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St. Galler Regierung stellt sich gegen den Kantonsrat

Die St. Galler Regierung lehnt das Verhüllungsverbot, über das am 23. September im Kanton abgestimmt wird, ab. Der Vorschlag des Kantonsrats geht ihr zu weit.

Südostschweiz
05.09.18 - 12:00 Uhr
Politik
Burka, Niqab, Verhüllung, Religion
Die St. Galler Regierung will Gesichtsverhüllungen im öffentlichen Raum im Kanton nicht grundsätzlich verbieten.
FRED ERNST/SYMBOLBILD

Die Stimmbürger des Kantons St. Gallen stimmen am 23. September über ein eingeschränktes Gesichtsverhüllungsverbot ab. Die St. Galler Regierung hält nichts von der vom Kantonsrat beschlossenen Regelung und lehnt diese ab, wie sie in einer Mitteilung am Mittwoch schreibt.

Die Regierung begründet ihre Haltung wie folgt:

«Die Verhüllung des Gesichts durch Einzelpersonen ausserhalb von grossen Menschenansammlungen birgt nicht per se eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Weder aus sicherheitspolizeilichen Überlegungen noch aus integrationspolitischen oder sonstigen Gründen besteht nach Ansicht der Regierung ein öffentliches Interesse an einem Gesichtsverhüllungsverbot im öffentlichen Raum.»

«Allein durch die Verhüllung des Gesichts wird kein konkretes Rechtsgut unmittelbar bedroht oder gefährdet. Gerade religiös motivierte Bekleidungen, die in allen Religionen vorkommen, beruhen auf persönlichen Entscheiden, in die sich der Staat nicht einzumischen hat, solange die Grenzen der Rechtsordnung nicht überschritten werden. Hinzu kommt, dass die Strafbarkeitsvoraussetzung der Gefährdung oder Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder des religiösen oder gesellschaftlichen Friedens im Einzelfall nur schwer beurteilt werden kann. Hier werden die Polizeikräfte und die Strafbehörden vor ausserordentlich schwierigen Abgrenzungsfragen im Einzelfall stehen.»

Kantonsrat geht der Regierung zu weit

Der Kantonsrat will mit dem dritten Nachtrag zum kantonalen Übertretungsstrafgesetz jene Personen mit Busse bestrafen, die sich im öffentlichen Raum und an öffentlich zugänglichen Orten durch die Verhüllung des Gesichts unkenntlich machen und dadurch die öffentliche Sicherheit oder den religiösen oder gesellschaftlichen Frieden bedrohen oder gefährden.

«Weil gegenüber verhüllten Personen ein grosses Unbehagen besteht», will der Kantonsrat mit einem präventiven Verbot das Vertrauen für ein sicheres Zusammenleben schaffen. Die Regierung trage diese Absichten im Grundsatz mit, der Vorschlag des Kantonsrats gehe ihr aber zu weit.

Die Regierung hätte sich vorstellen können, ein Gesichtsverhüllungsverbot im Kontakt mit Behörden und Amtsstellen zu erlassen. Das hätte zu einer Bestrafung geführt, wenn sich eine Person trotz Aufforderung geweigert hätte, die Gesichtsverhüllung im direkten Kontakt abzulegen. Die Regierung hatte, wie sie mitteilt, dem Kantonsrat eine solche Regelung als politischen Kompromissvorschlag unterbreitet. Diesem ging diese Variante wiederum nicht genug weit.

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