Wer darf an Gemeindeversammlungen und wer nicht?
Am Montagnachmittag ist der Bündner Grosse Rat in die Oktobersession gestartet. In der Eröffnungsrede verglich Standespräsident Martin Aebli Politik mit Eishockey. Das wichtigste Geschäft, die Totalrevision des Gemeindegesetzes, steckt in der Detailberatung fest.
Am Montagnachmittag ist der Bündner Grosse Rat in die Oktobersession gestartet. In der Eröffnungsrede verglich Standespräsident Martin Aebli Politik mit Eishockey. Das wichtigste Geschäft, die Totalrevision des Gemeindegesetzes, steckt in der Detailberatung fest.

Der Grosse Rat des Kantons Graubünden hat am ersten Tag der Oktobersession
- Die Oktobersession mit der Rede von Standespräsident Martin Aebli eröffnet.
- Mit der Debatte über das totalrevidierte Gemeindegesetz begonnen.
Weiter geht die Session am Dienstag ab 8.15 Uhr
Um 18.03 Uhr unterbricht Standespräsident Martin Aebi (BDP, Pontresina) die Session und vertragt weitere Diskussionen und Entscheidungen auf Dienstag.
18.01 Uhr
Grossrat Emil Müller (BDP, Susch) befürchtet bei einer Annahme von Artikel 22, die Gemeindeautonomie mit einer Öffnung von Gemeindeversammlungen zu schwächen und Stimmbürger zu bevormunden. «Die Meinungsbildung würde gehemmt», ist Müller überzeugt.
17.57 Uhr
Auch Grossrat Michael Pfäffli (FDP, St. Moritz) möchte «das Vertrauen in die Politik stärken und die Gemeindeversammlungen allen Interessierten zugänglich machen.»
17.40 Uhr
«Jetzt geht es um Demokratie, um das Recht auf gerechte und unverfälschte Informationen», so Beatrice Baselgia-Brunner (SP, Domat/Ems) beim Artikel 22. Dabei geht es um die Frage, ob Gemeindeversammlungen öffentlich bleiben oder werden, oder eben nicht. Öffentlich heisst hier: Auch Nichtstimmberechtigte und Auswärtige sollen Zutritt zu Gemeindeversammlungen erhalten. Dies würde auch dem Öffentlichkeitsprinzip in die Hand spielen. eine Kommissionsminderheit wünscht die Öffnung. Zahlreiche Grossräte plädieren dafür und ergreifen das Wort.
16.25 Uhr
Die Detailberatung der Totalrevision des Gemeindegesetzes hat nach der Nachmittagspause begonnen. Standespräsident Martin Aebli (BDP, Pontresina) und Kommissionspräsident Tarzisius Caviezel (FDP, Davos) gehen die 104 Artikel Punkt für Punkt durch.

15.51 Uhr
Mit 98:14 Stimmen bei zwei Enthaltungen wird der Rückweisungsantrag der SP zur Totalrevision des Gemeindegesetzes abgelehnt.
15.43 Uhr
An Bewährtem festhalten möchte Grossrat Leonhard Kunz (FDP, Fläsch): «Bürgergemeinden können auch eine gesunde Konkurrenz zu politischen Gemeinden sein. Darum lehnen Sie bitte den SP-Rückweisungsantrag ab», so Kunz.
15.36 Uhr
«Jeder fühlt sich berufen, sich beim Thema Bürgergemeinde zu Wort zu melden», sagt Regierungspräsidentin Barbara Janom Steiner (BDP, Chur). Es könne bequem sein, wenn der Kanton eine Lösung zum Gemeindegesetz präsentiert. Aber: «Haben Sie stets das ganze und den ganzen Kanton im Auto. Partikularinteresse sind hier fehl am Platz.» Wir diskutieren über ein Gemeindegesetz, das für alle Gültigkeit haben soll, so Janom Steiner weiter. «Wir sägen nicht an den Stuhlbeinen der Bürgergemeinden. Wir haben über das Bürgererlöskonto diskutiert, als wäre es der Kern der Vorlage...»
«Von Totalstillstand, wie es Grossrat Conradin Caviezel (SP, Chur) gesagt hat, würde ich nicht sprechen», so Janom Steiner. Es war unser Ziel, an Bewährtem festzuhalten. Und: «Ich bin überzeugt, dass unsere Gemeinden ein neues Gemeindegesetz brauchen. Und Sie wissen ja, wie unglücklich Sie mich machen würden, wenn Sie auf das Geschäft nicht eintreten würden», so Janom Steiner.
