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Bauernverbandspräsident Ritter bringt Deal mit den Grünen ins Spiel

Der Präsident des Bauernverbandes, Markus Ritter, macht sich für eine Agrar-Allianz mit den Grünen stark. In einem Interview mit der «SonntagsZeitung» skizziert er einen entsprechenden Deal für eine neue Agrarpolitik.

Agentur
sda
09.02.20 - 13:51 Uhr
Politik
Markus Ritter, Biobauer und Präsident des Bauernverbands, macht sich für eine Agrar-Allianz mit den Grünen stark. (Archivbild)
Markus Ritter, Biobauer und Präsident des Bauernverbands, macht sich für eine Agrar-Allianz mit den Grünen stark. (Archivbild)
KEYSTONE/MARCEL BIERI

Die Grünen sollten sich mit landwirtschaftlichen Produktionsvorgaben zufrieden geben, die zwar erhöht würden, aber leicht unter dem Bio-Niveau blieben. Im Gegenzug könnten die Bauern die grüne Forderung nach einem Importstopp für Agrargüter, die nicht nach Schweizer-Standards produziert werden, stützen, schlägt Ritter vor.

Als ersten Schritt zu einem solchen Bündnis fasst er die Unterstützung des Referendums gegen den Freihandelsvertrag mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten ins Auge. «Ich glaube, wir sollten uns mit den Grünen zusammentun und uns auf einen solchen Kompromiss einigen», sagt Ritter.

Landwirtschaft und Umwelt schützen

«Schauen Sie, in Brasilien spielt es keine Rolle, ob Sie auf gerodetem Land produzieren, und in den USA ist Gentechnik weit verbreitet, während bei uns hohe Standards gelten. Diese Rechnung kann für uns nicht mehr aufgehen», sagt Ritter. Deshalb sei er persönlich überzeugt, dass die Landwirtschaft hier ein solches Bündnis mit den ökologischen Kräften diskutieren müsse, «zum Schutz der Landwirtschaft und der Umwelt».

Sollte sich bestätigen, dass das Mercosur-Freihandelsabkommen im Bereich der Nachhaltigkeit keine griffigen Bestimmungen enthalte, «werden wir sehr genau überlegen müssen, ob ein solcher Weg noch zukunftsgerichtet ist», konkretisiert Ritter. «Und im Rahmen der Landwirtschaftspolitik werden wir uns für den Erhalt des Grenzschutzes mit Nachhaltigkeitsvorschriften einsetzen.»

Die Bauern würden sich, um Mehrheiten zu finden, zwischen den Ultraliberalen, die einfach die Grenze öffnen wollen, und den Grünen entscheiden müssen, so Ritter weiter. «Und ich glaube, eine Diskussion mit Grünen ist eher möglich.»

Mittelweg bei Inlandvorschriften

Bei den Inlandvorschriften sei es aber wichtig, dass ein vernünftiger Mittelweg gefunden werde. Die Schweiz habe bereits heute eines der strengsten Tierschutzgesetze der Welt. Deshalb unterstütze er die Initiative gegen Massentierhaltung nicht.

«Ich als Biobauer finde es ja gut, dass wir strengere Tierhaltungsvorschriften haben, aber das macht auch unsere Produktion teurer. Wir können nicht noch viel strenger werden, wenn unsere Bauern ihre Konkurrenzfähigkeit nicht total verlieren wollen.»

Denn der Anteil an Bioprodukten, die verkauft werden können, betrage in der Schweiz heute erst 12 Prozent. Das zeige, dass die Mehrheit der Konsumenten noch nicht bereit ist, Biopreise zu zahlen. Die Umsetzung der Initiativen würde aber die Lebensmittel um 20 bis 40 Prozent verteuern.

Kritik am Bundesrat

Auf der anderen Seite seien ihm die Vorschläge des Bundesrates ein Graus, sagt Ritter: Der Bundesrat möchte im Inland strengere Vorschriften, ohne dass diese auch bei Importprodukten eingehalten werden müssen. «Er sagt, das sei wegen den WTO-Vorschriften nicht erlaubt», kritisiert Ritter.

«Der Vorschlag zu einer so einseitigen Bevorteilung ausländischer Produkte gegenüber einheimischen Lebensmitteln macht mich fertig. Denn das würde die Schweizer Landwirtschaft schlicht aufreiben.»

Regula Tschanz, Generalsekretärin der Grünen, erklärte am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, dass Markus Ritter Recht habe, wenn er sage, dass es endlich eine Qualitätsstrategie für importierte Lebensmittel geben müsse. Er habe deshalb 2018 konsequenterweise die Fair-Food-Initiative der Grünen unterstützt. Wie dies auch Bauernverbände in der Westschweiz oder der Verband der Bäuerinnen und Landfrauen getan hätten.

Grüne bieten Hand für Lösungen

Das Ziel der Fair-Food-Initiative war es laut Tschanz den Umwelt- und Tierschutz in der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft bei gleichzeitiger Regelung der Importe zu stärken. Ohne verbindliche Regeln für den nachhaltigen Handel bestehe die Gefahr, dass Detailhandel und Gastronomie höhere Umweltstandards in der Schweiz einfach mit Billig-Lebensmitteln aus dem Ausland umgehen würden.

«Wir sind bereit, mit dem Bauernverband zusammen eine nachhaltige Handelsstrategie durchzusetzen. Aber wir wollen auch einen griffigen Gegenvorschlag zu den Pestizid-Initiativen», betonte Tschanz. Ein solcher Gegenvorschlag müsse rasch Verbesserungen bringen und Bauernbetrieben neue Perspektiven eröffnen. «Wir setzen uns gerne mit dem Bauernverband dazu an einen Tisch», erklärte die Grünen-Generalsekretärin. Es brauche rasch Lösungen.

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