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Lange Diskussion um den Bündner Natur- und Heimatschutz

Die Teilrevision des Gesetzes über den Natur- und Heimatschutz sowie das Fachhochschulzentrums Graubünden sind die beiden Sachthemen des Bündner Grossen Rates anlässlich der Oktobersession.

Philipp
Wyss
17.10.22 - 13:30 Uhr
Politik
Der Bündner Grosse Rat tagt vom Montag bis Mittwoch anlässlich der Oktobersession im Grossratsgebäude in Chur.
Der Bündner Grosse Rat tagt vom Montag bis Mittwoch anlässlich der Oktobersession im Grossratsgebäude in Chur.

Ticker

Am ersten Tag der Oktobersession hat der Grosse Rat:

  • Die Oktobersession mit der Rede von Standespräsident Tarzisius Caviezel eröffnet.
  • Erstmals anwesende Ratsmitglieder sowie Stellvertreterinnen und Stellvertreter vereidigt.
  • Die Teilrevision des Gesetzes über den Natur- und Heimatschutz im Kanton Graubünden beraten und gutgeheissen.
  • Mit der Beratung der Botschaft zur Realisierung des Fachhochschulzentrums Graubünden begonnen.

Die Session wird am Dienstag ab 8.15 Uhr fortgesetzt. Die Debatten sind öffentlich. Wie bei jeder Session tickern wir auch von der Augustsession für euch.

Die Oktobersession in Bildern

Der erste Tag der Oktobersession des Bündner Grossen Rates in Chur ist zu Ende. Unsere Fotografin Livia Mauerhofer hat zahlreiche Bilder eingefangen.

Hier geht es zur Bildergalerie der Oktobersession.

Bild Fachhochschule Graubünden

Jetzt geht es um das neue Fachhochschulzentrum

Als zweites Geschäft geht es um das Fachhochschulzentrum Graubünden. 178 Millionen Franken soll das neue Zentrum an der Pulvermühlestrasse in Chur kosten. Mit dem Bau sollen alle Standorte an der Pulvermühlestrasse zentralisiert werden. Das kupferne Hauptgebäude wird durch einen Neubau auf der gegenüberliegenden Strassenseite ergänzt, wo auch das bestehende Schaltgebäude mit neuer Nutzung in den zukünftigen Campus miteinbezogen wird. Dadurch soll die Schule effizienter geführt werden können.

Heute ist die Schule auf fünf Standorte und in neun Gebäuden verteilt. Die vorberatende Kommission hat sich mit dem aus dem Wettbewerb hervorgegangene Siegerprojekt «Partenaris» von Giuliani Hönger Architekten auseinandergesetzt - auch mit dem grosszügigen Campusplatz – als öffentlichen Aussenbereich, Erschliessung zu allen Hochschulgebäuden und Treffpunkt für Studierende, Dozierende, Forschende und die Bevölkerung. Die Kommission hält die Kosten auch im Vergleich zu anderen Gebäuden in der Schweiz für angemessen. Ausserdem wird sich der Bund voraussichtlich mit 27 Millionen Franken an den Kosten beteiligen. Die Kommission empfiehlt dem Grossen Rat deshalb einstimmig, dem Kredit für den Neubau eines Fachhochschulzentrums für die Fachhochschule Graubünden zuzustimmen. Sofern das Parlament ebenfalls zustimmt, wird sich voraussichtlich im März 2023 auch die Bündner Bevölkerung noch zum Bau äussern können.

Grossmehrheitlich herrscht im Parlament Einigkeit, dass Graubünden ein modernes und nachhaltiges Zentrum erhalten soll. In einzelnen Punkten gibt es aber Fragen. Etwas kritisch äussert sich beispielsweise Grossrat Norbert Mittner (FDP, Igis) zur Verkehrserschliessung. Insbesondere, weil eine Verbindung vom bestehenden Hauptgebäude an der Pulvermühlestrasse zum neuen Gebäudekomplex auf der andern Strassenseite - notabene eine Zufahrt zur Autobahn - in der Planung fehlt. Und die SP-Fraktion ist nicht einverstanden, dass unter dem neuen Gebäude eine Parkgarage für 150 Fahrzeuge entstehen soll.