14.47 Uhr
Zahlreiche Redner äussern sich in der Eintretensdebatte zum Gemeindegesetz. «Totalstillstand statt Totalrevision», sagt Grossrat Conradin Caviezel (SP, Chur). Das Problem der Bürgergemeinden sei, dass es zu einer Zweiklassengesellschaft führe. So hätten Bürger und Einwohner von Domat/Ems beispielsweise zu einer Zonenerweiterung unterschiedlich viel zu sagen, so Caviezel. «Bürgergemeinden gehören abgeschafft und die politischen Gemeinden haben deren Aufgaben zu übernehmen». Wenn man die Möglichkeit habe, zu entschlacken, ja einfacher zu machen, sollen dann ausgerechnet wir selbst nein dazu sagen, fragte Caviezel weiter. «Wir brauchen Aufbruch und Fortschritt, darum ist die SP-Fraktion für Eintreten.»
14.33 Uhr
«Sämtliche bürgerlichen Parteien und fast alle politischen Gemeinden äussern sich für den Weiterbestand von Bürgergemeinden», sagt Kommissionsmitglied Bruno W. Claus (FDP, Chur). 75 Mitglieder seien im Verband der Bürgergemeinden verzeichnet. Und über 50 davon seien aktiv, so Claus weiter. Es mache aber Sinn, dass Besitztümer von Bürgergemeinden bei deren Auflösung an die jeweilige politische Gemeinde fallen sollen.
14.33 Uhr
Für Eintreten und gegen den Rückweisungsantrag äussert sich Kommissionsmitglied Livio Zanetti (CVP, Landquart) für seine Fraktion.
14.30 Uhr
Beatrice Baselgia-Brunner (SP, Domat/Ems) spricht im Namen ihrer Fraktion zum Gemeindegesetz. «Falls der Rat Eintreten beschliessen wird, und davon gehe ich aus, wird die SP einen Rückweisungsantrag stellen», so Kommissionsmitglied Baselgia-Brunner. Als Hauptgrund gibt die SP-Fraktion die Lösung bei den Bürgergemeinden an. Dort geht es insbesondere um die Verwendung der Besitztümer der Bürgergemeinden.
14.10 Uhr
Grossrat und Kommissionspräsident Tarzisius Caviezel (FDP, Davos) leitet in die Diskussion zur Totalrevision des 1974 eingeführten Gemeindegesetzes ein. «Damals waren Land- und Forstwirtschaft Hauptelemente des Lebens. Es ist daher Zeit, das Gemeindegesetz zu modernisieren und zeitgemäss zu gestalten. Alte Zöpfe darf und soll man abschneiden können.» Caviezel äusserte sich in seiner Einführung überzeugt, dass die Regierung das Machbare nicht aus den Augen verloren, und in der Vernehmlassung das bestmögliche Resultat erarbeitet hat. «Ich denke da beispielsweise an öffentliche Gemeindeversammlungen», so Caviezel.
14.00 Uhr
Der neue Standespräsident Martin Aebli (BDP, Pontresina) hat seine erste Eröffnungsrede im Bündner Grossen Rat gehalten. Dabei sprach er über Eishockey, über eine Mannschaft und einen versierten Trainer. Und Aebli transferierte diese Tugenden in die Politik.
«Wo ist unser gemeinsames Ziel? Wo ist unsere gemeinsame Strategie? Wie ist der Trainer, der den Spielplan hat? Und wo ist der Spieler der dort ist, wo der Puck sein wird?», fragte Aebli das Parlament. Die Verunsicherung würde gross, wenn der Gegner hart auf den Mann spiele und bessere Lösungen kreiere, verglich Aebli den Eishockeysport mit der Politik. Schliesslich eröffnete Aebli die Oktobersession mit der Hoffnung, «dass wir zielgerichtet und als Mannschaft zusammenarbeiten werden».

Gemeindegesetz und Bürgergemeinden
Das grösste Thema der Oktobersession - die Totalrevision des Gemeindegesetzes - vertritt Regierungspräsidentin Barbara Janom Steiner. Bei den Parteien herrscht darüber allerdings keine Einigkeit.
Wichtige Artikeländerungen betreffen die Handhabung von Gemeindeversammlungen: Diese sollen für jedermann zugänglich werden. Die Frage ist nun aber, ob der Kanton das vorschreiben kann, oder ob die Gemeinden dies selbst entscheiden können.
