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Maskenpflicht sorgt für Wirrwarr in Innenstädten

In einigen Städten gilt Maskenpflicht im Siedlungsgebiet. Nicht so in Rapperswil-Jona. Da setzt der Stadtrat auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung. Vorerst.

Fabio
Wyss
09.11.20 - 03:30 Uhr
Politik

Ganz so bunt kommt der Schweizer Corona-Flickenteppich nicht mehr daher wie auch schon. Der Bund hat viele Regeln vereinheitlicht. Nicht aber beim Maskentragen.

Ende Oktober schlug der Bundesrat den Kantonen vor, eine Maskenpflicht in Siedlungsgebieten einzuführen. Der Kanton St. Gallen beauftragte daraufhin die Gemeinden, die Bereiche für eine Maskenpflicht zu definieren. Nach dem Gusto des Stadtpräsidenten von Rapperswil‑Jona ist das nicht: «Ich glaube nicht, dass es Sinn macht, auf Stufe Gemeinde Massnahmen zu beschliessen», sagt Martin Stöckling.

Aus Kantönli- wird Städtligeist

Der nun herrschenden Flickenteppich in den Städten und Dörfern gibt ihm Recht: Meilen ZH etwa weist an belebten Orten mit Plakaten auf die Maskenpflicht hin. In Stäfa ZH macht die Gemeindepolizei Kontrollen an Bushaltestellen und am Bahnperron. In Frauenfeld ist die komplette Innenstadt von 8 bis 20 Uhr eine Maskentragzone. St. Gallen verzichtet zwar darauf, einen bestimmten Perimeter für die Maskenpflicht festzulegen. Der Stadtrat ruft aber dazu auf: «Tragt in der Öffentlichkeit generell eine Maske!»

Und was gilt in Rapperswil-Jona? «Im Moment haben wir darauf verzichtet, definierte Bereiche festzulegen», sagt «Stapi» Stöckling. Die Ausnahmen bilden die Sportanlagen Grünfeld und der Freitagsmarkt. «Es hängen an vielen Orten auch Plakate», betont Stöckling. Der Ordnungsdienst sei ebenfalls unterwegs, kontrolliere aber nicht spezifisch aufs Maskentragen. «Wir glauben fest an die Eigenverantwortung der Bevölkerung. Zudem beobachten wir die Situation», sagt Stöckling im Namen des Gesamtstadtrats.

 

«Im Moment haben wir darauf verzichtet, definierte Bereiche festzulegen.»

Martin Stöckling, Stadtpräsident Rapperswil-Jona

 

Aber auch dem Vorgehen seiner St. Galler Stadtratskollegen kann er einiges abgewinnen. «Ich schliesse mich dem an.» Es liege an jedem Einzelnen, in der Öffentlichkeit eine Maske zu tragen, findet Stöckling. «Man übertreibt nicht, wenn man sagt: Die aktuelle Situation ist ernst.»

Massnahmenskeptiker zuhauf

Funktioniert das mit der Eigenverantwortung in Rapperswil-Jona? Immerhin ist die Stadt Domizil gleich mehrerer Massnahmenskeptiker. Etwa von FDP-Nationalrat Marcel Dobler, der mit dem Epidemiologen Christian Althaus auf Twitter Kleinkriege führt. Oder von SVP-Kantonsrat Christopher Chandiramani, der in einer einfachen Anfrage von der Regierung wissen will, wann der Maskentragzwang als Nötigung gilt. Oder aber von Gefässmediziner Daniel Holtz, der ein Gremium von über hundert Schweizer Ärzten anführt, welche die Strategie des Bundes kritisieren.

Ein Augenschein in der Rapperswiler Altstadt zeigt, dass die Stadt bei Weitem nicht mehr so belebt ist wie in Vor-Coronazeiten. Und: dass generell nur wenig Personen eine Schutzmaske tragen. Wer aus dem Geschäft oder dem Zug kommt, zieht die Maske unter das Gesicht. Wenn trotzdem jemand eine Maske trägt, gehört diese Person häufig der älteren Generation an.

Dabei müssten doch die Jüngeren die Risikogruppen schützen, heisst es überall: «Die Schutzmasken sind auch ein Schutz gegenüber anderen», sagt Stadtpräsident Stöckling. Er trägt darum selbst konsequent Maske, in jeder Sitzung, sei es auch bloss ein Termin zu zweit.

Wo die Freiheit aufhört

Stöckling erhofft sich dasselbe Engagement von der Bevölkerung. Er sei zwar kein Virologe; ein abschliessendes Bild könne er sich deswegen nicht anmassen. Aber: «Die Pandemie bedeutet ein erhöhtes Gefahrenpotenzial.»

Bezüglich Maske heisst das für den liberalen FDP-Mann Stöckling: «Die Freiheit des Einzelnen hört dort auf, wo die Freiheit der anderen anfängt.»

 

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