frau, keine Kompromisse einzugehen, was die eigene Selbstverwirklichung anbelangt. Ein klein wenig Egoist muss jede Frau sein.

Du setzt dich seit vielen Jahren für die Rechte von Frauen ein.

Ich bin Feministin. Ich versuche meinen Töchtern mitzugeben, dass sie selber in ihrem Leben immer die Nummer eins sind. Nur dann können sie Liebe weitergeben. Und gerade für Frauen ist das wichtig, weil Frauen im Gegensatz zu Männern immer das Gefühl haben, schuld zu sein. Diese ewigen Schuldgefühle und immer sich selber die Schuld zu geben.

Wie oft denken sich Frauen, wenn es ihrem Mann nicht gut geht, dann hätten sie etwas falsch gemacht. Wenn ihr Mann sie schlägt, dann suchen sie die Schuld bei sich und denken sich, sie hätten ihn dazu gebracht. Frauen haben die Tendenz, immer sich selber die Schuld zu geben.

Wie sollten Frauen denn denken?

Jede Frau sollte täglich zu sich selber sagen: ‘I come first – ich komme als Erstes.’

Dieses Thema beschäftigt dich schon länger?

Ich habe seit zehn Jahren in Italien eine Stiftung mit dem Namen ‘Doppia Difesa’ (Doppelte Verteidigung), und wir setzen uns für Frauenrechte, gegen häusliche Gewalt und gegen Stalking ein. Ich habe selber auch Kontakt zu diesen Frauen. Es gibt Hunderte von Frauen, zu denen ich Kontakt hatte, die vergewaltigt wurden und die mir gesagt haben: ‘Michelle, ich habe sofort gedacht, als ich vergewaltigt wurde, was habe ich falsch gemacht.’

Genau das ist in uns Frauen drin. Denn es ist heute wichtiger denn je, auch wenn man viel über Emanzipation spricht, dass Emanzipation nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt.

Dieses Engagement ist dir wichtig?

Ja, enorm wichtig. Für mich ist meine Stiftung wie ein weiteres Kind. Für mich ist es ganz wichtig, dass man es schafft, gegen Gewalt zu kämpfen. Beispielsweise haben wir am 1. November am römischen Filmfestival einen Kurzfilm gezeigt. Das ist etwas, das mir ganz stark und fest am Herzen liegt. Der Film heisst «Ermordet im Namen der Gerechtigkeit».

Worum geht es in diesem Film?

In Italien wurden seit Anfang des Jahres 125 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet. Die Motive drehen sich immer um irgendeine Art von Eifersucht. Das Tragische an all diesen Geschichten ist aber, dass all diese Frauen diese Männer im Vorfeld der Tat angezeigt hatten, aber niemand sie ernst genommen und geschützt hat. In Italien werden solche Anzeigen einfach nicht ernst genommen. Gleichzeitig haben wir von der Stiftung am 1. November einen neuen Gesetzesvorschlag eingereicht, der diesen Missstand endlich aufheben soll.

Du bezeichnest dich selber als Feministin – wie drückt sich das aus?

Ich bin jetzt nicht so eine Feministin, die den Mann heruntermachen möchte. Ich bin immer hundertprozentig gegen Diskriminierung. Männer sind wichtig für mich und für alle, aber Feministin zu sein, heisst für mich für Gleichberechtigung, zu kämpfen, damit endlich alle, egal, ob Mann oder Frau, die gleichen Rechte haben. In Italien sind wir ganz weit davon entfernt. Für mich fängt Gleichberechtigung schon in der Familie an.

Am Morgen gleich nach dem Aufstehen, wenn die Aufgaben für den Tag verteilt werden, da beginnt es schon. Denn wir müssen aufhören zu sagen, dass Emanzipation und Gleichberechtigung Tatsache werden müssen, und in unseren Familien sind wir weit von Gleichberechtigung entfernt.

Das heisst, dein Mann bringt dir am Morgen den Kaffee ans Bett?

Nein, mal bringe ich ihm einen Kaffee ans Bett und am nächsten Morgen er mir. Oder an einem Morgen wie heute, wenn ich beruflich unterwegs bin, dann ist es für meinen Mann selbstverständlich, dass er unsere Mädchen in den Kindergarten bringt. Das ist Gleichberechtigung, das ist wirkliche Partnerschaft.

Ihr beide versucht das vorzuleben?

Ja, das muss so sein, sonst wäre ich nicht glaubwürdig.

Bei dir und deinem Mann könnte man aber auch meinen, da gibt es genügend Nannys, die sich um die Kinder kümmern?

Nein nein, das ist ganz und gar nicht so. Wir haben zwar Unterstützung von einer Nanny, aber mir ist es wichtig, dass meine Kinder mit mir und meinem Mann aufwachsen.

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