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Autobahntafel wird zum Politikum

Im Kanton Zürich werben Hinweistafeln entlang der Autobahn A3 für Ausflugsziele im Kanton Schwyz. Dies ist drei Kantonsräten aus dem Bezirk Horgen ein Dorn im Auge.

Linth-Zeitung
11.11.18 - 10:54 Uhr
Politik
Autofahrer müssen nach diesem Schild bis zur Grenze noch einige Kilometer unter die Räder nehmen.
Autofahrer müssen nach diesem Schild bis zur Grenze noch einige Kilometer unter die Räder nehmen.
MORITZ HAGER

von Conradin Knabenhans

Nur höchst ungern würde ein Zürcher mit einem Schwyzer Nummernschild am Auto herumkurven – und umgekehrt. Kein Wunder also, dass auch «falsch» platzierte Autobahntafeln die Emotionen hochgehen lassen. Anfang Oktober montierte der Kanton Schwyz entlang der Autobahn A3 neue Tourismustafeln. Auf Höhe des Wädenswiler Rastplatzes Gerenau heisst es «Willkommen im Kanton Schwyz», wenige Hundert Meter weiter – ebenfalls noch auf Zürcher Boden – wird für den Hoch-Ybrig und das Kloster Einsiedeln geworben.

«Rückfall ins Mittelalter»

Nun hat die Platzierung von Schwyzer Werbetafeln auf Zürcher Boden politische Konsequenzen. Über alle Parteigrenzen hinweg wollen drei Kantonsräte in einer Anfrage wissen, ob die Montage der Tafeln ein «Rückfall ins Mittelalter» sei oder einfach nur Stilbruch. Hans-Peter Brunner (FDP, Horgen), Christina Zurfluh (SVP, Wädenswil) und Jonas Erni (SP, Wädenswil) schreiben: «Die Schwyzer fallen nicht mehr nur täglich mit ihren Pendlerstörmen in den Bezirk Horgen ein, sondern sie haben die Kantonsgrenze sichtbar um rund 3,5 Kilometer seeabwärts verschoben.» Das sei ein Ereignis, «was seit dem Ende des Alten Zürichkriegs 1450 nicht mehr zu erwarten war», meinen sie mit spitzer Feder weiter. Diese «territorialen Fake News» irritierten, gerade weil eine vertrauensvolle Nachbarschaft zwischen den Kantonen bestehe. Staatspolitisch sei die Tourismuswerbung etwas unsensibel, weil ja nicht bloss für eine Region geworben werde, sondern man sich gleich auch auf dem falschen Staatsgebiet wähne.

Die Kantonsräte wollen wissen, ob die Platzierung der Tafeln zwischen den Kantonen abgesprochen ist.

Der Regierungsrat muss sich, nebst der humorvollen Anfrage, mit handfesten und ernst gemeinten Fragen auseinandersetzen. Unter anderem wollen die drei Kantonsräte wissen, ob die Platzierung der Tafeln zwischen den Kantonen abgesprochen ist oder ob der Kanton Interesse daran hat, ebenfalls exterritoriale Werbung schalten zu wollen.

Die fremden Tafeln haben – aus Sicht von Schwyz Tourismus – einen guten Grund. Man habe die Tafel für den Hoch-Ybrig und das Kloster Einsiedeln vor der Ausfahrt Richterswil platziert, weil das der direkte Weg zu diesen Ausflugspunkten sei, hiess es Anfang Oktober, als die Tafeln montiert wurden. «Nur die wenigsten wissen, wo genau die Kantonsgrenze verläuft», erklärte Vendelin Coray, Geschäftsleiter von Schwyz Tourismus, damals und ergänzte sogleich, «ausser die Ortskundigen natürlich.»

«Den Gast gut lenken»

Das Verwischen von Grenzen auf Hinweistafeln für touristische Ausflugsziele ist durchaus gewollt: «Ziel ist es, den Gast möglichst gut zu lenken und ihn auf die Angebote aufmerksam zu machen», sagt Simon Elsener, Direktor von Rapperswil Zürichsee Tourismus. «Im Dreieck der Kantone Zürich, Schwyz und St. Gallen ist auch gegenseitige Toleranz gefragt», meint er und verweist dabei auf «kulturelle Unterschiede» der Kantone. «In St. Gallen, wo die Erneuerung der Schilder ebenfalls bevorsteht, wird man voraussichtlich ohne Kantonswappen auskommen.» Entlang der A 3 und der A 53 werde der Gast ganz einfach in der Region Zürichsee-Linth willkommen geheissen. Dies mit dem touristischen Slogan «Zürichsee, Schweiz». Allerdings könnte es dabei zum nächsten, weniger sichtbaren Kantonsknatsch kommen. Das erste St. Galler Schild entlang der A 53 dürfte nämlich ebenfalls wieder auf Zürcher Boden stehen – diesmal einfach in der Region Rüti.

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