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Nicht immer war sich Beat Feuz in Kitzbühel der Sache sicher

Beat Feuz zieht sich dieser Tage als Spitzensportler zurück. Er tut dies in Kitzbühel nach zwei Abfahrten auf der Streif, die für ihn für grosse Emotionen und grosse Siege steht.

Agentur
sda
19.01.23 - 06:00 Uhr
Ski alpin

Es hat lange nicht sollen sein. Lange hat die Streif Beat Feuz die kalte Schulter gezeigt, dieses furchteinflössende Monster von Abfahrtspiste mit ihren vielen Tragödien, die auf dem Operationstisch endeten und am Anfang langer Zwangspausen standen, Scharfrichter so mancher Karriere.

Feuz blieb am Hahnenkamm in all den Jahren von gravierenden körperlichen Schäden verschont. Dramen der besonderen Art erlebte aber auch er. Vor neun Jahren fiel er innert zwei Tagen gleich zweimal hin, im Super-G-Training und in der Abfahrt. Mit einer beim ersten Sturz erlittenen Verletzung am rechten Sprunggelenk kam er verhältnismässig glimpflich davon.

Heil überstand Feuz auch den Umfaller drei Jahre später, zwölf Monate, nachdem er ein erstes Mal Zweiter geworden war. Umso grösser war der seelische Schmerz, zumal das Missgeschick mit dem sicher geglaubten Sieg vor Augen passierte. 72 Hundertstel hatte bei der Zwischenzeitnahme am Hausberg sein Vorsprung auf den nachmaligen Gewinner Dominik Paris betragen, als das Unfassbare geschah. Feuz kam in der Traverse vom Weg ab und fand sich statt auf der obersten Stufe des Podiums in den Fangzäunen wieder.

In den drei Wintern danach war Feuz ausnahmslos nahe dran, Verpasstes nachzuholen, drei weitere Male wurde er Zweiter. Auf den Italiener Peter Fill folgte mit dem Deutschen Thomas Dressen ein weiterer Aussenseiter, der schneller war, dann standen wiederum Fills Landsmann Paris sowie der Österreicher Matthias Mayer dem Emmentaler vor der Sonne.

Die doppelte Zähmung

Die Sieger wechselten, Feuz blieb die Konstante. Diese Kontinuität liess es nicht zu, dass Feuz von «Niederlagen» sprach. Vielmehr bestärkte sie ihn im Glauben, dass sein grosser Traum eines Tages doch noch Wirklichkeit werden könnte, das Pendel dereinst zu seinen Gunsten ausschlagen wird.

Vor zwei Jahren war dieser Tag da. Nein, diese Tage waren da. Die Zähmung der Widerspenstigen war gelungen. Im elften Anlauf war es endlich geschafft. Feuz siegte ein erstes Mal - und 48 Stunden später gleich noch ein zweites Mal. Dem Double folgte in der vergangenen Saison der dritte Streich. Drei Siege - ein dreifacher Segen für einen wie Feuz, der Erfolge auf der Streif wie am Lauberhorn über alles stellt.

Der Entscheid, seine Karriere in diesen Tagen zu beenden, soll auch Ausdruck dieser Wertschätzung für Kitzbühel sein. Den Zeitpunkt für den Abgang hat Feuz aber auch aus Vernunft gewählt. Er will mit dem «Leben am Limit» abschliessen, er ist nicht mehr bereit, das Risiko als Leidenschaft auszuleben. Der Athlet mit dem immensen Feingefühl in den Füssen hat das Gefühl, die körperlichen Grenzen erreicht zu haben. Für ihn haben sich die Lebensinhalte verschoben. Er will mehr Zeit mit seiner Familie verbringen, mit Lebenspartnerin Katrin Triendl und den Töchtern Clea und Luisa.

Das weissere Gesicht

Vor 13 Jahren stellte sich Feuz der Herausforderung Streif ein erstes Mal. Es war erst sein sechster Start in einer Weltcup-Abfahrt, hinter ihm lagen der Kreuzbandriss im linken Knie, das die Agenda des Spitzensportlers Feuz in ungeahntem Mass mitbestimmen sollte, und die ersten zwei von drei komplett verpassten Saisons.

Feuz schilderte seine Erinnerungen einst in einem Gespräch vor Ort. «Ich war erstmal nervös. Die 'Räuberschichten' werden einem jungen Fahrer natürlich auch erzählt. Man geht hoch an den Start und denkt sich, dass es wirklich steil und schwierig ist. Aber dann kommt das Gefühl, dass man auf dieser Piste fahren kann. Wenn man aber den ersten Fahrern zuschaut beim Start, ist man sich der Sache nicht mehr so sicher. Dann wird man vielleicht auch noch mal ein bisschen weisser im Gesicht.» Feuz reichte es bei der Premiere zum 31. Rang mit 2,41 Sekunden Rückstand auf den damaligen Dominator Didier Cuche. Für den Neuenburger war es der dritte von fünf Siegen in Kitzbühel.

Mit rund drei Dutzend Fahrten gehört Feuz mittlerweile zu den Erfahrensten im Starterfeld in Kitzbühel. Noch zweimal wird er versuchen, diese Routine auszuspielen, noch zweimal hat er die Möglichkeit für Einträge in seine stattliche Erfolgsbilanz. Noch zweimal wird er sich ins Zeug legen, für jeweils knapp zwei Minuten muss und will er am Freitag und am Samstag der hochgradig fokussierte Rennfahrer sein. Die Streif verzeiht auch einem Feuz keinen Schlendrian.

Und wenns bei diesen letzten «Streif-Zügen» nicht klappen sollte mit weiteren Spitzenplatzierungen? Dann ists für Feuz nicht allzu tragisch, wie er bei der Erklärung seines Rücktritts vor dem Jahreswechsel in Bormio gesagt hat. Dann hat es nicht sollen sein.

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