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Landratskommission warnt vor dem Bauen auf Pump

Am Mittwoch berät der Landrat das Budget und die Finanzaussichten für die kommenden Jahre. Die hohen Investitionen in Gebäude und Strassen führen zu hohen Schulden.

Daniel
Fischli
02.12.19 - 04:30 Uhr
Politik
«Begehrlichkeiten»: Die Stichstrasse ist eines der teuren Bauprojekte des Kantons.Bild Sasi Subramaniam
«Begehrlichkeiten»: Die Stichstrasse ist eines der teuren Bauprojekte des Kantons.Bild Sasi Subramaniam

Die Finanzaufsichtskommission des Landrates legt den Finger auf den wunden Punkt im Finanzplan des Kantons: Sie beauftragt die Regierung, bis in einem Jahr zu zeigen, wie die Verschuldung des Kantons gebremst werden kann.

Wie der Regierungsrat selber vorrechnet, hatte der Kanton 2018 Schulden von 50 Millionen Franken. Bis 2024 dürften sie auf knapp 240 Millionen Franken oder fast das Fünffache ansteigen. Am Mittwoch berät der Landrat über das Kantonsbudget für das nächste Jahr, den Finanzplan 2021 bis 2024 und die dazugehörigen Anträge der Finanzaufsichtskommission. Sie verlangt, dass die Schulden nach 2024 stabilisiert werden.

Pflegeschule, Lintharena, Strassen

Der Grund für die steigenden Schulden bis 2024 ist die «ausserordentlich hohe Investitionstätigkeit», wie die Regierung schreibt. Diese Investitionen könnten nicht aus eigener Kraft finanziert werden, der Kanton muss Schulden machen. Der grösste Posten ist dabei der Neubau der Pflegeschule in Ziegelbrücke für 25 Millionen Franken. Es folgen die Sanierung der Lintharena (21 Millionen Franken), die Querspange Netstal (16), die Entwässerung Braunwald (14), die Stichstrasse (11) und der Ausbau der Netstalerstrasse zum Flugplatz (7).

Noch nicht in dieser Aufstellung enthalten sind die Kosten für die neue Erschliessung von Braunwald. Wie die Regierung schreibt, hält sich die finanzielle Belastung für den Kanton «in einem überschaubaren Rahmen», falls nur eine neue Bahn gebaut wird. Wenn sich aber die Promotoren einer zusätzlichen Strassenerschliessung durchsetzen sollten, «würde sich auch der Finanzierungsbedarf nochmals markant erhöhen». Der Grund liegt darin, dass eine neue Bahn die Standseilbahn AG und der Bund bezahlen würden, die Strasse aber der Kanton und die Gemeinde.

Selbstfinanzierungsgrad zu tief

Das Mass für die Neuverschuldung ist der Selbstfinanzierungsgrad. Er zeigt, zu welchem Anteil Investitionen aus eigenen Mitteln finanziert werden können. Im Normfall sollte er zwischen 80 und 100 Prozent liegen. Um die Wirtschaft mit Bauvorhaben anzukurbeln, kann er auch einmal zwischen 50 und 80 Prozent liegen. Im Kanton Glarus liegt er nach Finanzplan in den nächsten Jahren aber nur zwischen 18 und 31 Prozent. Die Finanzaufsichtskommission will nun von der Regierung wissen, wie der Selbstfinanzierungsgrad nach 2024 wieder auf «mindestens 80 Prozent» kommt.

Die Regierung hat sich selber auch schon Gedanken über die unbefriedigende Situation gemacht. Zuerst einmal würden dem Kanton die tiefen Zinsen entgegenkommen: Die Schuldzinsen fallen laut Regierung «momentan noch kaum nennenswert ins Gewicht».

Sie skizziert aber auch vier Strategien. Erstens «das Prinzip Hoffnung»: Es komme nicht infrage, so die Regierung. Zweitens «die Strategie Sparen». Gegen sie würden «politische Begehrlichkeiten» sprechen, so die Regierung: «So wünscht der Landrat etwa ein schnelleres Tempo beim Neubau und Ausbau der Strassen.»

Die zwei Strategien, die der Regierungsrat verfolgen will, sind die Erhöhung der Einnahmen und die «bewusste Inkaufnahme» von Schulden. Ersteres geschieht über die zweckgebundenen Bausteuern für die Lintharena und die Stichstrasse, später auch für den Neubau der Pflegeschule, die Querspange und die Entwässerung von Braunwald. Auf über 2,95 Prozent soll der Bausteuerzuschlag aber nicht anwachsen.

Die Regierung geht selber davon aus, dass nach 2024 der Selbstfinanzierungsgrad – wie von der Kommission verlangt – wieder steigen wird. Schon in der Vergangenheit habe es Zeiten mit grossen Investitionen gegeben, auf die solche gefolgt seien, in denen die Verschuldung wieder habe getilgt werden können. So habe zwischen 2008 und 2018 der Selbstfinanzierungsgrad durchschnittlich bei 193 Prozent gelegen. «Dies erlaubte, die Verschuldung auf einen tiefen zweistelligen Bereich zu senken.»

Daniel Fischli arbeitet als Redaktor bei den «Glarner Nachrichten». Er hat Philosophie und deutsche Sprache und Literatur studiert. Mehr Infos

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