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Nicht nur der Bundesrat schummelt beim Foto

Aus Thomas Rüegg mach Luca Eberle: Das neuste Foto des Stadtrats von Rapperswil-Jona ist eine Bildmontage. Was lässt sich daraus ableiten? Eine Bildanalyse.

20.01.20 - 18:14 Uhr
Politik

Was hat der Stadtrat von Rapperswil-Jona mit dem Bundesrat gemeinsam? Mal abgesehen davon, dass sieben Köpfe zum Gremium gehören? Antwort: das offizielle gemeinsame Foto – das bei näherem Hinsehen gar nicht so gemeinsam ist, wie es scheint. So stellte sich beim unlängst präsentierten neuen Gruppenfoto der Bundesräte heraus, dass die Mitglieder des Ensembles in Wahrheit separat fotografiert wurden. Erst via Zauberhand – sprich: Fotomontage – wurden Simonetta Sommaruga und Co. vereint. «Ein Ensemble aus Solisten», spöttelte etwa der «Tages-Anzeiger».

«Stapi» hat Bart verloren

So etwas gibt es nur in Bundesbern, mag man denken. Weit gefehlt! Ein Klick auf die Homepage der Stadt Rapperswil-Jona zeigt: Auch am Obersee wurde eine Behörde mit ein paar optischen Tricks in Einklang gebracht. Seit dem 1. Oktober ist der Stadtrat mit dem frisch dazugestossenen Schulpräsidenten Luca Eberle in neuer Zusammensetzung unterwegs.

Dynamisch und voller Elan schreitet das Siebnergremium inklusive Eberle im aktuellen Bild voran. Doch halt: Trägt «Stapi» Martin Stöckling nicht seit geraumer Zeit einen Stoppelbart, das Haar nicht mehr so streng nach hinten frisiert? Hat er für das neue Foto etwa die Zeit um 2,5 Jahre zurückgedreht?

Ein Blick ins Archiv entlarvt die Fotomontage: Das Bild stammt aus dem Jahr 2017. Aufgenommen wurde es ursprünglich noch mit alt Stadtrat Thomas Rüegg, dem ehemaligen Schul-präsidenten – der nun am Bildschirm geschickt durch Neuling Luca Eberle ausgetauscht wurde. Sein linker Arm streift sogar scheinbar den seines Nachbarn Thomas Furrer – so nah scheinen sich die Räte auf dem Bild zu stehen. So nah und doch so fern!

Einzelshooting war günstiger

«Man sieht es kaum, nicht wahr?», freut sich der stellvertretende Stadtschreiber Stefan Eberhard, auf die Bildmontage angesprochen. Haben die Stadträte etwa so viele Termine, dass man sie nicht zusammen zum Fotoshooting einberufen konnte? Eberhard verneint: Weniger aus Zeit-, dafür aus Kostengründen habe sich die Stadt für ein Einzelshooting mit Eberle entschieden. Denn, fügt er an: Ein aktuelles Gruppenbild gebe es so oder so nach den Erneuerungswahlen im Herbst. «Für die paar Monate» hätte sich ein neues Foto kaum gelohnt.

Ein Schelm, wer daraus schliesst, dass der Stadtrat offenbar damit rechnet, der Wahlherbst werde zu einer Veränderung des Gremiums führen. Denn hätte man sonst nicht direkt ein neues Gruppenfoto mit Eberle schiessen können? Eines, das vielleicht auch nach der heissen Wahlkampfphase noch Gültigkeit hätte? Fragen über Fragen.

Immerhin: Die Retusche von Rüegg zu Eberle sei die einzige, heisst es auf der Stadtkanzlei. Auch der Hintergrund ist nicht etwa nachträglich eingeblendet worden. Wer glaubt, darin die Fassade des Stadthauses zu erkennen, irrt: Das Foto ist im Eventhouse Rapperswil entstanden.

Der Mann ohne Krawatte

Nun könnte man noch einen Schritt weiter gehen und sich fragen, welche Rückschlüsse der Dresscode der Räte in der Bildmontage zulässt. Eine Kleidervorschrift habe es nicht gegeben, sagt Eberhard. Dass alle im Anzug erschienen, habe sich von allein ergeben. Gut, dass alle gezielt in den Kleiderschrank griffen: «Ein Foto im Hawaiihemd hätte sich nicht so gut gemacht», scherzt er.

Und doch gibt es einen frappanten Unterschied unter den männlichen Ratsmitgliedern: Neo-Stadtrat Eberle ist der einzige ohne Krawatte. Ob das auf einen lockeren Führungsstil schliessen lässt?

Bleibt zu hoffen, dass der Stadtrat die Einigkeit, die er auf dem Bild suggeriert, im Alltag effektiv umsetzt. Und bei politischen Geschäften nicht nur zum Schein dynamisch in die gleiche Richtung geht.

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