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Bevölkerung soll Knoten beim Kaltbrunner Riet entwirren

Die Verbindungsstrasse A15-Gaster soll wieder Fahrt aufnehmen. Ab Herbst sucht der Kanton mit der Bevölkerung eine breit abgestützte Lösung für den Abschnitt Kaltbrunner Riet. Einfach wird das nicht.

Fabio
Wyss
27.06.22 - 18:58 Uhr
Politik
Noch keine Lösung in Sicht: Das Naturschutz-gebiet Kaltbrunner Riet zwingt den Kanton zu einem Zwischenstopp bei der Planung der A15-Gaster.
Noch keine Lösung in Sicht: Das Naturschutz-gebiet Kaltbrunner Riet zwingt den Kanton zu einem Zwischenstopp bei der Planung der A15-Gaster.
Bild Markus Timo Rüegg

Das Projekt Verbindungsstrasse A15-Gaster kommt nur zäh fliessend voran. Aktuell herrscht sogar Stillstand – bedingt durch das Naturschutzgebiet Kaltbrunner Riet. Und zwar schon seit letztem Frühling, als die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) in einem Gutachten die kantonalen Pläne stoppte (siehe Ausgabe vom 1. April). Kritiker der Strasse nahmen das zum Anlass, um das Gesamtprojekt zu hinterfragen.

Das haben nun auch die Verantwortlichen gemacht. An ihren Plänen wollen das kantonale Tiefbauamt und die Vertreterinnen und Vertreter der Region Zürichsee-Linth im Grundsatz aber festhalten. In einer Medienmitteilung des Kantons vom Montag heisst es: «Ein erneutes gesamtheitliches Variantenstudium wäre nicht zielführend. Da die bisherigen Abklärungen klar darauf hinweisen, dass es zur bestehenden Linienführung keine umsetzbaren, zweckmässigen Alternativen gibt.»

Eine Alternative ist aktuell aber beim Kaltbrunner Riet gefragt. Die Verbindungsstrasse hätte dort 30 bis 60 Meter vom nationalen Naturschutzgebiet entfernt verlaufen sollen. Die ENHK befürchtet dadurch «negative Auswirkungen auf die Lebensräume von Wasser- und Zugvögeln».

Extra externes Büro beauftragt

Wie es dort weitergeht, zeigt der Kanton in der Mitteilung auf. In einem nächsten Schritt wird ein externes Fachbüro beauftragt. Dieses analysiert das Gutachten der ENHK. Aus der Analyse sollen wichtige Erkenntnisse für die weitere Planung gewonnen werden. «Sicherlich geht es nicht darum, das ENHK-Gutachten zu hinterfragen. Dieses liegt vor und wird akzeptiert», erklärt der St. Galler Projektleiter Manfred Huber. Eine ungeklärte Frage sei aber, welche Auswirkungen das Gutachten auf die weitere Planung habe. «Es liegt kein Vergleichsobjekt vor, das aufzeigt, dass beispielsweise 100 Meter Abstand zum Riet nötig sind.» Es werde sicher Herbst, bis diese Abklärungen vorliegen.

«Im Anschluss müssen Lösungen gesucht werden für den Teilbereich rund um das Naturschutzgebiet», sagt Huber. Es sei vorgesehen, interessierte Kreise an der Lösungssuche partizipieren zu lassen. Dazu gehören neben Behörden, politische Parteien und Interessengemeinschaften auch die Bevölkerung. Klar ist laut Huber aber schon jetzt: Die Ausgangslage gestaltet sich herausfordernd. «Ob beispielsweise eine Teiluntertunnelung denkbar ist, wird sich erst noch weisen.»

