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Vieles spricht für bisheriges Ständeratsduo

Raufen sich die Bürgerlichen gegen SP-Mann Paul Rechsteiner zusammen? Das ist die grosse Frage bei den St. Galler Ständeratswahlen.

Pascal
Büsser
04.10.19 - 20:49 Uhr
Politik
Begehrtes Stöckli: Sieben Kandidaten buhlen um die zwei St. Galler Sitze im Ständerat, der kleinen Kammer im Schweizer Parlamentssystem.
Begehrtes Stöckli: Sieben Kandidaten buhlen um die zwei St. Galler Sitze im Ständerat, der kleinen Kammer im Schweizer Parlamentssystem.
KEYSTONE

Die Experten und Politinteressierten sind sich einig. Der Kampf um die zwei St. Galler Ständeratssitze ist am 20. Oktober nicht entschieden. Es wird im November einen zweiten Wahlgang geben. Die meisten gehen davon aus, dass es keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang schafft, so auch Politbeobachter Bruno Eberle (siehe Interview unten). Deutlich optimistischer ist Andreas Widmer, Vize-Präsident und Politik-Chef der CVP St. Gallen. Er glaubt, dass sein Kandidat, Beni Würth, die 50-Prozent-Hürde bereits im ersten Wahlgang knapp überspringt. Gemäss einer jüngsten Umfrage liegt Favorit Würth zwar im Rennen voraus, wird mit 41 Prozent das im ersten Wahlgang nötige absolute Mehr aber deutlich verfehlen (siehe Box).

SP und Grüne scheinen geeint

Widmer traut dieser Umfrage nicht. Er vermutet, dass etwa das Linthgebiet, Würths Heimbasis, in der Umfrage untervertreten sein dürfte. Ebenso glaubt er, entgegen der Umfrage, dass der Abstand zwischen SVP-Büchel und FDP-Dobler, den einzigen beiden ernsthaften Herausforderern des bisherigen Ständeratsduos, weniger als zehn Prozent ausmachen wird.

Der Abstand von Büchel und Dobler aufeinander dürfte mitentscheidend sein, was im zweiten Wahlgang passiert, der am 17. November stattfindet. Und wo das relative Mehr für eine Wahl reicht. Praktisch alle Politbeobachter gehen davon aus, dass SP-Mann Paul Rechsteiner für eine dritte Amtszeit ins Stöckli einzieht, falls SVP und FDP beide nochmals antreten im zweiten Wahlgang – und sich so gegenseitig Stimmen wegnehmen.

Bei SP und Grünen scheint es ausgemacht, dass sich Franziska Ryser für den zweiten Wahlgang zurückzieht, um dann alle linken Kräfte auf Paul Rechsteiner zu vereinen. «Diese Erwartung haben wir an die Grünen», sagt SP-Präsident Max Lemmenmeier. Grünen-Präsident Thomas Schwager hat bereits Ähnliches angedeutet. Den Grünen ging es wie den Grünliberalen primär darum, mit der Ständeratskandidatur Präsenz zu markieren und grüne Themen in die Debatte einzubringen.

Bürgerliches Konfliktpotenzial

Deutlich angespannter und konfliktträchtiger ist das Verhältnis unter den bürgerlichen Parteien. Wie verschiedene Repräsentanten bestätigen, hat es bereits Gespräche gegeben. Auf einen Deal konnte man sich bisher gemäss Parteistrategen nicht einigen.

Die bürgerlichen Verhandlungen sind auf die Tage nach dem 20. Oktober verschoben. Da Beni Würth gesetzt scheint, wird die Ausmarchung primär zwischen FDP und SVP, sprich Dobler und Büchel, stattfinden müssen. «Für mich ist klar: Wer das bessere Ergebnis macht, soll im zweiten Wahlgang gegen Rechsteiner antreten», sagt SVP-Wahlkampfleiter Toni Brunner. «Primäres Ziel muss sein, dass Paul Rechsteiner seine Politkarriere beenden darf.» Brunner sagt dies in der Annahme, dass der SVP-Kandidat vorne liegen wird. «Wir hoffen, dass er das beste Ergebnis aller machen wird», sagt Brunner gar.

Tatsächlich deutet die jüngste Umfrage darauf hin, dass die FDP das Feld für die SVP räumen müsste, wenn es ihr mit dem bürgerlichen Schulterschluss gegen Rechsteiner ernst ist. Doch lassen es der Stolz der einst staatstragenden Partei und der jüngste Holzhammerschlag der SVP mit dem wurmstichigen Apfelplakat zu, dass die FDP über ihren Schatten springt?

«Es gibt bei uns starke Strömungen, die sich für eine ungeteilte bürgerliche Standesstimme aussprechen», sagt FDP-Geschäftsführer Christoph Graf. «Aber es kommt auf die Konstellation nach dem ersten Wahlgang an.» Zudem müsse man auch das Potenzial der Kandidaten analysieren, über die Parteigrenzen zu mobilisieren. Er meint damit, dass SVP-Kandidaten die klar stärkste Heimbasis haben, aber oft wenig Stimmen ausserhalb sammeln.

«Wenn Dobler im ersten Wahlgang hinter unserem Kandidaten liegt, kann er auch im zweiten nicht gegen Rechsteiner gewinnen», sagt dagegen Toni Brunner unmissverständlich.

Und welche Rolle spielt die CVP? «Wenn Beni Würth im ersten Wahlgang durchkommt, ist für uns ein bürgerlicher Pakt denkbar», sagt Widmer. «Wenn nicht, werden wir uns auf keine Spiele einlassen, sondern uns auf unseren Kandidaten konzentrieren.»

Nach einem bürgerlichen Masterplan gegen Rechsteiner tönt das nicht. Oder sind alle Aussagen Nebelgranaten, die einen Geheimplan verbergen sollen? Ende Monat weiss man mehr.

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FDP und SVP haben es bereits im Frühjahr verpasst etwas zu ändern. Mit einem gemeinsamen Kandidaten wären die Chancen einen Sitz gegen Beni Würth zu erobern realistisch gewesen. Und jetzt im Herbst nochmals zusammen gespannt sogar eine doppelte bürgerliche Besetzung möglich gewesen. Chance verpasst. Der Kanton St. Gallen wird wohl weiter von der politisch nicht korrekten Besetzung SP und CVP vertreten werden. Noch blöder, wenn bei einem absehbaren Rücktritt von Rechsteiner wieder ein SPler kommt. Man hat es selbst vergeigt. Es war absehbar, doch hat man auf entsprechende Hinweise nicht reagiert.

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