Bild Google Maps

Im Keller eines Privathauses, auf einer Karosserie, in Laboratorien in Domat/Ems und St. Gallen oder in der Nachbarschaft einschlägiger Clubs: In der fast 60-jährigen Geschichte der FH Graubünden wurde an den verschiedensten Orten studiert, geforscht und gearbeitet. Neben Standorten in Bern, Rapperswil und Zürich ist die FH Graubünden heute in Chur an fünf Standorten in neun Gebäuden untergebracht. Einzig das 1993 bezogene Hauptgebäude an der Pulvermühlestrasse wurde als Schulgebäude konzipiert. Die verstreute Lage verursacht hohe betrieblichen Aufwände, so müssen beispielsweise zwei Bibliotheken und zwei Mensen und ein Kurierdienst betrieben werden. Aber auch die Reinigung und der Unterhalt sind heute herausfordernd. (Quelle: fhgr.ch)

Das Gesetz ist durchberaten

Nun ist es schnell gegangen. Die Teilrevision über das Gesetz über den Natur- und Heimatschutz im Kanton Graubünden ist durchberaten. Vor der Schlussabstimmung hält SP-Präsident und Grossrat Andri Perl ein Schlussplädoier. Zur Erinnerung: Die SP-Fraktion sagte Nein zu sämtlichen Anträgen dieser Teilrevision. «Die Debatte enthielt einen unverhältnismässigen Angriff auf den Natur- und Heimatschutz und auf den Heimatschutz», sagt Perl. Diese würden ihrer Aufgabe nachkommen. Und weiter sagt Perl zum Parlament: «Sie spielen das Spiel auf dem falschen Spielfeld. Wir müssen nicht kantonal referieren. Respektieren Sie den Volkswillen auf Bundesebene. Spielen Sie dieses Spiel bei den Ortsplanung in den Gemeinden, nicht im Kantonparlament. Lehnen Sie diese unnötige Revision ab.» Und Grossrat Stellvertreter Lukas Horrer (SP Chur) sagt: «Diese Gesetzesrevision bringt nichts. Wecken Sie keine falschen Erwartungen.» Und Regierungsrat Jon Domenic Parolini sagt: «Die Fachleute sitzen in der Verwaltung und sie leisten gute Arbeit. Dass es in der Umsetzung unterschiedliche Ansichten gibt, dessen sind wir bewusst. Das haben wir in den vergangenen Monaten und Jahren, aber eben auch in der Debatte soeben gehört.»

In der Schlussabstimmung stimmt das Parlament der Teilrevision über das Gesetz über den Natur- und Heimatschutz im Kanton Graubünden mit 88:26 Stimmen bei 0 Enthaltungen zu. Ferner werden der Auftrag von alt Grossrat Thomas Bigliel (FDP, Landquart) betreffend Inventar der Denkmalpflege: Information der Grundeigentümer mit 114:0 Stimmen bei 0 Enthaltungen und der Auftrag Auftrag von Grossrat Reto Crameri (Mitte, Surava) betreffend Inventarisierung schutzwürdiger Objekte mit 115:0 Stimmen bei 0 Enthaltungen abgeschrieben.

Die Lokremise in Landquart in wurde 1905 gebaut, bis 1908 auf 19 Lokstände zu einem vollen Halbkreis um die Drehscheibe erweitert, und steht unter Heimatschutz.
Die Lokremise in Landquart in wurde 1905 gebaut, bis 1908 auf 19 Lokstände zu einem vollen Halbkreis um die Drehscheibe erweitert, und steht unter Heimatschutz.
Bild Archiv

SP-Minderheit ist chancenlos

Die SP-Fraktion sträubt sich gegen den zusätzlichen Artikel 4 im Gesetz über den Natur- und Heimatschutz im Kanton Graubünden. «Weniger Objekte auf die Liste. Hohe Qualität und nicht hohe Quantität in der künftigen Umsetzung», fordert dem gegenüber der Präsident der Kommissionsmehrheit, Grossrat Ernst Sax (Mitte, Obersaxen). Dem Antrag der Kommissionsmehrheit wird schliesslich mit 89:26 Stimmen bei 0 Enthaltungen zugestimmt. Die Aufnahme eines Objekts in ein kantonales Inventar stützt sich auf Kriterien wie Seltenheit, Vielfalt, Gefährdung, ästhetische Werte, Lage, Grösse, ökologische Funktion und wissenschaftliche Bedeutung, heisst es in der Botschaft.

