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«Ich war noch nie vollständig im Flow»

Loïc Meillard wartet in diesem Winter noch auf den resultatmässigen Befreiungsschlag. Rang 5 im Slalom in Wengen ist für den Westschweizer das bislang beste Ergebnis.

Agentur
sda
23.01.24 - 04:00 Uhr
Ski alpin
Loïc Meillard wartet in dieser Saison noch auf den Befreiungsschlag
Loïc Meillard wartet in dieser Saison noch auf den Befreiungsschlag
KEYSTONE/AP/Marco Trovati

Mit Schladming steht für den 27-jährigen Meillard der Ort seines grössten Erfolgs im Weltcup vor der Tür. Vor Jahresfrist gewann er auf der Planai unter Flutlicht den Riesenslalom vor seinem Teamkollegen Gino Caviezel.

Loïc Meillard, im zweiten Lauf des Slaloms in Kitzbühel büssten Sie noch zwei Positionen ein. Wie lautet Ihre Bilanz des Rennens?

«Ich bin nicht zufrieden. Ich habe es nicht geschafft, mein bestes Skifahren zu zeigen. Das ist schade.»

Da ist es vielleicht gut, dass es im Weltcup Schlag auf Schlag weitergeht und nun ein Riesenslalom und ein Slalom in Schladming folgen. Nach Ihrem letztjährigen Sieg im Riesenslalom müssen Sie mit positiven Gefühlen anreisen.

«Es ist ein schöner Hang, auf dem mir letztes Jahr einige gute Sachen gelungen sind. Ich hoffe, das wird auch dieses Jahr so sein. Aber letztlich sind es nur Erinnerungen. Sehr schöne, ja, aber das Ganze ist eben auch Vergangenheit. Was ich letztes Jahr erreicht habe, wird mich dieses Jahr nicht schneller machen. »

Sie legten vor Jahresfrist die Differenz zur Konkurrenz im ersten Lauf. Ausser Gino Caviezel verloren alle Fahrer mehr als eine Sekunde. War es vielleicht sogar der beste Lauf Ihrer Karriere?

«Nein. Es war ein guter, aber nicht mein bester Lauf. Der Unterschied zur Konkurrenz war, dass ich diese eisigen Verhältnisse sehr mochte und mich mit dem richtigen Set-up sofort wohlgefühlt habe.»

Haben Sie mit den Verantwortlichen in Schladming telefoniert und ihnen gesagt, sie sollen alles wieder genau gleich präparieren?

«Das war nicht nötig, die machen das immer gut. Vom Wetter her sieht es allerdings nicht wirklich gut aus für eine eisige Piste. Aber es ist, wie es ist. Wer vorne sein will, muss bei allen Bedingungen gut Ski fahren.»

Marco Odermatt, Cyprien Sarrazin und Manuel Feller befanden sich in dieser Saison alle schon mal im Flow. Haben Sie einen solchen Zustand auch schon einmal erreicht?

«Wohl noch nie vollständig, nein.»

Sind Sie zu fest Kopfmensch?

«Teilweise stimmt das. Ich überlege manchmal zu viel, auch will ich es teils zu perfekt machen. Gleichzeitig muss ich sagen, dass jedes Mal, wenn ich einem Flow nahekam, ich mir den Kopf angeschlagen habe und schnell wieder zurück in der Realität war.»

Knapp die Hälfte der Rennen in dieser Saison sind gefahren. Wie lautet Ihre persönliche Zwischenbilanz?

«Im Riesenslalom war mein Start in die Saison etwas kompliziert, im Slalom hingegen war einiges doch ganz gut. Es ist noch alles möglich.»

Im Gegensatz zum letzten Jahr, als Sie Mitte Januar schon mit Podestplätzen im Super-G, Riesenslalom und Slalom dastanden, kamen Sie in diesem Winter noch nicht über den 5. Rang hinaus. Wie fest sind Sie am Grübeln, dass es mit dem Podium noch nicht geklappt hat?

«Nicht gross. Ich hatte bislang mehr an anderen Dingen zu studieren. Aber klar: Jeder Athlet steht am Start, um aufs Podest zu fahren. Ich habe früher gezeigt, dass ich das kann. In dieser Saison hat es leider noch nicht geklappt, einige Male fehlten nur Kleinigkeiten. Aber so ist der Sport. Es gilt weiterzuarbeiten, damit sich das ändert.»

Mit den anderen Dingen sprechen Sie wohl die Probleme mit Ihrer neuen Skibindung an, die sowohl beim letztlich annullierten Riesenslalom in Sölden als auch bei dem in Adelboden aufging. Was waren Ihre Gedanken, als Sie plötzlich nur noch mit einem Ski unterwegs waren?

«Zunächst war es sehr schwierig, mich damit abzufinden. Mittlerweile geht es besser. Solche Dinge können halt passieren. Und es gibt nichts, das ich persönlich anders machen könnte. Schwierig zu akzeptieren ist, dass es nur in zwei Rennen, aber nie im Training passiert ist. Da gibt es Fragezeichen: Wieso geht die Bindung jetzt in Adelboden auf und nicht in Val d'Isère, wo es sehr viele Schläge hatte? Und vielleicht doch auch: Was könnte ich anders machen, obwohl es nicht mein Fehler ist? Immerhin im Slalom funktioniert alles sehr gut.»

Ich merke: Sie machen sich viele Gedanken.

«Ich überlege und analysiere wohl eher zu viel.»

Haben Sie von den Verantwortlichen Ihres Ausrüsters Antworten auf Ihre vielen Fragen erhalten?

«Wir haben gemerkt, dass irgendetwas noch nicht genügend hält. Aber es braucht noch mehr Zeit, um genau zu wissen, worum es sich handelt.»

Beeinflusst das Geschehene Ihr Skifahren?

«In Adelboden spielte es im Slalom sicher eine Rolle in meinem Kopf. Der erste Lauf war schlecht, das hing sicher mit dem Frust von tags zuvor zusammen. Aber mittlerweile habe ich im Training wieder viele Kilometer zurückgelegt. Das half, um wieder an Vertrauen zu gewinnen.»

Sie sind nach wie vor der Einzige, der mit dieser Bindung fährt?

«Ja. Aufgrund der Probleme in den Rennen dauert es nun leider etwas länger als geplant.»

Frisst das nicht Energie?

«Klar ist es Arbeit, führt es zu Diskussionen und braucht Energie. Auch kann ich den Fokus nicht auf etwas anderes legen. Aber dieser Prozess ist sehr spannend. Am Ende steht hoffentlich eine funktionierende Bindung, die der ganzen Firma und den anderen Athleten hilft.»

Vor einigen Jahren haben Sie beim freien Skifahren in Japan bei einem Sturz schwere Schnittverletzungen am Bein erlitten. Kamen diese Bilder wieder hoch bei Ihnen, als Sie von Aleksander Kildes Sturz in Wengen hörten?

«Ein bisschen schon. Zuerst in Bormio beim Sturz von Christof Innerhofer, dann wieder bei Kilde. Das sind Momente, die man niemandem wünscht.»

Teilweise wären sie vermeidbar.

«Genau. Ich trage seither schnittfeste Unterwäsche. Damit kann man zumindest das Risiko solcher Verletzungen verringern. Aber hundertprozentige Sicherheit gibt es nie.»

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