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Schiessen oder schliessen

Das teilrevidierte Umweltgesetz befindet sich in Graubünden in der Vernehmlassung. Einigen Schiessanlagen droht aufgrund der neuen Vorgaben die komplette Schliessung.

Patrick
Kuoni
05.02.19 - 04:30 Uhr
Politik
Rückgang der Mitgliederzahlen: Viele Schiessanlagen im Kanton müssen saniert werden. Doch vor allem kleinere Schiesssportvereine haben dazu nicht die nötigen Mittel.
Rückgang der Mitgliederzahlen: Viele Schiessanlagen im Kanton müssen saniert werden. Doch vor allem kleinere Schiesssportvereine haben dazu nicht die nötigen Mittel.
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Alle Schiessanlagen in der Schweiz sollen mit emissionsfreien, künstlichen Kugelfängen ausgerüstet werden. So will es der Bund. Dies, um zu verhindern, dass Schadstoffe ins Erdreich gelangen. Werden die Schiessanlagen mit diesen Kugelfängen ausgestattet, erhält der Kanton Gelder vom Bund. Allerdings nur noch bis Ende 2020. Ansonsten entfallen diese Beiträge.

Doch knapp zwei Jahre vor Ablauf der Deadline sind im Kanton Graubünden gemäss dem Amt für Natur und Umwelt (ANU) rund die Hälfte der Schiessanlagen noch nicht mit den benötigten Kugelfängen ausgestattet. Das ANU schätzt, dass dem Kanton nach aktuellem Stand rund 5,6 Millionen Franken entgehen würden und hält fest, dass es die Gemeinden bereits 2009 und 2016 mit einem Brief auf die Problematik aufmerksam gemacht hat. Deshalb hat das Amt die Teilrevision des Umweltgesetzes in die Wege geleitet. Diese befindet sich seit Kurzem in der Vernehmlassung. Mit der Revision wird unter anderem die gesetzliche Grundlage geschaffen, um Schiessstände, welche die nötigen Kugelfänge nicht bis zum Termin installiert haben, zu sperren, bis die notwendigen Sanierungen vorgenommen wurden.

Aufwand mancherorts zu gross

Für einige Schiessstände bedeutet diese Vorgabe allerdings das definitive Ende. Carl Frischknecht, Präsident des Bündner Schiesssportverbands (BSV), schätzt, dass bis Ende 2020 ungefähr 13 Anlagen (zehn 300-Meter- und drei 25/50-Meter-Anlagen) keine Kugelfangsanierung vornehmen und somit schliessen würden. Dies wären mehr als zehn Prozent im «ausserdienstlichen Schiesswesen» (gesamthaft gibt es im Kanton Graubünden 109 Anlagen). Frischknecht rechnet, dass sich dadurch auch zehn bis 15 Vereine auflösen oder mit anderen Vereinen fusionieren werden.

Doch weshalb werden diese Kugelfänge nicht einfach installiert? «Aufgrund eines weiteren Sanierungsbedarfs bei einigen Schiessanlagen, wie Ersetzen der Trefferanzeigen oder anstehende Unterhaltsarbeiten bei Schützenhäusern und den Scheibenständen, müssten einige Schützenvereine respektive Gemeinden mit hohen Investitionen rechnen», erklärt Frischknecht. Viele Gemeinden würden sich deshalb auch aus finanziellen Gründen Gedanken machen, die Anlagen zu schliessen und sich für das Absolvieren des obligatorischen Schiessens bei benachbarten Gemeinden einzukaufen.

Gute Zusammenarbeit

Frischknecht zeigt sich über die zu erwartenden Mitglieder- und Vereinsverluste sehr beunruhigt. Der Bündner Schiesssportverband werde alles daran setzen, die Schiessanlagen in den Gemeinden zu erhalten. Frischknecht hält aber auch fest: «Unsere Bestrebungen dürfen keine ungerechtfertigten oder zusätzlichen Kosten für die Allgemeinheit, den Kanton und die Gemeinden verursachen.»

Der BSV unterstütze deshalb diese Teilrevision. Der Verband werde die Mitglieder mit seinen Möglichkeiten dazu anhalten, sich bei einer nicht abzuwendenden Schliessung ihrer Anlage den neuen Gegebenheiten zu stellen. Konkret sollen Vereinsmitglieder lückenlos in andere Vereine übertreten, mit anderen Vereinen fusionieren oder der eigene Verein auf einer benachbarten oder regionalen Schiessanlage weitergeführt werden.

Davina Pollock vom Amt für Natur und Umwelt zeigt sich optimistisch, dass sich der Widerstand gegen diese Teilrevision auch ansonsten in Grenzen hält: «Die bisherige Zusammenarbeit mit den Gemeinden, Schützen- und Jagdvereinen lief gut, und es ist meist unbestritten, dass Erdkugelfänge oder Stirnholzkugelfänge nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen, da dadurch Belastungen des Bodens mit Blei und Antimon verursacht werden.»

Dass bisher eine klare und verständliche gesetzliche Grundlage gefehlt hat, habe manchmal zu etwas Verunsicherung bei den Gemeinden und Vereinen geführt. Das Amt für Natur und Umwelt sei daher zuversichtlich, dass die Teilrevision eher begrüsst werde.

Patrick Kuoni ist Redaktor und Produzent bei Südostschweiz Print/Online. Er berichtet über Geschehnisse aus dem Kanton Graubünden. Der Schwerpunkt seiner Berichterstattung liegt auf den Themenbereichen Politik, Wirtschaft und Tourismus. Wenn er nicht an einer Geschichte schreibt, ist er als einer der Tagesverantwortlichen für die Zeitung «Südostschweiz» tätig. Patrick Kuoni ist in Igis (heutige Gemeinde Landquart) aufgewachsen und seit April 2018 fester Teil der Medienfamilie Südostschweiz. Mehr Infos

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