Mittelschulgesetz und Hochschulzentrum letztlich unumstritten
Wir tickern für Euch die wichtigsten Entscheidungen und Reaktionen aus dem Bündner Kantonsparlament. Am zweiten Tag der Oktobersession gings um das Bündner Mittelschulgesetz und die Realisierung eines Hochschulzentrums für die HTW Chur.
Wir tickern für Euch die wichtigsten Entscheidungen und Reaktionen aus dem Bündner Kantonsparlament. Am zweiten Tag der Oktobersession gings um das Bündner Mittelschulgesetz und die Realisierung eines Hochschulzentrums für die HTW Chur.
Seit der Oktobersession werden die Debatten des Bündner Parlaments im Internet übertragen. Hier gehts zum Livestream.
Ticker
Am zweiten Tag der Oktobersession hat der Bündner Grosse Rat:
- Die Totalrevision des Gesetztes über die Mittelschulen im Kanton Graubünden verabschiedet
- Den Bericht über die Realisierung eines Hochschulzentrums für die HTW Chur verabschiedet
Die Session wird am Mittwoch ab 8.15 Uhr fortgesetzt. Die Debatten sind öffentlich und werden auch in einem Livestream im Internet übertragen. Zudem tickern wir auch wieder für Euch.
Nino Schurter, Wölfe und ein neuer Tunnel
Die parlamentarische Fragestunde am Mittwoch geht mit der Bündner Wirtschaftspolitik hart ins Gericht.
Wie ist es möglich, dass Graubünden Ferien mit Kantonsgeldern einen Vertrag mit dem schottischen Biker Danny MacAskill abschliesst, um mit ihm für Graubünden zu werben, das Gleiche aber mit dem Bündner Bike-Weltmeister und -Olympiasieger Nino Schurter nicht tun kann? Das wollen in der parlamentarischen Fragestunde am Mittwoch die Grossrat Peter Engler (FDP, Davos) und Grossrat Patrik Degiacomi (SP, Chur) von der Regierung wissen.
Antworten zum Wolf will Grossrat Reto Crameri (CVP, Alvaschein): Die Kommunikationspolitik des Kantons sei schlecht, wenn es darum gehe, über den Aufenthalt eines Wolfes in der Region zu orientieren, schreibt er in seiner Frage. Dadurch sei ein «geeigneter, präventiver Herdenschutz schlecht möglich». Zudem sei ja nicht einmal bekannt, wie viele Wolfsrisse in diesem Jahr bereits festgestellt worden seien, so Crameri weiter.
Thema der parlamentarischen Fragestunde werden auch – einmal mehr – die Bündner Verkehrsverbindungen sein. So fordert der Grossrat Peter Flütsch (FDP, Splügen) die Regierung auf, Auskunft darüber zu geben, ob «in absehbarer Zeit» die Möglichkeit eines wintersicheren Ausbaus der Splügenpassstrasse bestehe – oder sogar der Bau eines Splügentunnels. Den wirtschaftlichen Nutzen des Passverkehrs, so Flütsch, dürfe man nämlich nicht unterschätzen.
Interessante serata al Museo naturale dei Grigioni - presentazione Ufficio caccia e pesca #Politischeraustausch @FDP_GR @graubuendner pic.twitter.com/TZiSpIFY7v
— Samuele Censi (@CensiSamuele) October 23, 2018
Und dann kommt noch die dritte grosse Kiste
Das dritte grosse Thema der Oktobersession ist die Teilrevision des kantonalen Raumplanungsgesetzes. Hier dürften die Interessen je nach Regionen und Parteien weit auseinandergehen. Bei der Revision geht es um die künftige Mehrwertabgabe bei Umzonungen sowie Landverkäufen. Der Bund schreibt vor, dass für solche Grundstücke mindestens 20 Prozent der Wertsteigerung oder des Verkaufspreises dem Gemeinwesen abgegeben werden müssen. Das Parlament wird darüber befinden, ob es in Graubünden mehr als diese vorgeschriebenen 20 Prozent sein soll.
Zudem geht es bei der Raumplanungsdebatte auch darum, Bauzonen gemäss Bundesvorgaben über 15 Jahre dem tatsächlichen Bedarf anzupassen. In Graubünden bedeutet das für zahlreiche Gemeinden eine Verkleinerung der Bauzonen verkleinert werden müssen.