 

Erstes Sachgeschäft

Im ersten Sachgeschäft der Oktobersession geht es um die Teilrevision des Gesetzes über den Natur- und Heimatschutz im Kanton Graubünden. Mit dieser Gesetzesanpassung soll für betroffene Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer eine Einsprachemöglichkeit gegen den Aufnahmeentscheid ihres Objekts in das kantonale Bauinventar geschaffen werden.

Die Zuständigkeiten

Die Teilrevision wurde nötig, um den Auftrag von alt Grossrat Thomas Bigliel (FDP,  Landquart) betreffend «Inventar der Denkmalpflege: Information der Grundeigentümer», der anlässlich der Junisession 2019 vom Grossen Rat angenommen und der Regierung überwiesen wurde, umzusetzen. Die Regierung wurde beauftragt, eine Einsprachemöglichkeit für die vom kantonalen Bauinventar der schutzwürdigen Bauten und Anlagen betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer zu schaffen. Die Vernehmlassung hat gezeigt, dass dieses Anliegen von 67 Prozent der Vernehmlassenden unterstützt wird. Entsprechend ist das Gesetz um einen Artikel zu erweitern und im Zuge dessen ein Artikel anzupassen, dass ein allfälliges Rechtsmittel direkt beim kantonalen Verwaltungsgericht eingereicht werden kann. Die übrigen Abläufe in Bezug auf das kantonale Bauinventar werden nicht verändert. Demnach ist weiterhin sichergestellt, dass das kantonale Bauinventar ausschliesslich amtsinterne Wirkung entfaltet und infolgedessen weder für Behörden, Gemeinden noch betroffene Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer verbindlich ist.

Simultanübersetzung wird getestet

In der Aprilsession hat das Parlament beschlossen, die Sessionen künftig simultan zu übersetzen. Dies in einer Minimalvariante (Übersetzung aller Voten ins Deutsche und ins Italienische). Dazu werden während der Oktobersession Tests durchgeführt. Sichtbar ist eine Kamera (siehe Bild), die den Dolmetscherinnen und Dolmetschern Bilder und Töne liefert.

Die erste Eröffnungsansprache

Standespräsident Tarzisius Caviezel (FDP, Davos) eröffnet die Oktobersession mit seiner ersten Ansprache in dieser Funktion. «Es ist mir eine grosse Freude und ein Privileg, Sie herzlich zur zweiten Session dieser Legislatur begrüssen zu dürfen», so Caviezel. «Vor etwas mehr als einer Woche hatte ich das Vergnügen, die Jugendsession zu eröffnen. Diese jungen Leute auf unseren Sitzen zu sehen hat mich motiviert», so Caviezel.

Kompromisse und Sprünge über den eigenen Schatten seien wichtig, so Caviezel, der sich parteien- und fraktionsübergreifende Zusammenarbeiten wünscht. ««Lasst uns gemeinsam und engagiert dafür sorgen, dass unser Kanton sich erfolgreich entwickelt», so Caviezel weiter. Und dann kommt er auf die Gastrolle des Kantons Graubünden an der Olma Messe in St. Gallen unter dem Motto «aifach gspunna!». Mit bissigem Witz aber auch nachdenklich und mit starken Bildern präsentiert sich Graubünden in der Ostschweiz. Die Idee ist eigentlich sehr naheliegend. Nachdem Gian und Giachen unser Wappentier zum sprechen gebracht haben, werden an der Olma deren Steingeissen vorgestellt. Und auch gleich ein neues Kantonswappen wurde in St. Gallen präsentiert (siehe Bild). Das Projektteam hat es verstanden, St. Gallen zur Bündner Hauptstadt zu machen. Ich wünsche mir, dass etwas von diesem Olmawind auch durch die Oktobersession wehen wird und wir Dinge auch einmal aus anderen Perspektiven betrachten, schliesst Caviezel die Eröffnungsansprache.

Die OLMA ist gestartet… 🥳 Unser Gastropräsident und Standesvizepräsident, Seppo Caluori, war auch mit dabei. Auf dem...

Posted by GastroGraubünden on Saturday, October 15, 2022

Philipp Wyss ist Chefredaktor der gemeinsamen Redaktion der Zeitung «Südostschweiz» und der Internetseite «suedostschweiz.ch». Damit zeichnet er für das Team und für den Inhalt dieser Produkte verantwortlich. Mehr Infos

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