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Örebro: Das Herz Schwedens

Hattet ihr auch schon ein Aha-Erlebnis, wenn ihr zum ersten Mal eine Ortschaft besucht habt, die ihr vorher als nicht interessant eingestuft habt? Mir ist es in Örebro so ergangen. Ich dachte immer: Örebro ist so durchschnittlich. Nicht am Meer, nicht am See, nicht gross, nicht klein und so weiter. Gestern musste ich mich eines Besseren belehren lassen.

Südostschweiz
16.06.16 - 17:54 Uhr
Ereignisse

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Emsiges Treiben herrscht in den Strassen von Örebro. Bild Gun-Viol Kattilakoski

Gleich in den ersten Minuten meines Besuches in Örebro musste ich feststellen, dass diese Stadt lebt. Es herrschte ein emsiges Treiben und in den Strassen waren viele Menschen unterwegs. Das habe ich in anderen schwedischen Orten in dieser Jahreszeit schon anders erlebt.

Mit über 140'000 Einwohnern ist Örebro die siebt grösste Stadt in Schweden. Ihre Fläche umfasst 1'380,1 Quadratkilometer und bringt es auf 98 Quadratmerter Grünfläche pro Einwohner. Die Stadt ist also ziemlich grün. Das Netz für Radfahrer und Fussgänger ist gegen 200 Kilometer lang und gut ausgebaut. Örebro hat eine Universität mit 17'000 Studierenden und einen Flughafen. Nach Stockholm fährt man 200 Kilometer, nach Göteborg 300. Daher bezeichnet man Örebro auch als das "Das Herz Schwedens".

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Örebro ist velofreundlich. Es gibt mehrere Pumpstationen. Bild Andrea Ullius

Dass ich Örebro in kurzer Zeit so gut kennen gelernt habe, verdanke ich Jenny Blåder. Sie arbeitet seit vielen Jahren für das Tourismusbüro von Örebro und kennt ihre Stadt natürlich bestens. Sie wohnt hier mit ihrem Mann und den beiden Kindern und ist so die ideale Person, um auch die Interessen von Familien mit Nachwuchs im Auge zu behalten.

Jenny holte mich mit dem Fahrrad im Hotel ab, und wir machten uns auf den Weg, die Stadt und die Umgebung zu erkunden. Dabei musste ich feststellen, dass Velos mit Rücktritt nicht so einfach zu handhaben sind, wenn man sich das nicht gewöhnt ist. Mehr als einmal konnte ich nur mit ausserordentlichem Geschick einen Crash mit der Böschung verhindern.

Top 3 Sehenswürdigkeiten

Klar, wenn man zum ersten Mal in einer Stadt ist, dann schaut man sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten an. In Örebro sind dies das Örebro Slott (Slott = Schloss), der Wasserturm Svampen und das Freilichtmuseum Wadköping.

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Alte Gebäude an neuem Ort aufgebaut. Das Freilichtmuseum Wadköping. Bild Andrea Ullius

Wadköping wurde hinsichtlich der 700-Jahr Feier von Örebro neu erbaut. Die Fläche auf der Wadköping steht, gehörte zum Gebiet des Stadtparks und stellt mit seinen Holzhäusern und Höfen die ehemalige Bebauung von Örebro dar. Die historischen Gebäude wurden neu aufgebaut und im Jahr 1965 eingeweiht. Man kann sich das etwa so, wie bei uns auf Ballenberg vorstellen. Quer durch Wadköping verläuft die gepflästerte Bertils Waldéns gata, sozusagen die Hauptstrasse.

Mit Staunen habe ich dann reagiert, als mich Jenny fragte, ob es bei uns in der Schweiz auch so grosse Diskussionen betreffend Pflastersteine gebe? "Nein, ausser wenn es um die Kosten bei einer Neupflästerung geht", sagte ich. Man glaubt es kaum, aber es ist in Örebro tatsächlich ein Thema, die Steine wegzumachen und zu teeren oder mindestens eine Teerstreifen einzubauen. Grund ist da einmal mehr der Grundsatz, dass alle gleich sind und alle die gleichen Chancen haben müssen. Klar, wer schlecht zu Fuss ist, hat auf den Pflastersteinen einen nicht so einen sicheren Tritt. Man kann es aber auch übertreiben.

