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Jetzt dürfte es eine Volksinitiative geben

Wie erwartet, überweist das Parlament den SP-Fraktionsauftrag, welcher die Verkleinerung des Grossen Rates von 120 auf 90 Mitglieder fordert, nicht.

01.09.17 - 12:14 Uhr
Politik
Grosser Rat August 2017
Diese 120 Plätze dürften vorläufig besetzt bleiben, auch wenn nicht immer alle Grossräte pünktlich aus der Pause zurückkehren.
YANIK BÜRKLI

Vor rund zehn Jahren wollte die SP bereits den Rat auf 80 Sitze verkleinern. Damals scheiterte die Vorlage äusserst knapp mit einem Nein-Stimmen-Anteil von 50,9 Prozent. Nun nahm die Partei mit ihrem Fraktionsauftrag nochmals einen Anlauf. In diesem Fall sollte der Rat von 120 auf 90 Sitze verkleinert werden.

SP-Fraktionspräsident Conradin Caviezel erklärte im Rat, dass damit unter anderem solche Grossräte ausgemustert werden sollen, welche nur wegen guter Kontakte zur Verwaltung im Rat sitzen wollten oder kaum einmal die Unterlagen lesen würden.

Für die Regierung ist eine Verkleinerung des Parlaments kein Thema, wie sie im Vorfeld bekannt gab. Die Vielgestaltigkeit des Kantons verlange ein mitgliederstarkes Parlament, welches die nach wie vor unterschiedlichen Verhältnisse und Bedürfnisse optimal repräsentieren könne, hielt sie in ihrer Antwort auf die Forderung der SP fest.

Nur wenig Unterstützung

FDP-Grossrätin Brigitta Hitz witterte beim Fraktionsauftrag jedoch nicht einfach nur den Wunsch nach einer Verkleinerung des Parlaments, sondern eine erneute Diskussion über das Grossrats-Wahlsystem im Kanton Graubünden. Die SP versucht schon seit Längerem, das Majorz- gegen das Proporzsystem «auszutauschen» (siehe Infobox). Ausserdem betonte Hitz in ihrer Antwort auf die Aussagen von Caviezel, dass es nicht nur um Effizienzsteigerung gehen dürfe, vor allem, wenn man bedenke, dass der Kanton aus 150 Talschaften bestehe. Da dürften 120 Grossräte nicht zu viel verlangt sein. Auch Grossrat Ueli Bleiker konnte sich so gar nicht für den Vorschlag erwärmen. «Es ist eine Mogelpackung!» Weitere Grossräte fürchteten zudem, dass bei einer kleineren Anzahl an Parlamentarier noch weniger junge Politiker und Frauen gewählt würden.

Die unheilige Allianz

Adrian Steiger schätzt zwar alle seine Ratskollegen, wie er in seiner Rede erklärte, aber etwas mehr Effizienz dürfe nicht schaden, betonte nach Caviezel auch der Grossrat aus Flims. Unterstützung bekam die SP auch von Vertretern der SVP. Dieser Umstand wurde schliesslich als unheilige Allianz bezeichnet. Damit konnte unter anderem SVP-Grossrat Roman Hug gut leben, wie er lachend erklärte. Viel zustimmende Voten bekam die SP jedoch nicht. Die Mehrheit äusserte sich gegenüber dem Vorschlag deutlich negativ. Schliesslich lehnte das Parlament die Überweisung des Auftrags an die Regierung mit 83:27 Stimmen ab.

Bereits im Vorfeld wurde angekündigt, dass im Falle einer Ablehnung die Geschäftsleitung am Parteitag vom 6. September beauftragt werden soll, die Volksinitiative «Verkleinerung des Grossen Rates – 90 sind genug» zu lancieren.

Das Majorzsystem ist in der Schweiz ein Auslaufmodell. Neben Graubünden wird der Majorz für Parlamentswahlen nur noch in Appenzell Innerrhoden angewendet und Appenzell Ausserrhoden kennt eine Mischform aus Majorz und Proporz. In Graubünden ist das Majorzsystem seit Jahrzehnten umstritten. Seit 1937 wurden acht Proporzmodelle zur Volksabstimmung vorgeschlagen. Ein einziges Mal, 2003, siegten die Befürworter des Proporzes. Die Abstimmung wurde jedoch wiederholt, und es gewannen wieder die Verfechter des Majorzes. Das letzte Mal wurde der Wechsel zum Proporz im März 2013 an der Urne abgelehnt – mit 56 Prozent der Stimmen.

Beim Majorz, auch Majorzwahl oder Mehrheitswahl, wird der Kandidat gewählt, der die Mehrheit der Stimmen erhält.

Beim Proporz, auch Proporzwahl oder Verhältniswahl, werden nicht Kandidierende direkt gewählt, sondern man wählt Listen.

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