Der Grosse Rat macht weiter vorwärts mit der Digitalisierung: SP, CVP und Teile der BDP schaffen die gesetzliche Grundlage für eine Informatikmittelschule.
— SP Graubünden (@SP_Graubuenden) October 22, 2018
Jetzt gehts schnell
Weil Eintreten unbestritten ist, leitet Standesvizepräsident Alessandro Della Vedova (CVP, San Carlo) zur Detailberatung des Berichts über die Realisierung eines Hochschulzentrums für die HTW Chur weiter.
Nun werden die Artikel richtiggehend durchgepaukt. Kommissionspräsident Bruno W. Claus (FDP, Chur), die Regierungsrat Martin Jäger (SP, Chur) und Regierungsrat Mario Cavigelli (CVP, Domat/Ems) sowie das Parlament sind sich auffällig einig. Es gab folgende Abstimmungsresultate:
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Der Realisierung eines Hochschulzentrums am Standort Pulvermühle unter Einbezug der bestehenden Räumlichkeiten stimmt der Grosse Rat mit 111:0 Stimmen bei 1 Enthaltung zu.
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Der Baubotschaft mit Raumprogramm und anschliessender Übertragung von Kanton an die HTW stimmt das Parlament mit 113:0 Stimmen bei 0 Enthaltungen zu.
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Der Vorfinanzierung der Nettoinvestitionen des Kantons und der Bildung einer Reserve von 90 Millionen Franken zulasten der Jahresrechnung 2018 stimmt der Grosse Rat mit 110:1 Stimmen bei 1 Enthaltung zu.
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Der Ausnahme der Ausgaben des Kantons für die Realisierung des Hochschulzentrums vom finanzpolitischen Richtwert betreffend Nettoinvestitionen wir mit 110:0 Stimmen bei 0 Enthaltungen zugestimmt.
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Dem Wunsch, mit der Baubotschaft für das Hochschulzentrum auch eine solche für die Gesamtgeschossfläche für inovationsbasierte Leistungen zu unterbreiten, stimmt der Grosse Rat mit 112:0 Stimmen bei 0 Enthaltungen zu.
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Und schliesslich wird der Aufhebung der Beteiligung am Neu Technikum Buchs auf den Zeitpunkt des Starts des Hochschulzentrums mit 110:2 Stimmen bei 0 Enthaltungen zugestimmt.
Damit ist der Bericht über die Realisierung eines Hochschulzentrums für die HTW Chur durch debattiert und verabschiedet.
Unter dem Motto «Lernen, forschen und entwickeln in Graubünden» findet am 25. Oktober 2018 der zweite Digitaltag Schweiz...
Posted by FHGR Fachhochschule Graubünden on Monday, October 22, 2018
Regierung will nun vorwärts machen
Bildungsminister Martin Jäger (SP, Chur) möchte in Sachen HTW Chur nach vorne blicken. Er erwähnt einige Eckdaten der Schule sowie die zuletzt um zehn Prozent gestiegenen Schülerzahlen. Weiter erläutert er noch einmal kurz den Entscheid zum Ein-Standort Pulvermühle.
Der Hochschulcampus soll mit Bruttoinvestitionen von 125 Millionen Franken raschmöglichst realisiert werden, so Jäger. Dazu braucht es in der laufenden Session die Zustimmung des Grossen Rates. Weiter präsentiert Jäger neben dem Nachteil des peripheren Standorts zehn Vorteile des vorgesehenen Standorts Pulvermühle.
Kaffeepause
Bevor die Regierung Stellung zu den zahlreichen Voten nehmen wird, schaltet Standesvizepräsident Alessandro Della Vedova (CVP, San Carlo) die Nachmittagspause ein.
Föhn gegen den Standortentscheid
Grossrat Sepp Föhn (CVP, Landquart) äussert sich erneut negativ über den Standortentscheid Chur. «Unsere Regierung hat in der Sache Hochschulzentrum mehrere Fehlentscheide getroffen. In Landquart gab es ein Areal eine Minute vom Bahnhof entfernt. In Chur beträgt die Gehdistanz vom Bahnhof bis zur Pulvermühle 25 Minuten», so der Gemeindepräsident von Landquart. Föhn äusserte sich hörbar gegen die inzwischen gefällten Entscheide. Wie er weiter sagte, möchte er nun aber nicht gegen das Hochschulzentrum arbeiten, sondern «vorwärtsmachen».