ENHK hat letztes Wort

Mehr Tunnels wünschen sich einzelne Vertreter der Landwirtschaft. Diese fordern mittels Interpellation im Kantonsrat zudem einen «runden Tisch», um ihre Anliegen einzubringen. Bis zu den Sommerferien will die Regierung den Vorstoss beantworten. Projektleiter Huber sagt dazu: «Wir versuchen seit jeher, für die Landwirtschaft gute Lösungen zu finden. Aber das ist nicht immer ganz einfach.» Der Landbedarf für die Strasse sei nicht von der Hand zu weisen, weshalb die landwirtschaftlichen Interessen nicht immer berücksichtigt werden könnten.

Wenn dann eine breit abgestützte Lösung vorliegt, «gleichen wir diese in einem Gespräch mit der ENHK ab», sagt Huber vom Tiefbauamt. Schon das nun in Auftrag gegebene Gutachten des Fachbüros soll die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission überprüfen. Huber rechnet damit, dass der Zwischenstopp beim Kaltbrunner Riet die Verbindungsstrasse um ein bis zwei Jahre verzögern wird.

Grosses Problem, grosse Strasse

Schneller realisierbar wären lokale Lösungen – wie eine Unterführung beim Bahnübergang Uznach. Sowohl die IG Mobilität Region Uznach (IGMRU) als auch die Grünliberalen propagierten in den letzten Monaten solche Alternativen zur Grossumfahrung. Doch beim Kanton ist das kein Thema. «Nur mit solchen Massnahmen wird die von der Region festgestellte Verkehrsproblematik nicht gelöst», sagt Huber vom Kanton.

Die Region Zürichsee-Linth legte 2010 diverse Ziele fest, wie Huber sagt. Zum Beispiel: das ganze östliche Gastergebiet möglichst direkt auf die A15 zu leiten. «Das kann nicht mit einer lokalen Lösung erreicht werden.»

www.a15-gaster.ch
www.a15-gaster.ch

Zubringer Industrie Schmerikon: Gemeinde erhält grünes Licht und Unterstützung seitens Kanton
Schmerikons Gemeindepräsident Félix Brunschwiler erwartet in diesen Wochen genaue Zahlen für das grosse Strassenprojekt. «Wir stehen in Kontakt mit den Planern», sagt er. Wegen der zeitlichen Verzögerung der Verbindungsstrasse A15-Gaster beabsichtigt die Politische Gemeinde Schmerikon, den Teilabschnitt Schmerikon vorzuziehen. «Da spricht nichts dagegen», sagt Manfred Huber vom kantonalen Tiefbauamt. Zu diesem Abschnitt gehört eine Unterführung der neu erbauten SBB-Doppelspur zwischen Schmerikon und Uznach (siehe Grafik). Damit sollen das Industriegebiet erschlossen und das Dorf entlastet werden. Nicht zuletzt wegen der Inbetriebnahme der Doppelspur sieht der Gemeinderat hohen Handlungsbedarf. Doch: «Die Finanzierung wird zur Herausforderung, da der Kanton wegfällt», sagt Brunschwiler. Inwieweit Betroffene und Nutzniesser, zum Beispiel die Ortsgemeinde, finanziell einzubeziehen seien, müsse noch abgeklärt werden. Als eigenständiges Gemeindeprojekt dürfte die Strasse um die 11 bis 12 Millionen Franken kosten. Das ist der Betrag, den die Gemeinde Schmerikon beim vierten Agglomerationsprogramm eingegeben hat. Dadurch winken der Gemeinde Bundesmittel. Später soll der Kanton St. Gallen die Strasse wieder übernehmen – sofern das Gesamtprojekt A15-Gaster realisiert werden kann. Zu welchen Bedingungen, wird derzeit geklärt. In der Zwischenzeit stellt der Kanton gemachte Planungsgrundlagen der Gemeinde zur Verfügung. Dazu kommt kantonale Unterstützung mittels Expertise. Denn der neue Zubringer ins Industriegebiet fällt im Bereich des Anschlussknotens A15 in den Nationalstrassenperimeter. «Das führt zu Gesprächen mit dem Bund, bei denen wir die Gemeinde fachlich unterstützen werden», erläutert Huber vom Tiefbauamt. (wyf)

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