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Es bleiben noch 58 Tage Zeit

Bis zum 31. März können die Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen beim Bund ein Gesuch um einen Solidaritätsbeitrag einreichen. Nur rund 5000 von schweizweit 12 000 geschätzten Betroffenen haben dies bisher getan. Darunter 119 Bündner.

Corinne
Raguth Tscharner
02.02.18 - 04:30 Uhr
Politik
Theo Halter informiert in Chur über den Solidaritätsbeitrag des Bundes.
Theo Halter informiert in Chur über den Solidaritätsbeitrag des Bundes.
YANIK BÜRKLI

Mit einer Reihe von Informationsveranstaltungen in Alters- und Pflegeheimen macht die Guido-Fluri-Stiftung Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen darauf aufmerksam, dass sie ein Gesuch um einen Solidaritätsbeitrag vom Bund einreichen können. Gestern hat die Stiftung auf ihrer Tour durch die Schweiz im Wohn- und Pflegezentrum Tertianum Villa Sarona in Chur haltgemacht. «Die Anmeldefrist läuft am 31. März ab, deshalb informieren wir die Leute nun intensiv», sagte Theo Halter von der Guido-Fluri-Stiftung. Man möchte möglichst viele Opfer erreichen und ihnen die Angst vor einer Anmeldung nehmen.

Laut Halter misstrauen viele potenzielle Gesuchsteller aufgrund der Vergangenheit den Behörden oder haben Angst vor einem Papierkrieg. Tatsächlich müsse aber niemand selbst auf Akten- oder Beweissuche gehen. «Auch wenn es keine Akten mehr gibt, kann ein Gesuch eingereicht werden. Wichtig ist nur, dass man sein Schicksal glaubhaft schildern kann», sagte Halter und betonte, dass das Verfahren unkompliziert sei. Zudem helfen kantonale Anlaufstellen wie die Opferhilfe Graubünden bei allen Fragen und dem Ausfüllen des Gesuchformulars, sodass kaum Behördenkontakt besteht und auch stark betagte Personen ohne familiäre Unterstützung den Solidaritätsbeitrag beantragen können.

Als weiterer Grund, weshalb sich viele Opfer scheuen, ein Gesuch einzureichen, nennt Halter die Angst vor der Weiterverwendung persönlicher Informationen. Aber auch da kann er Entwarnung geben: «Von einer Gesuchstellung erfährt niemand, denn die Anlaufstellen und das Bundesamt für Justiz stehen unter Schweigepflicht.»

Das zugesprochene Geld kommt voll und ganz den Betroffenen zugute. «Die 25 000 Franken, die jeder erhält, sind für den persönlichen Gebrauch», so Halter. Es gäbe keine Steuern darauf, und sie hätten keinen Einfluss auf Ergänzungsleistungen.

Nicht jeder ist informiert

Bisher habe jede Informationsveranstaltung eine Welle von Gesuchen ausgelöst. «Unser grösstes Anliegen ist, dass im April nicht viele Betroffene ein Gesuch stellen wollen, es aber zu spät dafür ist», sagte Halter. Es sei jedoch klar, dass man nicht jede betroffene Person erreichen könne.

119 Gesuche aus Graubünden

Bisher haben 119 Opfer aus Graubünden beim Bundesamt für Justiz ein Gesuch um einen Solidaritätsbeitrag eingereicht. Der Beitrag ist Teil des «Bundesgesetzes über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981», wofür der Bund insgesamt 300 Millionen Franken bereitstellt.

Laut Bundesamt für Justiz sind bis gestern insgesamt 5075 Gesuche eingegangen. Bis zum Ablauf der Eingabefrist rechnet man mit rund 6000 Gesuchen. Damit hätten nur rund die Hälfte der geschätzten 12 000 Betroffenen in der Schweiz ihren Anspruch auf je 25 000 Franken geltend gemacht.

Corinne Raguth Tscharner ist stellvertretende Chefredaktorin Online und Zeitung und Chefin vom Dienst bei «suedostschweiz.ch». Zuvor erlernte sie das journalistische Handwerk als Volontärin in vier verschiedenen Redaktionen (Print, Online, Radio, TV) und war als Online-Redaktorin tätig. Mehr Infos

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