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Jugend übernimmt im Grossen Rat das Zepter

An der Jugendsession haben sich rund 30 Jugendliche im Politisieren geübt. Herausgekommen sind spannende Diskussionen und sieben Petitionen, welche die Bündner Regierung nun prüft.

08.04.19 - 04:30 Uhr
Politik
30 Jugendliche haben den Weg in den Grossen Rat gefunden.
30 Jugendliche haben den Weg in den Grossen Rat gefunden.
MARCO HARTMANN

Als «weltweit einzigartiges Konzept» pries Lukas Kistler die Petition an, die er und seine Arbeitsgruppe Energie und Umwelt im Rahmen der Jugendsession erarbeitet haben. Dabei forderten die Jugendlichen, «dass die Haltung von Nutztieren im Kanton Graubünden zugunsten vermehrten Ackerbaus verboten wird. Hingegen wird die Herstellung von Fleisch aus Laboren gefordert.» Eine Forderung, die gestern Vormittag im Grossratssaal in Chur unter dem politischen Nachwuchs für heftige Diskussionen sorgte.

Wie er sich dieses Verbot denn genau vorstelle, wollte eine Plenumsteilnehmerin wissen. «Die Zucht der Tiere soll schrittweise verboten werden», antwortete Kistler. Und woher sollen dann die Bündnerinnen und Bündner Fleisch beziehen, fragte ein anderer Teilnehmer. Solle dann noch mehr importiert werden, war eine weitere Frage. «Nein, es gelte ein absolutes Importverbot. Auch von Nachbarkantonen. Wir haben ja in Graubünden Wildtiere. Dieser Konsum soll erlaubt sein», so Kistler. Ob er sich keine Gedanken mache über die verlorenen Arbeitsplätze der Bauern, kam die Frage von einer Person eine Sitzreihe weiter hinten. «Doch, aber die Bauern haben ja die Chance, ihre Produktion auf einen Betrieb ohne Nutztiere umzustellen, so Kistler. Man solle sich auch einmal auf die Zeiten der Walser zurückbesinnen und daran denken, wie diese überlebt haben.

Es war eine angeregte Diskussion, welche die 26 anwesenden Jungpolitikerinnen und -politiker führten. Moderator Fabio Nay, der gestern die Rolle des Standespräsidenten innehatte und durch die Session führte, musste die Debatte aus zeitlichen Gründen nach einer guten halben Stunde unterbrechen und zur Abstimmung ansetzen. Fazit: 16 Anwesende stimmten gegen die Annahme der Petition, acht dafür und zwei enthielten sich der Stimme.

Diskussion entfachen

«Es war logisch, dass diese Petition keine Chance für eine Annahme hatte. Aber das war gar nicht unser Ziel», sagte Kistler danach. «Wir haben bei der Erarbeitung des Textes bewusst etwas zugespitzt und wollten dadurch eine Diskussion entfachen. Das ist ja gerade bei der Jugendsession das Schöne: Hier hat man noch etwas Narrenfreiheit.»

Jugendsession alle zwei Jahre

Der 20-jährige Kistler gehört als einer der wenigen Teilnehmer der Jugendsession einer Partei an. Er ist Mitglied der Jungen Grünliberalen Partei (GLP). «80 Prozent der Jugendsession-Teilnehmer gehören keiner Partei an», sagte Nicola Stocker, Präsident des Vereins Jugendsession und selber Mitglied in der Jungen SVP Graubünden.

Stocker machte gleich zu Beginn der Plenumsdiskussion klar, «dass ich heute nicht hören möchte: ‘Wir von derjenigen Partei.’ Nein, wir sind von der Jugendsession und nichts anderes.»

Es ging nicht um Parteipolitik, sondern darum, überparteiliche Verbesserungsvorschläge in Gruppen zu erarbeiten. Und die Jugendlichen so zur Politik zu bringen. Das Organisationskomitee der Jugendsession, die bis anhin nur alle drei Jahre stattfand, überlegt sich nun, die Session in kürzeren Abständen durchzuführen. «Im nächsten Jahr wird es sicher keine Session geben, aber vielleicht in zwei statt erst wieder in drei Jahren», sagte Stocker. Man werde jetzt im OK über die Bücher gehen.

Regierung nimmt Anliegen ernst

Insgesamt erarbeiteten die Jugendlichen acht Petitionen, über die sie im Plenum miteinander diskutierten und über die sie abstimmten. «Eine Petition handelte von Bildung und Ausbildung, eine von Jugend und Partizipation und sechs befassten sich mit dem Thema Energie und Umwelt», sagte Stocker.

Bis auf eine Petition – die erwähnte – wurden alle ausgearbeiteten Petitionen angenommen und gestern Abend Regierungspräsident Jon Domenic Parolini übergeben.

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