Ebenfalls zu Diskussionen Anlass geben, könnte ein knappes Jahr vor den Wahlen, die Verwendung von Besitz von Bürgergemeinden. Durch die weitgreifenden Gemeindefusionen der letzten 15 Jahre ist ihre Stellung zunehmend infrage gestellt.
Daneben behandelt das Parlament bis am Mittwoch zahlreiche Aufträge und Anfragen.
Die Oktobersession ist weiter die erste Session, die der neue Standespräsident Martin Aebli (BDP, Pontresina) eröffnen wird.

Das Programm der Oktobersession:
Montag:
14 Uhr
- Eröffnung der Session
- Eröffnungsansprache des Standespräsidenten
- Vereidigung erstmals anwesender Stellvertreterinnen und Stellvertreter
- Totalrevision des Gemeindegesetzes (RP Janom Steiner)
Dienstag:
8.15 Uhr
- Fortsetzung
- Auftrag Della Vedova betreffend Berücksichtigung von Holz bei der Ausschreibung von öffentlichen Bauten im Kanton Graubünden (RR Cavigelli)
- Auftrag Engler betreffend Verbesserung Erreichbarkeit Graubündens (RR Cavigelli)
- Auftrag Stiffler (Chur) betreffend Vergabepraxis von Dienstleistungsaufträgen der kantonalen Departemente an Dritte bei nicht öffentlichen Ausschreibungen (RR Cavigelli)
- Anfrage Widmer-Spreiter betreffend wie weiter mit dem Sennhof (RR Cavigelli)
14 Uhr
- Zusammenschluss der Gemeinden Bergün/Bravuogn und Filisur zur Gemeinde Bergün Filisur (RP Janom Steiner)
- Fortsetzung
- Auftrag Danuser betreffend Einführung obligatorischer Sachkundenachweis für Hundehalter (RR Parolini)
- Auftrag Tomaschett (Breil) betreffend Abschaffung Roaming-Gebühren in der Schweiz (RR Parolini)
- Anfrage Baselgia-Brunner betreffend Finanzhilfe für bedürfnisgerechte Kinderbetreuung (RR Parolini)
- Anfrage Caviezel (Davos Clavadel) betreffend Auswirkungen eines Vermögensverzichts für Sozialhilfe und Verwandtenunterstützungspflicht (RR Parolini)
- Anfrage Locher Benguerel betreffend Zunahme der häuslichen Gewalt in Graubünden (RR Parolini)
- Interpellanza Wellig concernente società "buca lettere" e permessi di residenza B nel Moesano (RR Parolini)
Mittwoch:
8.15 Uhr
- Nachtragskredite
- Fragestunde
- Wahl Verwaltungsgericht Graubünden (Vizepräsidium und eine Richterin/ein Richter für den Rest der Amtsperiode 1.1.2017 – 31.12.2020) (Ersatzwahl)
- Wahl Vorberatungskommission Zusammenschluss der Gemeinden Andiast, Breil/Brigels und Waltensburg/Vuorz (Dezembersession 2017)
- Wahl Kommission für Wirtschaft und Abgaben, ein Mitglied für den Rest der Amtsdauer 2014 - 2018 (Ersatzwahl)
- Fortsetzung
- Incarico Fasani concernente sostegno del plurilinguismo svizzero a livello federale (RR Jäger)
- Interpellanza Atanes sul futuro dei media grigionitaliani (RR Jäger)
- Anfrage Caduff betreffend Digitalisierung von staatlichen Fotobeständen (RR Jäger)
- Anfrage Casanova (Ilanz) betreffend Zukunft der romanischen Tageszeitung La Quotidiana (RR Jäger)
- Anfrage Cahenzli-Philipp betreffend Menschen mit besonderen Bedürfnissen im Alter (RR Rathgeb)
14 Uhr
- Fortsetzung
Beginn der Oktobersession: Starke, autonome Bündner Gemeinden - ganz im Sinn des Föderalismus - stehen im Zentrum! pic.twitter.com/I262XkJgen
— Reto Crameri (@CrameriReto) 16. Oktober 2017
FDP-Grossrat Michael Pfäffli fotografierte vor seinen Abfahrt nach Chur noch in seiner Heimat im Engadin.
Philipp Wyss ist Wirtschaftsredaktor der gemeinsamen Redaktion der Zeitung «Südostschweiz» und der Internetseite «suedostschweiz.ch». Mehr Infos
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Bei einer …
Bei einer Gemeindeversammlung sollten nur Bewohner/inen der Gemeinde Zutrittn zur Versammlung haben, die wissen auch wie sie über die Geschäfte der Gemeinde Abstimmen sollen, als eine Person von einem anderen Ort.