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Steine des Anstossen. In Örebro sind Pflastersteinen umstritten. Bild Örebro Tourismus

Ein weiterer «must see» Ort ist Svampen (der Pilz). Svampen ist ein Wasserturm und wurde im Mai 1958 eingeweiht. Seither ist Svampen eines der beliebtesten Ziele in Örebro. Ungefähr acht Millionen Menschen haben den Turm bisher besucht. Das Bauwerk ist 58 Meter hoch und enthält neun Millionen Liter Wasser. Von oben hat man eine grandiose Aussicht über Örebro und man kann da sogar Kaffee trinken.

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Svampen: der Wasserturm mit der tollen Aussicht. Bild Jimmy Fuhr

Nicht vergessen darf man das Schloss von Örebro. Hinter den meterdicken Mauern wurde mehr als eine schwedische Geschichte geschrieben. Der älteste Teil des Schlosses wurde im 14. Jahrhundert errichtet. Heute finden im Schloss diverse Veranstaltungen, Führungen und Ausstellungen statt. Das Schloss kann nicht individuell besichtigt werden, jedoch bietet das Tourismusbüro im Sommer täglich Führungen an. Übrigens hat Jenny Blåder im Schloss ihren Arbeitsplatz. Das Tourismusbüro ist nämlich hier untergebracht. Sie ist sozusagen das Burgfräulein.

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Das Wahrzeichen der Stadt: Das Schloss Örebro. Bild Andrea Ullius

Top 3 Kaffees

Wie überall in Schweden gibt es auch in Örebro massenhaft tolle Kaffees. Meine Tipps sind der «Bara Vara Coffeeshop», die «Fröken Brogrens Veranda» und die «Vasa Konditori». Überall bekommt man super Kaffee und feine Köstlichkeiten in Form von Süssen oder Pikantem. Im Bara Vara habe ich mir ein prächtiges Sandwich gegönnt, natürlich mit einem schönen Cappuchino.

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Da kommt Freude auf im Bara Vara Coffeeshop. Bild Andrea Ullius

Top 3 Restaurants

In Örebro selber hat es zwar keine Restaurants auf absolutem Gourmet Nivau, trotzdem kann man hier unglaublich gut essen. Meine Empfehlungen sind das «Kungsgatan 1», das «Drängen» und das «A mano». Alle diese Lokale überzeugen durch eine erstklassige Küche und einem tollem Ambiente. Ich muss ein einmal mehr sagen: Es gibt kaum mehr Restaurants in Schweden, die wirklich schlecht sind.

Top 3 Ausflugsziele

Auch die Umgebung von Örebro darf natürlich nicht vergessen werden. Ich habe mit Jenny Blåder nach der Stadtbesichtigung einen Ausflug an den See Hjälmaren gemacht. Hier findet man die Naturreservate Rynningeviken und Oset. Beide sind für reiche Vorkommen vieler Vogelarten bekannt. Für Ornitologen ist das hier ein Paradies. Typisch schwedisch gibt es aber auch in diesen Naturreservaten Möglichkeiten zum Grillieren und wie im Falle des «Naturens hus» ein Angebot für die Hungrigen und Durstigen.

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Im Naturreservat Oset können viele Vögel beobachtet werden. Bild Andrea Ullius

Kumla war früher die Hochburg der schwedischen Schuhindustrie. Heute ist die Bedeutung von Kumla diesbezüglich nur noch marginal. Immerhin werden die Kinderschuhe der Marke «Kavat» noch hier produziert. Wer also Kinder hat, kann hier im Fabrikladen ein Schnäppchen machen. Highlight in Kumla ist zweifellos der laufend erweitere Stadtpark mit Stegen, Strand, Parkanlagen, einem Gewächshaus und und und. Einfach mal hingehen.

