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Gute Schule Graubünden oder Chaos in den Schulen?

Der Grosse Rat beschäftigt sich aktuell mit der Doppel-Initiative «Gute Schule Graubünden». Mit-Initiantin Marlies Klesse erklärt, warum sie die Initiativen für dringen nötig hält, CVP-Grossrätin Cornelia Märchy-Caduff, rechnet mit grossem Schaden, den die Initiativen anrichten würden.

Südostschweiz
30.08.18 - 04:30 Uhr
Politik

Pro: Marlies Klesse, Mit-Initiantin und Kindergärtnerin

Im Vorfeld haben alle Parteien ausser der SVP die Doppel-Initiative abgelehnt, sind Sie trotzdem zuversichtlich, dass sie durchkommen?

Was die Volksabstimmung bringen wird, sehen wir dann wenn es soweit ist. Es ist einfach dringend notwendig. Wir werden nicht darum herum kommen. Wir richten ein neues Schulsystem ein, ohne dass man jemanden gefragt hat, ob man das will. Insbesondere hat man die Eltern nicht gefragt.

Eine Kritik, die man an Sie, die Initianten richtet, ist, dass zig hundert Seiten lange Lehrpläne durch den Grossen Rat müssten. Würde das den Rat nicht überfordern?

Sie sagen, dass der Grosse Rat oder die Bevölkerung sich damit beschäftigen müsste und eine Ideologie rein bringen würden. Aber die Einflüsse könnte ja auch von einer Fachkommision kommen. Wir haben jetzt eine Fehlentwicklung im Bildungssystem, die ganz grundlegend ist. Das ist eine neue Situation. Im alten Volksschulsystem, erfolgten Änderungen innerhalb des Systems, deshalb war eine solche Anpassung auch nie ein Thema. Dieses System haben wir jetzt aber nicht mehr und im neuen gibt es Dinge, die sehr anspruchsvoll sind und solche, bei denen man nicht versteht, warum sie gut sein sollen. Darum ist es wichtig, dass die Diskussion breiter abgestützt ist. Dass sie auch im Volk abgestützt ist. 

Der Grosse Rat hat die Debatte über die erste der Doppel-Inititiativen «Mitsprache bei wichtigen Bildungsfragen» geführt und diese abgelehnt. Wie werten Sie das im Hinblick auf die zweite Initiative, die morgen dran kommen wird?

Ich werte es positiv, dass die Debatte überhaupt geführt wird. Auch wenn viele negative Stellungnahmen gekommen sind. Wichtig ist, dass diese Fragen überhaupt diskutiert werden.

Kontra: Cornelia Märchy-Caduff, CVP-Grossrätin und Primarlehrerin

Der Grosse Rat beschäftigt sich mit der Doppel-Initiative «Gute Schule Graubünden» Was spricht aus Ihrer Sicht gegen diese?

Die Initiativen würden eine Kompetenzverschiebung von der Regierung zum Grossen Rat und zum Stimmvolk bewirken. Gegen die Initiativen spricht, dass sie ein Chaos in der Schule auslösen würden, etwas, das die Schule im Moment absolut nicht gebrauchen kann. Wichtig ist jetzt, dass endlich Ruhe im Bildungswesen einkehrt. Der Lehrplan 21 ist seit neun Tagen in Kraft und die Lehrpersonen möchten jetzt damit und daran arbeiten.

Würden die Initiativen angenommen, könnte das Stimmvolk über Lehr- und Stundenpläne abstimmen. Was ist schlecht daran, der Bevölkerung mehr Mitspracherecht zu gewähren?

Der Lehrplan ist derart umfassend, wir sprechen von einem 470 Seiten umfassenden Werk, mit über 2000 formulierten Teil-Kompetenzen. Es ist fast nicht möglich, dass das Stimmvolk über solche Details entscheiden kann. Jeder hat eine andere Aufassung, was gute Schule ist. Es wäre so gut wie unmöglich einen Konsens zu finden.

Die Regierung hat auf einen Gegenvorschlag zu den Initiativen verzichtet. Wie werten Sie das?

Ich bin froh, um das starke Zeichen. Es ist ein Zeichen für den eingeschlagenen Weg, den man weiter gehen will, weiter gehen muss, um Konstanz und Sicherheit in die Schule zu bringen. 

Wenn die Initiativen vom Stimmvolk angenommen werden würden. Was wären die konkreten Folgen?

Innerhalb von zwei Jahren müsste der Lehrplan 21 überarbeitet oder sogar komplett neu geschrieben werden. Dann käme er in den Grossen Rat, wir Parlamentarier würden tagelang darüber debattieren und je nachdem würde das Volk dann früher oder später darüber abstimmen und Ja oder Nein dazu sagen – es gäbe ein jahrelanges Hickhack, um Dinge, die jetzt gut in die Wege geleitet sind.

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