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Romanen wehren sich gegen SVP-Politiker

Der Berner SVP-Stadtrat Roland Iseli schlägt vor, künftig auf rätoromanische Sendungen zu verzichten, um bei der SRG Geld einzusparen. Die Lia Rumantscha bleibt gelassen und sagt, was sie im Abstimmungskampf um die No-Billag-Initiative vermisst.

17.01.18 - 18:34 Uhr
Politik
DV Lia Rumantscha
Andreas Gabriel vermisst im Abstimmungskampf um die No-Billag-Initiative stichhaltige Argumente der Pro-Seite.
MARCO HARTMANN

Auf rätoromanische Fernsehsendungen kann der Berner SVP-Stadtrat Roland Iseli offenbar gut verzichten. Und Gleiches fordert er auch von den Rätoromanen. Er sei hundertprozentig davon überzeugt, dass jeder Rätoromane auch eine andere Landessprache beherrsche, sagte er an der Delegiertenversammlung (DV) der SVP Bern vom Montag.

Ergo könne sich jeder Romane auch auf einem deutsch-, französisch- oder italienischsprachigen Kanal informieren. Anstatt Gelder für romanische Nachrichten aufzuwenden, ortete Iseli dort Sparpotenzial.

Publik wurden die Aussagen Iselis im Rahmen der SRF-Sendung «10vor10» vom Dienstagabend. Sie war an der DV der Berner Kantonalpartei zugegen, um den Puls bei der SVP-Parteibasis zu fühlen. Am 27. Januar wird die SVP Schweiz bei der ordentlichen Delegiertenversammlung in Confignon ihre offizielle Parole zur No-Billag-Initiative fassen. Die Delegierten der Berner SVP sprachen sich deutlich für die Annahme der Initiative aus.

«Wir leben und lieben unsere Sprache»

Wie aber reagiert man in Graubünden auf das Votum der Berner SVP – und im Besonderen auf die Aussagen Iselis? Zum Vorschlag äusserte sich beispielsweise der Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas. Und zwar deutlich: «Völliger Humbug. Mit dieser Begründung könnte man auch italienischsprachige Sendungen einsparen, denn viele Tessiner und italienischsprachige Bündner sprechen auch eine zweite Landessprache», sagte er gegenüber dem Onlineportal «Watson».

Es vergehe kein Tag, an dem er nicht romanisch spreche, bekräftigte Candinas. «Wir sind keine Folklore. Wir leben und lieben unsere Sprache. Wir sind Realität.» Um die rätoromanische Sprache und Kultur zu erhalten, brauche man Radio- und TV-Sendungen in romanischer Sprache. Schliesslich kämpfe man schon um den Erhalt der einzigen romanischen Tageszeitung «La Quotidiana». Darum ist für den Bündner Nationalrat klar: «Wer Ja zu No Billag sagt, sagt Nein zur rätoromanischen Sprache.»

Seit 80 Jahren eine Landessprache

Bei der rätoromanischen Sprachenorganisation Lia Rumantscha (LR) hat man zwar von Iselis Vorschlag Kenntnis genommen, bleibt aber gelassen. Die Aussage sei nicht verletzend, meinte Andreas Gabriel, Sprecher der LR. Sie zeige aber auf, dass sich die Pro-Seite schwertue, stichhaltige Argumente ins Feld zu führen. Die Argumentation greife schlicht zu kurz. «Es geht nicht darum, welche Sprachen die Zuschauer verstehen.» Entscheidend sei hingegen, dass Rätoromanisch seit nunmehr 80 Jahren eine der vier offiziellen Landessprachen sei. «Das ist der Grund, weshalb es ein Angebot an romanischem Radio und Fernsehen gibt.»

