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Vikinger, die Alten Skandinaviens

Eigentlich müsste der heutige Artikel dem übermässigen Weinkonsum, schliesslich ist es mein letzter komplette Abend in Schweden, zum Opfer fallen. Doch, wenn die Sekundärwikinger aus Island halb Europa mit Deffensivfussball begeistern, dann ist es an der Zeit über Wikinger zu schreiben. Kommt dazu, dass ich gestern in der schwedischen Wikingerhochburg war und einiges über Hägar und Wickie erfahren habe.

Südostschweiz
29.06.16 - 17:22 Uhr
Ereignisse

Das Wichtigste zuerst: Wikingerhelme haben keine Hörner! Björn M Buttler Jakobsen, oberster Wikinger im Fotoviken Wikinger Museum, verdreht die Augen wenn er wieder so einen manipulierten Wikingerhelm sieht. «Bei uns im Wikingerdorf bekommt jedes Kind ein Eis, wenn er bei seinem Helm die Hörner entfern», sagt Björn sehr überzeugend. Er muss es wissen, denn er ist schliesslich Herrscher über das Wikingerdorf Foteviken. Eigentlich ist er Museums Direktor und Wikinger mit Leib und Seele.

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Mit Lieb und Seele Wikinger: Björn der Chef von Foteviken (rechts). Bild Andrea Ullius

Das Freilichtmuseum liegt südlich von Malmö und wurde an einem historischen Ort errichtet, der 1134 Schauplatz einer grossen und grässlichen Wikingerschlachten war.

Sorry, ich bin grad etwas abgelenkt. Im Fernsehen auf STV1 läuft die Sendung Allsång. In Stockholm auf Skansen treffen sich tausende Menschen und singen zusammen lustige Lieder. Jetzt singen sie grad «Zlatan, jag sa Zlatan». Ab dem Ibrahimoivic sind die ganz aus dem Häuschen. Es wird gesungen und geschunkelt dem Teufel ein Ohr ab. STV1 und TV4 teilen sich die Singerei im TV brüderlich auf. Ein Tag kommt «Allsång» von Skansen (Stockholm) und am nächsten Tag «Lotta på Liseberg» aus dem Vergnügunungspark Liseberg in Göteborg . Mann muss sich das, wie Musikantenstadel, ZDF Garten und SF bi da Lüt vorstellen.

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Massen pilgern nach Skansen um live bei Allsång mit dabei zu sein. Bild Allsång

Das hatte jetzt nichts mit Wikingern zu tun, aber wer weiss, ob die nicht auch lustige Lieder zusammen gesungen haben. Ich bin beim Museum Foteviken stehen geblieben. Das ist eine wirklich sensationelle Sache. Man kann hier wirklich erleben, wie die Wikinger früher gelebt haben. Die ganze Szenerie ist so authentisch, wie möglich aufgebaut und im Sommer leben hier reale Menschen, die nach Sitten und Gebräuchen der Vorfahren hausen.

Der Verein, der dieses Wikingerdorf und das dazugehörende Museum betreibt, bietet im Sommer Praktika für Studenten und Jugendliche an, die in vier oder mehr Wochen alles über das Leben der Wikinger erfahren und auch so leben. Regelmässig werden neue Hauser gebaut und das Dorf erweitert. Das Leben läuft wie zu Urzeiten ab: es wird gehandelt, getauscht und am Ende des Tages holt der König seinen Zehntel (oder auch mehr) ab.

Fische werden selber mittels altertümlicher Methoden gefangen und dann zubereitet. Ebenso wird das Brot selber gebacken und Rahm zu Butter geschlagen. Es versteht sich von selbst, dass das Korn für das Brot zuerst mühsam von Hand gemahlen werden muss. Tiere werden hier eine gejagt, aber wie man aus einer Tierhaut Leder herstellt steht sehr wohl auf der Tagesordnung.

Wenn ich die Isländer in der Einleitung als Sekundärwikinger bezeichnet habe, dann hängt das damit zusammen, dass die Wikinger ursprünglich in Norwegen, Dänemark und Schweden gelebt haben. Vom achten bis zum elften Jahrhundert erfolgte eine Auswanderungswelle von den Skandinavischen Ländern nach Westen und Osten. Die norwegische Kolonie wanderte Richtung England, Faeroer und Island aus, während die Schwedische sich Richtung heutiges Russland aufmachte.

Nebst dem Freilichtmuseum Foteviken in Vellinge, ist auch die Telleborgen in Trelleborg ein Vermächtnis der Wikinger. Über den Geschichtlichen Hintergrund gibt hier Wikipedia genauer Auskunft:

«Die Trelleborgen wurde in der Wikingerzeit um 980 während der Regierungszeit Harald Blauzahns erbaut. Nach nur etwa 20 Jahren, um das Jahr 1000, wurde die Burg aufgrund der zunehmenden Anzahl der Überfälle der Wenden auf die Gegend verlassen und verfiel in den folgenden Jahrhunderten. Als die Überfälle der Wenden, bedingt durch deren Christianisierung und Unterwerfung Anfang des 13. Jahrhunderts aufhörten, wurde die südschwedische Küste erneut besiedelt. Der Stadtname Trelleborg führt auf diese Zeit zurück, da bei der Wiederbesiedelung noch Reste der Wälle standen. Innerhalb weniger Jahre war der Platz dicht besiedelt. Die Gräben wurden als Abfallgruben zweckentfremdet und die Wälle wurden zum Trockenlegen der Feuchtgebiete östlich der Burg abgetragen. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts wurde schließlich auch der alte Burgbereich bebaut, so dass nichts mehr auf die einstige Anlage hindeutete.

Ausgrabungen auf dem Gebiet der ehemaligen Burg im Jahr 1988 brachten die Spuren des nördlichen und das westlichen Tores, sowie den Wall- und Grabenabschnitt dazwischen zum Vorschein. Des Weiteren wurde das östliche Tor untersucht, sowie im südöstlichen und südlichen Bereich Teile des Grabens erfasst. Der Rest der Burg befindet sich heutzutage unzugänglich unter den umliegenden Straßen und Häusern. Nach Abschluss der Grabungen wurde bis 1995 das nordwestliche Viertel der Anlage, sowie ein Hof mit Nebengebäuden und ein Fachwerkhaus aus dem 14. Jhd. rekonstruiert.»

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Die restaurierten Reste der Festung Trelleborg, Bild trelleborg.se

Was bleibt sind spannende Zeitzeugen der Wikinger. Die Begeisterung, die Björn und seine Crew im Freilichmuseum Fotoviken an den Tag legen ist grossartig. Dank seinem Engangement ist es möglich eine kleinen Einblick in vergangene Tage zu erhalten. In einer schnellebigen Zeit, wie der unseren, geht solches Wissen sonst allzu schnell vergessen. So, und nun geht es zurück zum Wein. Das ist zwar eher Römisch, aber auch nicht zu verachten.

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