×

Leuthard: «Nur noch sehen, was sich rentiert»

Medienministerin Doris Leuthard hat im Medienhaus von Somedia in Chur die No-Billag-Initiative erklärt. Zu den Folgen der Abstimmung vom 4. März kreuzten anschliessend Befürworter und Gegner der Initiative die Klingen.

Gion-Mattias
Durband
26.01.18 - 05:20 Uhr
Politik

Die Reihen waren bis auf den letzten Platz gefüllt, als Bundesrätin Doris Leuthard im Medienhaus von Somedia in Chur das Wort ergriff. Die Medienministerin war eigens vom WEF in Davos angereist, um den Zuhörern zu erläutern, worüber die Schweiz am 4. März abstimmt: Die No-Billag-Initiative will in der Verfassung ein Gebührenverbot sowie ein Subventionsverbot für Radio- und TV-Stationen festschreiben, Konzessionen für TV und Radio versteigern und den Service-public-Auftrag aus der Verfassung streichen.

«Die Initiative will den Wechsel von einem Gebührensystem hin zu einer kommerziellen Finanzierung», so Leuthard, «möglich wäre nur noch die Finanzierung über Werbung, Sponsoring und Bezahlabos». Und das hätte einscheidende Folgen, so die Medienministerin: «Es würde nur noch produziert, was sich auch rentiert.» Zudem würde die mit dem Service public und den Gebühren verbundene Verpflichtung wegfallen, «ausgewogen, sachlich und umfassend» zu berichten, sagte Leuthard. Und die Bundesrätin liess wenig Zweifel daran, was sie von der Vorlage hält (siehe Interview unten).

Strassen privatisieren?

Damit war das Feld bereit für die Debatte unter der Moderation von Daniel Sager. Als Befürworter der No-Billag-Initiative trat der Berner Christian Riesen, Mitglied des Initiativkomitees, neben SVP-Grossrat Jan Koch auf. Gegen die Initiative argumentierten Somedia-CEO Andrea Masüger und Diego Yanez, Direktor der Journalistenschule MAZ und langjähriger TV-Chefredaktor SRF. Das Ziel der Initiative fasste Riesen zusammen: «Wir wollen die Zwangsgebühr abschaffen, die Leute sollen frei entscheiden können, was sie konsumieren und bezahlen wollen.» «Dann könnten wir auch die Strassen privatisieren», schlug Masüger ironisch vor. Da sah Riesen «unzulässigerweise» Lebensnotwendiges mit Nicht-Lebensnotwendigem verglichen, was Masüger wiederum fragen liess: «Sind Informationen in einer Demokratie nicht lebensnotwendig?»

Privates Radio in der Bergregion?

Der Bündner SVP-Grossrat und -Fraktionspräsident Jan Koch trat an diesem Abend auch als Vertreter des Bündner Gewerbeverbandes auf – seine SVP wird ihre Abstimmungsparole erst am Montag fassen. Und als Gewerbler «wollen wir keine neuen Abgaben und Steuern», so Koch. Wenn aber, wie dies geplant sei, bei gleicher Abgabensumme die Privaten entlastet werden sollten, müssten die Unternehmen in die Bresche springen.

«Das ist unehrlich», wandte Andrea Masüger ein. Zumal erst Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über einer halben Million Franken gebührenpflichtig seien, werde hier «auf Nebensächliches fokussiert». Tatsächlich bedeutete eine Ja zur Initiative, dass Somedia «rund ein Drittel des Medienhauses Chur abbrechen könnte», zumal Radio und TV Südostschweiz ohne Gebühren den Betrieb einstellen müssten. Riesen liess das nicht gelten: Es gebe Stationen wie Radio 32 im Mittelland, die ohne Gebühren ausgewogenes Programm böten. «Zwangsgebühren wirken wie Drogen, man kommt kaum davon weg», so Mitinitiant Riesen. «In grossen Regionen» sei es möglich, private TV- und Radiostationen zu betreiben, räumte Masüger ein, «wenn Sie ‘Bauer ledig sucht’ anbieten wollen. Qualitäts-Informationssendungen können Sie da aber vergessen.»

Für den ehemaligen SRF-Chefredaktor Yanez war klar: Bei Annahme der Initiative müssten die Konsumenten «für viel weniger viel mehr bezahlen». Die Gewinner wären nebst Facebook und Google die ausländischen Fernsehstationen, war Yanez überzeugt.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.

"no Billag" sicherlich nicht!!! Was wir vom SRF und den regionalen Sendern geboten kriegen ist für mich "sehr gut " , einfach Spitze ! Die Informationen sind sehr vielfältig und reichhaltig ! Ich möchte darauf " nicht verzichten " und zahle für dieses Angebot sehr gerne die bisherigen Gebühren!!!

es grüsst eine sehr zufriedene Fernsehkonsumentin 😃😀

M.Gerber, Flerden

Die SRG kosten eine Milliarde pro Jahr - die SDA, bei der ein zwei Drittel der Stellen gestrichen werden sollen einige dutzend Millionen - die SDA hat, entgegen den Aeusserungen ihres "Kahlschlag-Chefs", Schwab, einen Auftrag -ob Service public oder nicht- ausgewogen und umfassend zu informieren-eine Sendung "Der Bestatter" koste gleich viel, wie die Kosten für die SDA -wenn Bundesrätin Doris Leuthard sagt, wie wichtig die SRG ist für eine ausgewogene und umfassende Information, dann sollte auch dort der Schwerpunkt liegen-wenn ein Elektrogerät gekauft wird, ist die Schrott-Gebühr im Verhältnis zum Gerätepreis auch nicht so hoch.
Dass jedoch in allen vier Landessprachen Politik-Nachrichten-und Kultursendungen angeboten werden sollen, steht ausser Diskussion-nur sollte die Finanzierung über die Steuern möglich sein, die sich nach Einkommen und Vermögen richten-wenn jedes Jahr 2,3 Milliarden für das Asylwesen ausgegeben werden mit Steuergeldern, sollte die SRG auch so finanzierbar sein.

"Zudem würde die mit dem Service public und den Gebühren verbundene Verpflichtung wegfallen, ""ausgewogen, sachlich und umfassend zu berichten." Aha, und wie stellt sich Bundesrätin zu dem massiven Stellenabbau bei der SDA, die jahrelang eine eben solche "ausgewogene, sachliche und umfassende" Berichterstattung mit Material für Medienschaffende möglich gemacht hat ???

Mehr Kommentare anzeigen
Mehr zu Politik MEHR