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Ryan O'Connor: «Meine Freunde konnten es kaum glauben»

Der HC Davos geht in der Rekrutierung der Ausländer einen neuen Weg: Mit Ryan O'Connor wird in der NLA erstmals ein «Söldner» tätig sein, der direkt aus der kanadischen Juniorenliga zu den Profis wechselt.

Südostschweiz
14.06.13 - 08:30 Uhr

Eishockey. – «Mein Weg ist ungewöhnlich», sagt Ryan O'Connor. Der 21-jährig junge, scheu lächelnde Kanadier, sitzt in der Garderobe des HC Davos. Wenn er seinen erst zwei Tage zuvor unterschriebenen Vertrag mit dem Schweizer Rekordmeister tatsächlich erfüllen wird (oder erfüllen kann), dann wird diese Kabine bis 2018 sein «Zuhause» sein.

Der HCD und O'Connor begehen in der Tat neue Pfade. Der Verteidiger spielte die letzten fünf Jahre in der Ontario Hockey League (OHL), einem der drei Ligen, die mit der WHL und QMJHL zusammen die Canadian Hockey League (CHL), die beste kanadische Juniorenliga, bilden. Somit wird O'Connor in seiner allerersten Saison als Profi gleich ein Importspieler der Nationalliga A sein.

Via Lemieux' Sohn

Nicht über sieben, aber immerhin vier Ecken kam dieser ungewöhnliche Transfer zustande. O'Connor spielte bei den Barrie Colts, seinem letzten OHL-Klubm gemeinsam mit Brendan Lemieux. Der 17-Jährige ist Sohn der NHL-Legende Claude Lemieux, dieser wiederum wurde O'Connors Agent. Lemieux seinerseits arbeitet auch mit einer Schweizer Spielervermittler-Agentur zusammen, über welche schliesslich der HCD auf O'Connor aufmerksam wurde. Angebote hatte der Kanadier auch von nordamerikanischen Klubs aus der AHL oder gar ECHL. «Doch diese entsprachen nicht dem, was ich wollte», erklärt O'Connor.

Über Davos habe er nicht viel gewusst, gesteht er. «Allerdings wusste ich, dass der Eishockeyklub weltbekannt ist. Joe Thornton, Rick Nash oder Patrick Kane haben dort schon gespielt. Also dachte ich: Da will ich auch hin!» Er habe gefühlt, dass die Option Davos für ihn die beste sei: «Als ich das Angebot erhielt, sagte ich sofort zu. Für mich ist das eine Riesengelegenheit.»

Noch zu Beginn dieses Jahres hätte er nie daran gedacht, ein «Söldner» in Europa zu werden, gesteht O'Connor. Als er nun seinen Freunden mitgeteilt habe, er gehe nach Europa, sei die Reaktion einhellig gewesen: «Sie konnten das nicht glauben», sagt O'Connor und lacht. Diesen Weg kann er in erster Linie auch darum gehen, weil er in der NHL nie gedraftet wurde, trotz anständiger Skorerwerte und Führungsrollen – sowohl bei Barrie als auch zuvor in Saginaw war er Captain des Teams. «So läuft das halt im Eishockey», sagt O'Connor dazu lapidar. Sein Ziel sei es, in ein paar Jahren zurück nach Nordamerika zu kehren, den NHL-Traum hat er noch nicht abgeschrieben.

Es droht die Bank

«Ich will hier in Davos mein Spiel verbessern», sagt O'Connor. Er ist äusserst erwartungsfroh, weil er dies unter Trainer Arno Del Curto tun kann: «Arno wirkt intensiv und kennt das Spiel. Ich habe gehört, dass er hier eine lebende Legende ist. Es ist mir eine Ehre, von jemanden wie ihn gecoacht zu werden.» Er weiss, dass die Erwartungen vom Trainer zu Beginn noch relativ tief sind: «Es folgt für mich nun ein Lehrjahr. Ich bin froh, wenn der Trainer von mir nicht verrückte Dinge wie 100 Skorerpunkte erwartet …»

O'Connor weiss aber ebenso, dass er – Importstatus hin oder her – als 21-jähriger Rookie nur einer von aktuell zehn HCD-Verteidigern ist. «Ich werde vielleicht auch mal überzählig sein. Das werde ich aber nicht als etwas Schlechtes ansehen, da es mein erstes Jahr hier ist», sagt er. Entsprechend ist O'Connor im Moment ein «Billigausländer» für den HCD. Sein Vertrag ist ebenso besonders. Er kann vom HCD von Jahr zu Jahr je nach Leistung verbessert werden, aber auch Ende jeder Saison gekündet werden. O'Connor seinerseits kann unter Umständen nach drei Jahren nach Nordamerika zurück.

Keine Frage, O'Connor ist ein Spieler, der offen für Neues ist. Dies bewies er vor zwei Jahren mit einer ebenfalls ungewöhnlichen Aktion. Als ihn der kanadische Unihockeyverband für eine Teilnahme an der U19-WM in Deutschland anfragte, sagte er spontan zu. «In Kanada spielen halt nicht so viele Leute diesen Sport», erklärt er. Und es gilt zweifellos nicht nur für die Fans des HC Davos, sondern auch für dessen Trainer, der sagt: «Ich bin sehr gespannt auf Ryan.» (kk)

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