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Weltmeister Marco Odermatt bleibt trotz Federer-Vergleich demütig

Marco Odermatt spricht nach seinem WM-Titel in der Abfahrt über Roger Federer, Nervosität, das Giganten-Duell mit Aleksander Kilde und die perfekte Fahrt.

Agentur
sda
12.02.23 - 16:51 Uhr
Ski alpin
Selbstbewusst und doch bescheiden: Marco Odermatt
Selbstbewusst und doch bescheiden: Marco Odermatt
KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Marco Odermatt, wie fühlen Sie sich als Abfahrtsweltmeister?

«Es fühlt sich super an, zumal die letzten Tage nicht die leichtesten waren. Nach dem nicht perfekten Super-G (4. Platz - die Red.) wusste ich, dass auch in der Abfahrt etwas möglich ist. Aber dass es so perfekt läuft wie heute, habe ich nicht erwartet. Mit der ganzen Knie-Geschichte und dem Umstand, dass alle schwierigen Kurven auf den linken Fuss drücken, war das Vertrauen so lala. Unterwegs spürte ich aber, dass die Fahrt gut ist. Ich hatte ein gutes Gefühl und einen guten Speed und pushte bis zum letzten Tor. Das war definitiv meine beste Abfahrt bislang. Das Timing dafür war perfekt.»

War es vielleicht sogar nicht nur Ihre beste Abfahrt, sondern das beste Rennen?

«Das ist gut möglich. Da ich die Fahrt selber noch nicht gesehen habe, kann ich es noch nicht abschliessend sagen. Vom Gefühl her weiss ich nicht, wo ich noch ein paar Hundertstel schneller hätte sein können. Ich fing oben gut an und schenkte unten keinen einzigen Zentimeter her. Genau das hat es gebraucht. Als ich im Ziel war, wusste ich schon, dass es sehr weit nach vorne reichen kann. Denn anders als im Super-G fuhr ich nicht zu vorsichtig.»

Sie wussten, dass es mehr Risiko braucht.

«Genau. Ich wusste, dass ich eine perfekte Fahrt zeigen musste, vor allem nach meinen Schwierigkeiten in den Trainings. Mir war klar, dass es sonst nicht für eine Medaille reichen würde, dass es etwas Spezielles braucht, und ich 'all-in' gehen muss. Das war einer der grossen Unterschiede im Vergleich Super-G. Dass ich in der Abfahrt nicht der Topfavorit war, half diesbezüglich. So musste ich nicht abwägen zwischen Risiko und Kontrolle.»

Ist dieser WM-Titel vor dieser Kulisse noch eine Steigerung zum Olympiasieg in China ohne Publikum?

«Ich stelle beides auf die gleiche Stufe - beides war sehr speziell. Aber ja, solche Emotionen wie heute hatte ich im Ziel während des Rennens noch nie. Als Aleksander Kilde, der beste Abfahrer der Welt, unterwegs war, zitterte ich am ganzen Körper. So nervös war ich noch nie.»

Johan Clarey bezeichnet sie als Roger Federer des Skisports.

«Na ja, Roger hat einige grössere Dinge geleistet als ich. Aber das sind definitiv nette Worte von Johan. Wie Roger ist es auch mir wichtig, dass ich bescheiden bleibe und den Respekt für die anderen Athleten nie verliere.»

Sie sind jetzt Weltmeister, Olympiasieger und Gesamtweltcupsieger. Was soll als Nächstes kommen?

«Für diese Frage ist es noch zu früh. Ich habe jetzt alles Wichtige. Aber wenn du etwas einmal gewinnst, willst du es auch ein zweites Mal.»

Einmal mehr belegten Sie und Kilde die ersten beiden Plätze. Wie empfinden Sie dieses Duell?

«Ich würde genau das Gleiche wie Aleks sagen. Er hat das genau richtig beschrieben: dass das Duell zwischen uns extrem cool ist, dass wir einen guten Umgang untereinander pflegen und grossen Respekt füreinander haben. Wir können uns auch für die Erfolge des anderen aufrichtig freuen. Das Gute in unserem Sport ist, dass er so simpel funktioniert: Der mit der besten Zeit gewinnt. Wir müssen uns nicht aus dem Weg boxen und sind nicht auf eine Jury angewiesen. Wenn einer schneller ist, dann hat er den Sieg auch verdient. So einfach ist das.»

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