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Der Marathon als Engadiner Zauberformel

Johannes
Kaufmann
12.03.18 - 04:30 Uhr
Sport
Kommentar
SWITZERLAND NORDIC SKIING ENGADINER SKI MARATHON
Der Engadin Skimarathon war auch dieses Jahr ein Spektakel
PETER SCHNEIDER / Keystone

Als der örtliche Langlaufpionier Albert Scheuing in den Sechzigerjahren die Idee eines Volkslaufs durchs Engadin äusserte, erntete der Exponent einer Randsportart vielerorts mitleidiges Schulterzucken. Die ohne Spurgerät ausgestatteten Organisatoren gingen von rund 300 Teilnehmern bei der Premiere 1969 aus – und mussten eiligst Startnummern für die 856 Startenden nachbestellen. Françoise Stahel, die als einzige Läuferin sämtliche Austragungen des Engadin Skimarathons beendet hat, erinnert sich an Wachsprobleme mit ihren Holzski, einsame Momente auf der Loipe und eine kaum bemerkte Ankunft im Ziel in Zuoz.

Szenenwechsel. 49 Jahre später herrscht am zweiten Sonntag im März Langlauf-Hochkonjunktur im Bündner Hochtal. Der Engadin Skimarathon wird auf der weitgehend unveränderten Strecke ausgetragen – und doch ist er ein völlig anderer Anlass geworden. Erstmals überhaupt musste eine Teilnehmerbeschränkung von 14 200 Langlaufenthusiasten ausgerufen werden. 15 000 oder gar 16 000 Interessenten – über das Potenzial des Jubiläumslaufes darf spekuliert werden. Einsame Momente gibt es keine mehr. Doch der Läufer, im Engadin wird er als zahlender Kunde gehegt und gepflegt, darf sich via extra errichteter Bahnstation direkt neben dem Ziel nach Hause begeben. Damit sei nur eine der vielen, primär vom ehemaligen OK-Präsidenten Emil Tall angeschobenen Innovationen des auf eine Woche ausgedehnten Anlasses, der sich stets entwickelte, erwähnt.

Der Engadin Skimarathon ist eine einzige Erfolgsgeschichte. Seine Lancierung erfolgte zum goldrichtigen Zeitpunkt. Bereits 1976 wurde die Schallmauer von 10 000 Teilnehmern durchbrochen. Echte Krisen kennt der Anlass nicht, eine wetterbedingte Absage 1991 sowie vor drei Jahren heftige Querelen auf Führungsebene werden mit Engadiner Gelassenheit weggesteckt. Und nun also erfreut sich der «Engadiner» nach einer Baisse auf hohem Teilnehmerniveau vor zehn Jahren seines x-ten Frühlings. Langlaufen auf einer moderaten Strecke bei meist strahlendem Sonnenschein flankiert von einer malerischen Bergkulisse ist ein mehrheitsfähiges, zeitloses Vergnügen. Kein Zweifel: Der zu früh verstorbene Pionier Scheuing hat die Zauberformel für einen nachhaltigen sportlichen Grossanlass gefunden.

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