Gabriel glaubt indes nicht, dass Iselis Aussagen mit fehlender Wertschätzung für die romanische Sprache zu tun haben. «Vielleicht ist es fehlende Sensibilität. Vielleicht auch Unkenntnis darüber, was es bedeuten würde, wenn Sprachminderheiten kein Medienangebot mehr zur Verfügung hätten.» Für die Argumente der Pro-Seite hat Gabriel wenig Verständnis. «Es geht ihnen nur um wirtschaftliche und persönliche Interessen. Für uns aber um viel mehr.» Bei einer Annahme der Initiative seien über 30 regionale Radio- und Fernsehstationen gefährdet. Diese Angebote würden teilweise verschwinden. «Mit schwerwiegenden Folgen für Sprachminderheiten», wie er meinte.

Den ganzen Abstimmungskampf um die No-Billag-Initiative nimmt Gabriel als intensiv und teils emotional wahr. «Wir wären froh, wenn es zur Initiative eine differenziertere Auseinandersetzung gäbe.» Schliesslich gefährde die Initiative – durch die damit verbundene Zerschlagung des Service-Public-Angebots in Radio und Fernsehen – die Medienvielfalt. «Das hätte tiefschürfende Folgen für die pluralistische Meinungsbildung in der Schweiz.»

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Das ist der Beweis, aber ein beträchtlicher der sog. SVP- Politiker, speziell Mitte und westlich der Schweiz, sind veritable, kulturelle und vorallem geistige Armleuchter. Irgendwie müsste es möglich sein, dass Politiker , die sich für ein Amt bewerben, zuvor den IQ- Gehalt zu überprüfen, für die SVP und sonstige Anhänger einer rechten Krustenrand- Partei wäre die Regel zwingend vorzuschreiben.

Genau, so wie die SVP für Asylanten und Einbürgerungswillige strenge Prüfungskriterien voraussetzt, sollte das Volk strenge Massstäbe bei der Wahl von (SVP-) Politikern anlegen. "Äh, ächz, wenn bloss das Volk seine Qualifizierung als Wählerschaft erfüllt", ätzt und echot Donald Duck hinter den sieben Bergen hervor.

Nicht verwunderlich, die SVP ist gegen alles was irgendwie dienlich ist oder schon seit Jahren positiv integriert ist. Dass sie nun gegen die Landessprache eines Kantons sind, "schlägt dem Fass den Boden aus". Vielleicht ist das eine Revance, weil die Abspaltung und Gründung der BDP vom Kanton Graubünden aus ging. Oder eine andere Revance-Variante, als über Initiative eines Bündner Nationalrates - Name dem Verfasser bekannt - Frau Widmer-Schlumpf Herrn Christoph Blocher bei der Bundesratswahl "überholte". Ich hoffe und wünsche mir, dass die Bündner Wähler bei der nächsten Wahl das entsprechend würdigen!

Die Äusserung von Herrn Iseli, einem Exponenten der SVP, die gerne vorgibt, für schweizerische Werte einzustehen, ist eines Berner Stadtrates und Vertreters eines zweisprachigen Kantons unwürdig und zugleich unschweizerisch. Es ist zu hoffen, dass die beiden Bündner SVP-Nationalräte, die auch von Romanen gewählt worden sind, Herrn Iseli zwecks Horizonterweiterung bald einmal nach Graubünden einladen werden. Ma tge tgossas tgi dat!

Donat Rischatsch, Sie habe Recht, dass die SVP "vorgibt", für schweizerische Werte einzustehen, ich bezeichne diese Partei schon lange als "heimatmüde".

Dass nun aber Romanen die SVP wählen in der Meinung, diese "bekehren" zu können, beispielsweise indem Schweizer SVP-Exponenten nach GR eingeladen werden... eieiei, da müaschti man ja schon ein "Dreamer" sein (SVP-sünneli-gi-Grüsse von Martullo, der Ur-Bündnerin?).

Meine Schlussfolgerung: Romanen sollten nicht SVP wählen (ebenso wenig IV-Betroffene oder andere Minderheiten, denn die einzige Minderheit, die ich bei der SVP gefördert sehe, ist die der Superreichen).

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