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Keller-Inhelder zeigt Bundesbern die kalte Schulter

Ganz ohne Wahlkampf hätte die Kempratnerin Barbara Keller-Inhelder nach Bundesbern zurückkehren können. Doch die alt Nationalrätin der SVP verzichtet.

Fabio
Wyss
24.04.23 - 20:26 Uhr
Politik
Nein, danke! Barbara Keller-Inhelder hat an ihre Zeit im Nationalrat viele schlechte Erinnerungen – bei diesen soll es auch bleiben.
Nein, danke! Barbara Keller-Inhelder hat an ihre Zeit im Nationalrat viele schlechte Erinnerungen – bei diesen soll es auch bleiben.
Bild Keystone

Sardinien statt St. Gallen: Von der Mittelmeerinsel aus verfolgt Barbara Keller-Inhelder, alt Nationalrätin aus Rapperswil‑Jona, das Rennen um den Einzug in den Ständerat. Am Sonntag wird klar, wen das St. Galler Stimmvolk als Nachfolgerin von SP-Urgestein Paul Rechsteiner ins «Chambre de Réflexion» wählt. Wobei für die allermeisten bereits jetzt fest steht: Esther Friedli von der SVP wird gegen die Sozialdemokratin Barbara Gysi einen Kantersieg einfahren.

Das sieht Keller-Inhelder nicht anders. Und das bringt die langjährige SVP-Parlamentarierin in ein Dilemma, wie sie es selbst bezeichnet: Denn sie würde Friedlis Nationalratssitz erben (siehe Ausgabe vom 5. April). «Seit Monaten werde ich von den unterschiedlichsten Persönlichkeiten – insbesondere auch aus sicherheitspolitischen Kreisen – kontaktiert und motiviert, wieder für den Nationalrat anzutreten, wenn sich die Gelegenheit ergibt», sagt die 54-Jährige.

Bloss, Keller-Inhelder ist nicht gerade Fan vom Nationalrat. Den Ratsbetrieb nennt sie eine «Kampfshow» mit «Pseudodebatten». Die Fraktionen kämen mit gemachten Meinungen und bereits getroffenen Entscheiden in die grosse Kammer. «‹Diskutiert› wird nur noch für die mediale Aufmerksamkeit und fürs Protokoll», sagt sie, die zwischen 2015 bis 2019 dem Nationalrat angehörte.

Wegbegleiter soll erben

Insgesamt bereitete ihr dieses Gebaren keine Freude. Ganz anders war es im St. Galler Kantonsrat. Geliebt habe sie die Pfalz. Wo sie 16 Jahre lang politisierte, mit politischen Gegnern rang, um gemeinsam die beste Lösung zu erarbeiten. Aus dem kantonalen Parlament verabschiedete sich Keller-Inhelder 2015, um dem Ruf nach Bundesbern zu folgen.

Im St. Galler Kantonsrat geblieben ist ein langer Wegbegleiter Keller-Inhelders: SVP-Politiker Michael Götte, ehemals Fraktionschef, zweifacher Regierungskandidat. Und er soll nun die Kempratnerin aus ihrem Dilemma befreien. Denn Keller-Inhelder will nicht zurück in den Nationalrat, wie sie der «Linth‑Zeitung» exklusiv mitteilt.

Gut befreundet: Barbara Keller-Inhelder macht zu Gunsten von Michael Götte Platz. BILD ZVG
Gut befreundet: Barbara Keller-Inhelder macht zu Gunsten von Michael Götte Platz. BILD ZVG

Diese Entscheidung sei ihr nicht leicht gefallen. Der Tübacher Götte vereinfacht das Ganze aber. Er rangierte bei den letzten Nationalratswahlen direkt hinter Keller-Inhelder. Somit folgt er als Nächster auf der «Ersatzbank» für Friedlis Sitz. Die beiden diskutierten kürzlich miteinander über die Ausgangslage. In diesen Gesprächen versicherte er der ehemaligen Kantonsratskollegin, dass er ihre Anliegen in Bern «aus Überzeugung» vertreten würde.

Keller-Inhelders Hauptanliegen ist nicht viel weniger als eine Revolution des Ratsbetriebs: Als Erstes sollen die Nationalratsdebatten stattfinden – mit allen Informationen, Argumenten und Sichtweisen; erst dann fällten die Fraktionen ihre Entscheide. Abstimmen täten die Nationalrätinnen und Nationalräte erst in der nächsten Session.

Kein Wiedersehen in Bern

Auch ihre sicherheitspolitischen Anliegen sähe sie durch Götte bestens vertreten. Er sei ein «äusserst wertgeschätzter Oberst im Stab der Territorialdivision 4», sagt Keller-Inhelder über ihren ehemaligen Fraktionschef. Besteht die Chance, dass die beiden schon bald wieder Ratskollegen werden?

Im Herbst stehen wieder Nationalratswahlen an. Götte könnte seine Nationalratskarriere von ein paar Monaten auf über vier Jahre verlängern. Und Keller-Inhelder doch noch ins nationale Parlament zurückkehren. «Mit absoluter Sicherheit nicht», winkt die Kempratnerin ab. Ihre Agenda sei schon so übervoll – mit Arbeit und Mandaten, die ihr uneingeschränkt Freude bereiteten.

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