Und Grossrat Leonhard Kunz (FDP, Fläsch) stellt kritische Fragen zum Standort Pulvermühle. Insbesondere, weil auch das näher am Bahnhof gelegenen Areal Neumühle in Chur zur Verfügung gestanden hätte.
Auch Franz Sepp Caluori (CVP, Chur) kritisiert die periphere Lage des Areals Pulvermühle. «Weiche Faktoren wie Umfeld, Stadtnähe und öffentlicher Verkehr würden beim Schulstandortentscheid der Schüler wesentliche Faktoren sein. «Ich sehe die Zukunft der HTW nicht mehr so rosig, wie auch schon», so Caluori. Und abschliessend: «Besser jetzt diese, als erst später eine wirklich gute Variante realisieren.»
«Wir sind hier, und stehen vor einem Dilemma. Wir können zum Standort nur noch ja oder ja sagen. Mit der zur Kleinsthochschule werdenden HTW würde der Kanton inzwischen eine Hochrisikostrategie fahren, so Grossrat Reto Loepfe (CVP, Rhäzüns). Die grösste Konkurrenz der HTW sei die Fachhochschule Ostschweiz.
Grossrat Urs Marti (FDP, Chur), verteidigt den Standortentscheid Chur. «Vom angedachten Bahnhof Chur West wird das Areal Pulvermühle in ein paar wenigen Gehminuten erreichbar sein. Und eine richtige Hochschulstadt hat nun einmal mehrere Standorte», so Marti. Dafür erntete er der Churer Stadtpräsident Gelächter im Saal. Weiter gebe es neben dem Risiko- auch ein Chancenmanagement: «Der Fünf- bis Zehnminutentakt des Chur Bus vom Bahnhof zur Pulvermühle oder die von Ratskollege Patrik Degiacomi (SP, Chur) ins Feld geführte Wiederbelebung der Industriegeleise mit einer Pendelbahn wären weitere Möglichkeiten, den Bildungsstandort Chur weiter zu stärken. Aber Marti hatte auch ein gewisses Verständnis für Grossrat Sepp Föhn (CVP, Landquart): Als Gemeindepräsident von Landquart würde er die Sache wohl auch etwa ander sehen. Aber es sein nun einmal Stadtpräsident von Chur, so Marti. Und weiter verteidigte Marti auch die Qualität der HTW, die in den vergangenen zehn Jahren etwa um das dreifache gewachsen sei. «Graubünden und Chur sind gut in der Bildung. Wir müssen auf die Chancen, nicht auf die Risiken aufmerksam machen», so Marti.
Nach drei Jahren Projektlaufzeit ging mit der Abschlusskonferenz das Interreg-Projekt C-TEMAlp zu Ende. Projektleiter Frank Bau setzte mit einem Inputreferat die Impulse für eine mit Unternehmern und Wirtschaftsförderern besetzte Podiumsdiskussion. https://t.co/eCuuEt9MPX pic.twitter.com/gL0NTh7DnQ
— FHGR Fachhochschule Graubünden (@FH_Graubuenden) October 23, 2018
Eigenständige HTW für die Bündner Wirtschaft
In der Eintretensdebatte ist auch die geplante Loslösung der HTW Chur aus dem Verbund der Fachhochschule Ostschweiz bei mehreren Sprechenden ein Thema. Auf den Zeitpunkt der Betriebsaufnahme der neuen Fachhochschule Ostschweiz ist zudem die Trägervereinbarung für die Hochschule NTB (ehemals Neu Technikum Buchs) aufzuheben.
Die Bündner Regierung entschied nach langer Zeit Anfang 2017, in Chur ein Hochschulzentrum zu errichten. Aufgrund von Verfügbarkeit der Flächen, Erschliessungs- und Erweiterungsmöglichkeiten sowie raumplanerischer Aspekte, Kosten und Realisierungsdauer stellte sich das Areal Pulvermühle mit dem bereits bestehenden Schulgebäude als beste aller Möglichkeiten heraus. Stimmen das Parlament und später auch das Volk dem Hochschulzentrum zu, könnte es bis 2025 realisiert werden.