Mein Highlight gestern war aber der Ausflug mit Jenny und ihrer Familie nach «Katrinelund». Etwa 20 Minuten von Örebro entfernt ist hier ein kleines Paradies entstanden. Ein schmuckes Restaurant mit lediglich zehn Tischen direkt am See war vor 14 Jahren sozusagen der Start von Katrinelund. Unterdessen sind ein Hotel mit 19 Zimmern, Seminarräume, eine Lounge, eine Bar und eine Sauna mit Whirlpool dazu gekommen. Man kann mit dem Boot direkt am Restaurant eigenen Steg anlegen und sich die Abendsonne ins Gesicht scheinen lassen. Und als Geheimtipp gilt jeweils im Dezember das Julbord, welches Gäste aus der ganzen Region anlockt.

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Restaurant, Hotel und Ort zur Entspannung. Ein Ausflug nach Katrinelund lohnt sich. Bild Andrea Ullius

Und was noch?

Was wären Ferien in Schweden ohne Shopping? Nichts. In Örebro kommt man auch diesbezüglich auf seine Kosten. In der City gibt es mehrere Strassen, an denen sich Geschäft an Geschäft reiht. Man findet hier alles von H&M bis zum kleinen Blumenlanden. Auch grössere Komplexe hat es in der City.

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Alle wünschbaren Angebote findet man in Örebro. Selbstverständlich auch einen H&M. Bild Andrea Ullius

Ein Shopping-Bummel durch die Innenstadt ist insofern zu empfehlen, da man überall Kunstobjekte entdecken kann. Im letzten Jahr war eine grosse Skulpturen Ausstellung im öffentlichen Raum, die landesweit für Furore sorgte. Die Ausstellung ist vergleichbar mit der «Bad RagARTz.»

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Auf Kunst im öffentlichen Raum legt man in Örebro grossen Wert. Bild Andrea Ullius

Etwas ausserhalb der Stadt ist die «Marieberg Galleria» angesiedelt. In dieser Shoppingmall haben sich über 100 Unternehmen eingemietet, Und Mariebarg wächst. Neben dem Center haben sich eine Menge grosser Läden, unter anderem IKEA installiert. Wer es beschaulicher mag, dem empfehle ich einen der diversen Hofläden im Umland von Örebro zu besuchen.

Formel 1, Musik und Erlebnisbad

Drei Dinge möchte ich zum Schluss noch erwähnen. Es gibt Abenteuerbäder und Wasserlandschaften und es gibt Gustavsvik. Unter dem Motto "Lost City" finden Wasserratten ein unglaubliches Vergnügen mit Hängebrücken, Palmen und der längsten Wildwasserstrecke Europas. Auf der Webseite von Gustavsvik findet ihr einige Impressionen.

Weiter sind die Menschen in Örebro Fans von Motrosport. Jedes Jahr finden die «Örebro Race Days» statt. Mit dabei ist auch das Team Sauber mit Marcus Eriksson. Die Begeisterung für Formel 1 kommt nicht von ungefähr. Einer der erfolgreichsten schwedischen Fahrer kam aus Örebro: Ronnie Peterson. Peterson erreichte in seiner Karriere bei 123 Starts 10 Siege. Beim Start des Grossen Preises von Italien 1978 geriet er unverschuldet in eine Massenkarambolage, bei der er sich mehrere Beinfrakturen zuzog. Bei der anschliessenden Operation kam es zu Komplikationen, an deren Folgen Peterson starb.

Ein noch aktiver erfolgreicher Sportler aus Örebro ist Skirennfahrer Jens Byggmark. Der Slalomspezialist ist einer der Topfahrer in dieser Disziplin und wird sicher auch an der Ski WM in St. Moritz zu den Favoriten zählen.

 

Und noch ein Wort zur Musik. Nina Persson, die Frontfrau von «The Cardigans», kommt ebenso aus Örebo, wie die Skapunkband «Millencolin». Wenn ihr euch den Wikipedia-Eintrag der Stadt unter die Lupe nehmt, dann findet ihr noch weitere Namen aus Sport, Musik und Kultur.

Ihr habt es sicher bemerkt. Ich bin von Örebro recht angetan. Diese Stadt hat viel zu bieten und eine Reise hierhin ist sehr empfehlenswert. Schliesslich ist man hier im Herzen Schwedens und die Stadt hat das «netteste Tourismusbüro» weit und breit.

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