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Gegner der Olympischen Winterspiele bleiben dabei: ein «volkswirtschaftlicher Unsinn»

Zu gross, zu teuer, finanziell zu riskant und mitnichten umweltverträglich: Die Gegner Olympischer Winterspiele in Graubünden bleiben bei ihrer fundamentalen Kritik.

Südostschweiz
10.09.12 - 22:45 Uhr

Chur. – Was bisher vorliege, sei lediglich eine Machbarkeitsstudie, die Detailplanung werde erst nach der Abstimmung vom kommenden März in Angriff genommen. «Der Grosse Rat und das Volk werden also entscheiden müssen, ohne genau zu wissen, was auf uns zukommt», sagte Stefan Grass, Leiter des Komitees Olympiakritisches Graubünden, am Montag der «Südostschweiz». Als Entscheidungsgrundlage sei das Dossier «viel zu wenig konkret».

«Das IOC diktiert»

Vor allem aber könnten die gut gemeinten Konzepte, welche die Spiele umweltverträglich und nachhaltig machen sollen, schlussendlich kaum etwas wert sein, befürchtet Grass. Erst nach der Vergabe der Spiele in zwei Jahren werde das Olympische Komitee die Verträge mit den Veranstaltern abschliessen. Dabei werde das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Bedingungen diktieren. «Unsere grosse Angst ist, dass von den schönen Plänen nachhaltiger Spiele nicht mehr viel übrig bleiben wird. Dass der Kanton und die Austragungsorte in diesem Fall entscheiden werden, wir verzichten auf die Spiele, kann man sich kaum vorstellen», gibt Grass zu bedenken. Seine Opposition gründet auf der grundsätzlichen Überzeugung, Olympische Spiele seien in unserem Land «zweifellos eine Nummer zu gross».

Raimund Rodewald, Geschäftsführer der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, sieht das ebenso. Die Stiftung hat alle früheren Olympia-Pläne aus diesem Grund bekämpft, und sie wird das auch nun wieder tun. «Olympische Spiele haben eine Grössenordnung erreicht, die mit der kleinräumigen Schweiz nicht zu vereinbaren ist», erklärte Rodewald. Wie Grass ist er überzeugt, dass das IOC schliesslich das Sagen haben wird. Für die Infrastruktur der Wettkämpfe bestünden Normen, die international Gültigkeit hätten und über die das IOC nicht mit sich diskutieren lasse. Wegen solcher Vorschriften sei die Stiftung Landschaftsschutz häufig gescheitert in ihren Bemühungen, Veranstalter internationaler Sportanlässe zu grösserer Zurückhaltung zu bewegen.

Rodewald hält auch nichts von den wirtschaftlichen Voraussagen der Promotoren und der Regierung: «Volkswirtschaftlich gesehen ist es ein Unsinn.» Selbst die viel bejubelten Sommerspiele in London hätten sich als wirtschaftlich zu vernachlässigender Faktor erwiesen.

Berggebiete gerieten unter Druck

Ausserdem warnt Rodewald vor Nachwirkungen, wie er sie nach der Ski-WM in St. Moritz 2003 beobachtet haben will. In den Jahren danach seien Zweitwohnungen auf Teufel komm raus gebaut worden. Möglich, dass die Beschränkung des Zweitwohnungsbaus einen solchen Boom verhindern würde. Unvermeidlich ist aber laut Rodewald, dass die betroffenen Berggebiete durch die Winterspiele noch viel stärker unter Druck geraten würden.

Die SP Graubünden habe sich «immer kritisch bis ablehnend» zu Olympia-Plänen geäussert. Das werde auch in Zukunft so bleiben, versicherte Parteipräsident Jon Pult. Er teilt die Bedenken des gegnerischen Komitees und hält Einschätzungen wie «kleine und feine Spiele» für nichts als «PR-Phrasen». Zudem warnt auch er vor einem finanziellen Desaster. Noch vor der Detailplanung werde mit einer Finanzierungslücke 300 Millionen Franken gerechnet. Das lasse nichts Gutes erwarten. Denn bei Olympischen Spielen fielen die Ausgaben in aller Regel immer höher als budgetiert aus, erklärte Pult.

«Brot und Spiele»

Die Gegner sind überzeugt, je länger je mehr Unterstützung zu bekommen. Grass räumte zwar ein, noch sei sein Komitee ziemlich allein im Kampf gegen die Winterspiele in Graubünden. Doch nicht, weil die meisten damit einverstanden wären, sondern weil ihnen noch der Mut fehle, «offen zu sagen, das wollen wir nicht». Das werde sich aber rasch ändern, je mehr Details des Vorhabens bekannt würden, glaubt Grass. Die Zurückhaltung der Kritiker erklärt sich Rodewald damit, «Brot und Spiele» seien eben «fast etwas Heiliges». Umso mehr befürchteten Skeptiker, als Miesepeter verschrieen zu werden. (han)

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