Einem Hochschulzentrum Graubünden kommt aus bildungs-, forschungs- und innovationspolitischer Sicht eine sehr hohe Bedeutung zu. Die Bündner Wirtschaft liegt in Leistungs- und Innovationsfähigkeit unter dem nationalen Durchschnitt. Es mangelt an Fachkräften, insbesondere in den technisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen. Als Folge davon können Bündner Industrieunternehmungen nicht wie gewünscht wachsen. Die HTW und ein Hochschulzentrum sollen in diesem Bereich die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Volkswirtschaft erhöhen.
CVP-Fraktion: Kritik an zentralistischer Raumplanung Die CVP-Fraktion traf sich zur Vorbereitung der Oktobersession in...
Posted by Mitte/Center/Centro GR on Tuesday, October 16, 2018
Jetzt übernimmt der Vize
Standespräsidentin Tina Gartmann-Albin (SP, Chur) übergibt die Ratsleitung ihrem Stellvertreter Alessandro Della Vedova (CVP, San Carlo). Weiter geht es mit dem Bericht über die Realisierung eines Hochschulzentrums für die HTW Chur. Auf die Eintretensdebatte folgen die Detaildebatte und schliesslich die Abstimmung. Grossrat Bruno W. Claus (FDP, Chur) erläutert als Kommissionspräsident die Botschaft.
Nachdem Chur sich als Standort herauskristallisiert hatte, ging es um den genauen Standort. Die Regierung schlägt als neuen Standort den bisherigen an der Pulvermühle vor. Das bestehenden HTW-Schul- und Hauptgebäude weise «die kürzeste Realisierungszeit und die tiefsten Kosten aus». Gerechnet wird mit Bruttoinvestitionen von 125 Millionen Franken. Der Bund beteiligt sich voraussichtlich mit 30 Millionen Franken. Der neue Campus soll den Standort attraktiver machen und die Anzahl der Schulstandorte reduzieren.
Optimistisch sollte eine Realisierung des neuen Hochschulzentrums bis 2025 möglich sein. Über die Realisierung eines Hochschulzentrums wird letztlich das Volk entscheiden. Weiter lehnt es die Kommission einstimmig ab, im Rahmen des vorliegenden HTW-Berichts der Regierung gleichzeitig eine weitere Baubotschaft für 4000 Quadratmeter Geschossfläche für ein Innovationszentrum vorzusehen. Laut der Kommission stehe diese nicht in direktem Zusammenhang mit einem Hochschulzentrum.
Heute entscheidet der Grosse Rat über die Standortstrategie der HTW. Von der Regierung wird die Einstandort-Lösung beim...
Posted by Oliver Hohl on Monday, October 22, 2018
Alles neu beim Mittelschulgesetz
Mit einem rekordverdächtigen Resultat von 117:0 Stimmen bei 0 Enthaltungen wird der Totalrevision des Gesetzes über die Mittelschulen im Kanton Graubünden einstimmig gutgeheissen.
In einer Stellungname freut sich die Sprachenorganisation Lia Rumantscha über diesen Entscheid: «Unter anderem wurden zwei neue Bestimmungen angenommen, die zur Stärkung der Ausbildung in rätoromanischer Sprache beitragen», schreibt die Lia Rumantscha. So kann die Regierung neu Mittelschulen im Rahmen des Leistungsauftrags zu einer besonderen Förderung der rätoromanischen oder italienischen Sprache verpflichten. Und es wurde festgehalten, dass die Mittelschulen den zweisprachigen Ausbildungen in den Kantonssprachen Rechnung tragen müssen. Diese beide Neuerungen tragen laut der Lia Rumantscha massgeblich zur Stärkung des Rätoromanischen auf Sekundarstufe II bei. Und es tritt dem gegenwärtigen Mangel an Lehrpersonen für Rätoromanisch entgegen.
Philipp Wyss ist Chefredaktor der gemeinsamen Redaktion der Zeitung «Südostschweiz» und der Internetseite «suedostschweiz.ch». Damit zeichnet er für das Team und für den Inhalt dieser Produkte verantwortlich. Mehr Infos
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