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Tripolis beschuldigt die NATO der Kriegsverbrechen

Libyen hat in Genf die NATO-Staaten beschuldigt, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt zu haben. Die Anschuldigungen wurden bei der Libyen-Debatte in der Untersuchungskommission des UNO-Menschenrechtsrates indes ignoriert.

Südostschweiz
09.06.11 - 21:39 Uhr

Tripolis. – Mustafa Schaban, Repräsentant des libyschen Aussenministeriums, prangerte die «massiven Verstösse gegen die Menschenrechte» an, die durch die Rebellen und die NATO verübt worden seien.

Er wies damit den Befund der Kommission zurück, wonach das Gaddafi-Regime im Februar Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben soll.

Gemäss dem Leiter des UNO-Ermittlungskommission zu Menschenrechtsverletzungen in Libyen, Scherif Bassiouni, sind 10'000 bis 15'000 Tote in beiden Lagern zu beklagen. «Der Krieg ist äusserst traumatisierend für die gesamte Bevölkerung - speziell für die Kinder», sagte er.

Mustafa Schaban verwies auf Attacken gegen zivile und religiöse Einrichtungen. Er forderte eine Untersuchung der UNO und reichte eine formelle Beschwerde gegen die NATO ein. In jenen Städten, wo sich die die bewaffneten Banden aufgehalten hätten, seien abscheuliche Gewaltverbrechen verübt worden, sagte Schaban.

Der libysche Vertreter sprach unter anderem von «Fällen von Kannibalismus» verübt durch die Opposition und ausländische Söldner.

Bassiouni wies die Vorwürfe zurück. Bei einem Besuch in Libyen seien Mitglieder des Menschenrechtsrates nicht zum Schluss gekommen, dass die NATO-Angriffe zivile Opfer gefordert hätten. Eine Ausnahme sei der «legitime Angriff» auf eine Militärkaserne, wo Zivilisten getötet worden seien.

Die Schweiz hat im UNO-Menschenrechtsrat jegliche Gewaltanwendung im Libyen-Konflikt gegen die Zivilbevölkerung verurteilt. UNO-Botschafter Dante Martinelli forderte am Donnerstag in Genf die libyschen Behörden auf, den Angriffen ein Ende zu setzen.

Martinelli sprach sich während der Libyen-Debatte im Menschenrechtsrat dafür aus, das Mandat der Kommission zu verlängern, damit sie ihre Arbeit beenden könne.

Die libysche Zivilbevölkerung sei gezielt gegen sie geführten Angriffen ausgesetzt. Die Schweiz fordere daher die libysche Regierung auf, diesen Verletzungen des humanitären Völkerrechts ein Ende zu setzen. Tripolis solle die Einsetzung einer neuen politischen Ordnung im Land zulassen. (sda)

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