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Erstes #MeToo-Urteil: US-Entertainer Bill Cosby schuldig gesprochen

Im ersten bedeutenden Strafprozess wegen sexueller Übergriffe seit Beginn der #MeToo-Bewegung ist US-Entertainer Bill Cosby schuldig gesprochen worden. Die Jury entschied in allen drei Fällen, in denen Cosby schwere sexuelle Nötigung vorgeworfen wurde, auf schuldig.

Agentur
sda
26.04.18 - 21:52 Uhr
Blaulicht
Im neu aufgerollten Prozess wegen sexueller Nötigung für schuldig befunden: US-Entertainer Bill Cosby (Archiv)
Im neu aufgerollten Prozess wegen sexueller Nötigung für schuldig befunden: US-Entertainer Bill Cosby (Archiv)
Keystone/EPA/TRACIE VAN AUKEN

<p>Das bestätigte die Staatsanwaltschaft im Montgomery County am Donnerstag. Damit droht dem 80 Jahre alten Cosby eine zehnjährige Haftstrafe - er könnte den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen. Das Strafmass für Cosby wird zu einem späteren Zeitpunkt verkündet. </p>
<p>Vor rund zehn Monaten war ein erster Prozess geplatzt, weil die damalige Jury sich auch nach tagelangen Beratungen nicht hatte einigen können. Beide Male ging es um die Frage, ob Cosby 2004 die aus Kanada stammende frühere Universitätsangestellte Andrea Constand mit Tabletten hilflos gemacht und dann sexuell genötigt hatte.</p>
<h3>Erster Prozess geplatzt</h3>
<p>«Dies war ein ausserordentlich schwieriger Fall», sagte Richter Steven O'Neill am Donnerstag und dankte den Geschworenen für ihre Arbeit. Rund 13 Stunden brauchte die zwölfköpfige Jury seit ihren Beratungen am Mittwoch, um in dem neu aufgerollten Prozess eine Entscheidung zu treffen.</p>
<p>Cosby zeigte erst kaum Reaktionen auf das Urteil und starrte mürrisch wirkend auf den Tisch im Saal vor ihm, berichtete der «Philadelphia Inquirer». Anschliessend machte er seinem Ärger in einer Schimpftirade Luft.</p>
<p>Die in der ersten Reihe sitzende Klägerin Constand blickte geradeaus, ohne Regung zu zeigen. Andere Frauen, die Cosby sexuelle Übergriffe vorgeworfen hatten, seufzten oder schluchzten laut und wurden aus dem Saal gebracht.</p>
<h3>Vorerst auf freiem Fuss</h3>
<p>Eindeutig beendet scheint das lange juristische Gezerre um Cosbys Schicksal noch nicht. «Wir glauben nicht, dass Herr Cosby wegen irgendetwas schuldig ist. Der Kampf ist nicht beendet», sagte sein Anwalt Tom Mesereau, der 2005 Superstar Michael Jackson erfolgreich gegen den Vorwurf des Kindesmissbrauchs verteidigt hatte. Cosby blieb gegen eine Million Dollar Kaution vorerst auf freiem Fuss. </p>
<p>Cosby hatte die Vorwürfe immer zurückgewiesen. Er selbst hatte in beiden Prozessen nicht ausgesagt, aber über seine Anwälte mitteilen lassen, die Vorgänge seien einvernehmlich gewesen. In einer aussergerichtlichen Einigung wenige Monate nach dem Vorfall hatte er Constand bereits mehr als drei Millionen Dollar gezahlt.</p>
<p>Cosbys Verteidigung hatte Constand als Trickbetrügerin dargestellt, die es auf das Geld des Entertainers abgesehen hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte sie dagegen als Opfer von Cosby beschrieben, auch sie selbst hatte sich im Zeugenstand so geäussert. Insgesamt haben bislang mehr als 50 Frauen Cosby öffentlich sexuelle Belästigung vorgeworfen, die meisten Fälle sind verjährt.</p>
<h3>Debatte über sexuelle Übergriffe</h3>
<p>Cosby wurde in den USA jahrzehntelang als «America's Dad» verehrt. In der Rolle als liebenswürdiger Arzt und gutmütiger Familienvater in seiner «Cosby Show» war er einer der beliebtesten TV-Stars des Landes. Doch die meisten Kollegen aus dem Showbusiness wandten sich zuletzt von ihm ab.</p>
<p>Unter den Schlagworten #MeToo und #TimesUp findet in den USA seit einem halben Jahr eine Debatte über sexuelle Übergriffe statt. Die Bewegung begann mit Enthüllungen über Filmproduzent Harvey Weinstein im Herbst 2017 - die Entscheidung, Cosby anzuklagen, fiel in beiden seiner Prozesse schon vorher. </p>
<p>Als mächtiger Schauspieler und Comedian wurde Cosby aber dennoch zum Symbol einer Entertainment-Kultur, in der einflussreiche Männer ihre Machtposition ausnutzen, um Frauen zu belästigen, zu nötigen und zu vergewaltigen. «Bill Cosby hat verloren. #MeToo hat gewonnen», schrieb die Website «Vox» zum Urteil.</p>

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