Jetzt wird auch in Graubünden «gepadelt» - ein Boomsport kommt in die Region
In St. Moritz steht die höchste Padelanlage Europas. In Domat/Ems wurden jüngst zwei neue Plätze gebaut. Weshalb der Padelboom auch Graubünden erreicht. Und wieso der Sport in die Berge passt.
In St. Moritz steht die höchste Padelanlage Europas. In Domat/Ems wurden jüngst zwei neue Plätze gebaut. Weshalb der Padelboom auch Graubünden erreicht. Und wieso der Sport in die Berge passt.
Ex-Fussballstar David Beckham tut es. Liverpool-Trainer Jürgen Klopp hat eine eigene Halle. Genauso wie Zlatan Ibrahimovic. Padel. Dieser Mix aus Tennis und Squash (siehe Box), der den Weg von Mittelamerika nach Europa gefunden hat und in den vergangenen Jahren einen wahren Siegeszug startete. Padel ist in. Padel boomt. Mit etwas Verzögerung auch in der Schweiz. 2010 wurde im Raum Zürich die erste Padelanlage der Schweiz eröffnet. Mittlerweile gibt es landesweit über 100. Nun findet die Sportart auch nach Graubünden. Nach St. Moritz eröffnete Domat/Ems am vergangenen Wochenende den zweiten Padelplatz im Kanton. Auf dem Gelände des Tennisklubs stehen nun zwei Padelcourts.
Einfacher als Tennis
Anruf bei Maria Laura Eldahuk. Die 46-Jährige ist Präsidentin von Graubünden Tennis und Leiterin der Tennisschule Engadin Spirit in St. Moritz. Und sie gerät ins Schwärmen, wenn sie über Padel spricht. Supereinfach zu erlernen sei die Sportart, sagt sie, einfacher als Tennis. So, dass viel schneller ein richtiges Spiel entstehe. «Die Grundtechnik ist einfacher, was dazu führt, dass der Spassfaktor schneller aufkommt», so Eldahuk. Weil Paddel ausschliesslich im Doppel gespielt wird, sei auch das Gemeinschaftsgefühl ausgeprägter.
Die Padelanlage in St. Moritz, in einer Tennishalle während Corona gebaut, war die erste überhaupt im Kanton – und ist die höchstgelegene in Europa. Die Einheimischen seien gegenüber der Sportart noch etwas skeptisch, sagt Eldahuk. Dank den ausländischen Touristen sei der Platz aber dennoch gut gebucht. «Gerade bei den Gästen aus Italien sind die Courts sehr gefragt», hat Eldahuk, deren Tennisschule mittlerweile auch Padelunterricht anbietet, bemerkt.
Von ungefähr kommt das nicht. Neben Spanien und Portugal gilt Italien als Padelhochburg Europas. Seit 1992 existiert eine WM, die alle zwei Jahre stattfindet, wobei sich Argentinien und Spanien sämtliche Titel bei Frauen und Männern aufteilten.
Alternative, keine Konkurrenz
Der Padelsport boomt. Was bei Tennispuristen nicht nur gut ankommt. Sie sehen im Padel eine Konkurrenz, die mit ein Grund ist, weshalb die Anzahl der Aktivspieler im Tennis in den letzten Jahren stagnierte oder gar leicht abgenommen hat. Gleiches gilt auch für die Anzahl der Tennisplätze in der Schweiz. Der Vorteil: Ein Tenniscourt bietet Platz für zwei Padelplätze – für die Vermieter ein lukrativer Deal. Auch beim Schweizer Tennisverband hat man das Potenzial von Padel erkannt. Das viele Geld, das mittlerweile weltweit umgesetzt wird, weckt Begehrlichkeiten. Im März dieses Jahres beschloss Swiss Tennis, die Verbandsstatuten um Padel zu erweitern. «Ziel ist es, die Entwicklung um den Betrieb der in der Schweiz noch sehr jungen Sportart zu fördern», heisst es. Kenner der Szene gehen davon aus, dass die beiden heute bestehenden Einzelverbände bald verschmelzen. «Dass dieses Miteinander funktioniert, sieht man etwa im Skiverband, der Dachorganisation diverser Disziplinen ist», so Eldahuk.
Sie sieht im Padel denn auch keine Konkurrenz für das Tennis. Im Gegenteil. «Die Padel-Community ist eine andere als im Tennis», sagt sie. «Weil es mittlerweile, wie in St. Moritz, einige Anlagen gibt, auf denen Tennis- und Padelcourts stehen, gibt es immer mehr Leute, die den anderen Sport auch ausprobieren.» Erfahrungen aus Ländern, in denen Padel schon länger populär ist, zeigen, dass der Tennissport deshalb nicht verdrängt wird.
Auch Reto Spiller, Präsident des Tennisclub Domat/Ems sieht im Padel mehr eine «Ergänzung», denn einen Gegenspieler. «Dass Swiss Tennis die Sportart im Frühling in ihre Statuten aufgenommen hat, zeigt auch, dass es langfristige und nachhaltige Pläne gibt.» Im März dieses Jahres wurde von der Bürgergemeinde Domat/Ems ein Unterstützungskredit für den Bau der zwei Padelplätzen genehmigt. Bereits drei Monate später begannen die Bauarbeiten. «Ich bin überzeugt, dass das Angebot grossen Anklang finden wird», ist Spiller überzeugt.
Gemacht für die Berge
Gerade für den Bergkanton Graubünden bietet Padel Vorteile. Anders als bei den (Sand-) Tenniscourts handelt es sich bei Padelplätzen um fixe Anlagen, die deutlich weniger Platz brauchen. Kommt hinzu: Gerade im Engadin gibt es Tennisplätze, die aufgrund der klimatischen Bedingungen bloss rund vier Monate pro Jahr genutzt werden können. Nicht selten werden die Plätze im Winter für den Eislauf genutzt. «Der Auf- und Abbau im Frühling und im Herbst ist mit hohen Kosten verbunden», sagt Eldahuk.
Kosten, die sich aufgrund des kurzen Betriebs kaum lohnen. Und die bei Padelplätzen wegfallen würden. Dass gerade Bergregionen in den vergangenen Jahren einen überdurchschnittlich hohen Abgang an lizenzierten Tennisspielern verzeichneten, kommt nicht von ungefähr.
Übrigens: Am Freitag gab Nino Niederreiter bekannt, sich künftig für den Padelsport zu engagieren. Der Churer NHL-Stürmer kann dies zumindest im Sommer aktiv auch «vor seiner Haustür» tun. Und er reiht sich in eine prominente Liste an Sportstars, die das Padel für sich entdeckt haben.
Roman Michel ist Leiter Sport. Er arbeitet als Sportreporter und -moderator bei TV Südostschweiz. Weiter schreibt er für die gemeinsame Sportredaktion der Zeitung Südostschweiz und suedostschweiz.ch. Roman Michel studierte Journalismus und Organisationskommunikation und arbeitet seit 2017 für die Medienfamilie Südostschweiz. Mehr Infos
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