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Kommission lehnt SP-Antrag zu begrenzten Prämien ab

Die SP fordert, kein Haushalt solle über zehn Prozent seines Einkommens für die Krankenkasse ausgeben müssen. Die vorberatende Kommission empfiehlt dem Landrat ein Nein und folgt damit dem Regierungsrat.

Fridolin
Rast
14.12.20 - 04:30 Uhr
Politik
Wie arme Familien entlasten? Die SP will die Krankenkassenprämien per Memorialsantrag begrenzen, die Landratskommission glaubt, das Vorhaben sei kontraproduktiv.
Wie arme Familien entlasten? Die SP will die Krankenkassenprämien per Memorialsantrag begrenzen, die Landratskommission glaubt, das Vorhaben sei kontraproduktiv.
Christian Beutler/Keystone

Der Landrat behandelt am Mittwoch im «Schützenhaus» in Glarus einen Memorialsantrag der SP des Kantons Glarus, der vor die nächste Landsgemeinde kommen soll. Der Titel nennt dessen Forderung: «Zehn Prozent des verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien sind genug.» Kein Haushalt solle mehr dafür aufwenden müssen. Mit einer stärkeren Prämienverbilligung stiege die Kaufkraft der tiefen und mittleren Einkommen.

Nach dem Regierungsrat hat sich die Kommission Gesundheit und Soziales des Landrats über das Geschäft gebeugt. Der Regierungsrat schrieb im September noch einen Antrag von 27 Seiten, die Überlegungen der Kommission haben auf drei Seiten Platz. Sie empfiehlt dem Plenum, den SP-Memorialsantrag abzulehnen und der Landsgemeinde zum Nein zu raten. Damit folgt die Kommission mit sechs Nein gegen zwei Ja bei einer Enthaltung dem Regierungsrat.

Graubünden erfüllt SP-Forderung

Die Befürworter in der Kommission waren also klar in der Minderheit. Ein Mitglied wies laut deren Bericht aber darauf hin, dass der Kanton Graubünden eine maximale Belastung von zehn Prozent des anrechenbaren Einkommens kenne. Den Bündner Modellhaushalten verbleibe eine Prämienbelastung von neun Prozent des verfügbaren Einkommens. Würde der Kanton Glarus mit zusätzlichem Geld die Prämien weiter verbilligen, so sei dieses Ziel auch im Kanton Glarus erreichbar.

Die sogenannten Modellhaushalte werden vom Bund charakterisiert, sie sollen jenen weniger gut gestellten Teil der Bevölkerung abbilden, der aus sozialpolitischen Gründen Prämienverbilligung bekommen soll. Obwohl diese Haushalte weniger Einkommen zur Verfügung haben, sollen die Prämien auch bei ihnen nicht mehr als 10 Prozent des Einkommens auffressen, fordert die SP. Sie sind aber laut dem Regierungsbericht heute im Schnitt mit 12 Prozent belastet, wobei die Verordnung den Selbstbehalt auf maximal 14 Prozent festlegt. Kleiner als im Kanton Glarus sei die verbleibende Prämienlast der Modellhaushalte nur in fünf Kantonen.

Regierung verweist auf Einzelfälle

Glaubt man der SP, so soll es aber Glarner Haushalte geben, die mit bis zu 20 Prozent durch die Prämien belastet sind. Regierung und Kommission entgegnen, das sei nur möglich, wenn jemand keine Prämienverbilligung beantrage, eine teure Krankenkasse wähle oder in Einzelfällen ein tiefes Einkommen und ein hohes Vermögen habe. Wohl also jemand, der geerbt hat oder vorab im Alter noch im eigenen Haus wohnt und kein Anrecht auf Prämienverbilligung hat.

In der Kommission forderte ein Mitglied, der Landsgemeinde ein Ja zu empfehlen. Die Krankenkassenprämien belasteten viele Haushalte, und diese Belastung müsse reduziert, respektive begrenzt werden. Man solle dafür jene Variante des Regierungsrates wählen, deren Kosten er auf 4,2 Millionen Franken jährlich beziffert. Die billigste skizzierte Variante wäre halb so teuer, die teuerste würde dagegen rund 14 Millionen Franken kosten.

Der Regierungsrat hatte gegen den SP-Antrag angeführt, man müsse im Gesundheitswesen ansetzen. Dessen Kosten könne man laut dem Bund mit mehr Effizienz um 20 Prozent senken. In der Kommission war das gleiche ein Argument für die SP-Forderung: Müsste der Kanton mehr Prämienverbilligungen bezahlen, so sei er eher motiviert, Gesundheitskosten zu senken.

Doch letztlich zogen die Argumente, die schon der Regierungsrat genannt hatte. Während die Sozialdemokraten auf die Überschüsse der Kantonsrechnung in den vergangenen Jahren verweisen, warnte die Regierung davor, die Steuern müssten um bis zu 8 Steuerprozente erhöht werden. Die sozial Schwächeren, die heute von der Prämienverbilligung profitierten, würden damit laut Regierungsrat sogar – via Steuern – stärker belastet. Ausserdem habe der Kanton in den letzten Jahren die Prämienverbilligungen verbessert und breiteren Kreisen zugänglich gemacht. Die sozial Schwächeren im Glarnerland seien weniger belastet als im Schweizer Durchschnitt.

Die Automatik kommt später

In einer Motion hatte die SP auch gefordert, der Anspruch auf Prämienverbilligung müsse vom Kanton automatisch ermittelt werden, ein Antrag solle überflüssig werden. Der Regierungsrat schlägt nun vor, dieses Anliegen erst dann zu behandeln, wenn an der Landsgemeinde über die Zehnprozent-Grenze entschieden sei.

Krankenkassenprämien, Gerichtsreform, Corona

Der Landrat tagt am Mittwoch, 16. Dezember, um 8 Uhr, im «Schützenhaus» in Glarus. Wegen Corona sind keine Zuschauer zugelassen. Das Parlament berät:

● die Änderung des Gesetzes über den Zivilschutz, 2. Lesung

● die Änderung der Verordnung zum Steuergesetz, 2. Lesung

● den Memorialsantrag von Jungen Grünen und Grünen «Slow Sundays im Klöntal»; Zulässig- und Erheblicherklärung

● den Memorialsantrag der SP «10 Prozent des verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien sind genug.»

● die Gerichtsreform: Änderung der Verfassung und des Gerichtsorganisationsgesetzes

● zur Coronavirus-Pandemie: Umwidmung des Corona-Fonds für die kantonale Härtefallunterstützungen und Äufnung des Fonds mit 1,9 Millionen Franken auf Total 4,3 Millionen

● den Zeitpunkt des Inkrafttretens von Landsgemeindevorlagen

● das Postulat der Grünen zum «Klimaschutz bei den Motorfahrzeugsteuern»

● die dringliche Interpellation der SP zum generellen Besuchsverbot der Alters- und Pflegeheime

● die SVP-Interpellation «Kosten Sanierung Landratssaal» 

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